Zeit in dichter unbeweglicher Masse verweilen. Ich stieg aus, um eins der Zimmerwerke zu besehen. Es wurde nicht, wie gewöhnlich, von einer Dampfma- schine, sondern von einem ungeheuern haushohen Wasserrade getrieben, das wiederum drei oder vier kleinere in Bewegung setzte. Dieses Rad hatte die Kraft von achtzig Pferden, und die reißende Ge- schwindigkeit, mit der es sich drehte, der grausende Lärm, der im Moment, wo es angelassen ward, er- tönte, die Funken sprühenden Feuerheerden rund um- her, wo das Eisen glühte, und die halb nackten schwarzen Figuren dazwischen, die mit Hämmern und Keulen wild hantirten, und die rothzischenden Tafeln umherwarfen -- es paßte Alles vortrefflich zu einem Bilde der Schmiede Vulkan's.
Die Manipulation beginnt damit, daß geschmiedete Eisenbarren oder Stäbe von einem halben Zoll Dicke und acht Fuß Länge, unter ein selbst agirendes Mes- ser gehalten werden, das sie in fußlange Stücke schneidet, mit einer Grazie und Leichtigkeit, als lei- steten sie nicht mehr Widerstand wie frische Butter. Das abgeschnittene Stück wird sogleich einem andern Arbeiter zugeworfen, der es in ein höllisches Feuer schiebt, wo es in wenigen Augenblicken glühend wird. Er holt es dann mit einer Zange wieder heraus, und wirft es, eine Station weiter, auf den sandigen Bo- den. Hier hebt es ein Dritter auf, und schiebt es unter eine Walze, die es nach mehrmaligem schnellen Umdrehen in eine viermal größere und eben so viel
Zeit in dichter unbeweglicher Maſſe verweilen. Ich ſtieg aus, um eins der Zimmerwerke zu beſehen. Es wurde nicht, wie gewöhnlich, von einer Dampfma- ſchine, ſondern von einem ungeheuern haushohen Waſſerrade getrieben, das wiederum drei oder vier kleinere in Bewegung ſetzte. Dieſes Rad hatte die Kraft von achtzig Pferden, und die reißende Ge- ſchwindigkeit, mit der es ſich drehte, der grauſende Lärm, der im Moment, wo es angelaſſen ward, er- tönte, die Funken ſprühenden Feuerheerden rund um- her, wo das Eiſen glühte, und die halb nackten ſchwarzen Figuren dazwiſchen, die mit Hämmern und Keulen wild hantirten, und die rothziſchenden Tafeln umherwarfen — es paßte Alles vortrefflich zu einem Bilde der Schmiede Vulkan’s.
Die Manipulation beginnt damit, daß geſchmiedete Eiſenbarren oder Stäbe von einem halben Zoll Dicke und acht Fuß Länge, unter ein ſelbſt agirendes Meſ- ſer gehalten werden, das ſie in fußlange Stücke ſchneidet, mit einer Grazie und Leichtigkeit, als lei- ſteten ſie nicht mehr Widerſtand wie friſche Butter. Das abgeſchnittene Stück wird ſogleich einem andern Arbeiter zugeworfen, der es in ein hölliſches Feuer ſchiebt, wo es in wenigen Augenblicken glühend wird. Er holt es dann mit einer Zange wieder heraus, und wirft es, eine Station weiter, auf den ſandigen Bo- den. Hier hebt es ein Dritter auf, und ſchiebt es unter eine Walze, die es nach mehrmaligem ſchnellen Umdrehen in eine viermal größere und eben ſo viel
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0276"n="254"/>
Zeit in dichter unbeweglicher Maſſe verweilen. Ich<lb/>ſtieg aus, um eins der Zimmerwerke zu beſehen. Es<lb/>
wurde nicht, wie gewöhnlich, von einer Dampfma-<lb/>ſchine, ſondern von einem ungeheuern haushohen<lb/>
Waſſerrade getrieben, das wiederum drei oder vier<lb/>
kleinere in Bewegung ſetzte. Dieſes Rad hatte die<lb/>
Kraft von achtzig Pferden, und die reißende Ge-<lb/>ſchwindigkeit, mit der es ſich drehte, der grauſende<lb/>
Lärm, der im Moment, wo es angelaſſen ward, er-<lb/>
tönte, die Funken ſprühenden Feuerheerden rund um-<lb/>
her, wo das Eiſen glühte, und die halb nackten<lb/>ſchwarzen Figuren dazwiſchen, die mit Hämmern und<lb/>
Keulen wild hantirten, und die rothziſchenden Tafeln<lb/>
umherwarfen — es paßte Alles vortrefflich zu einem<lb/>
Bilde der Schmiede Vulkan’s.</p><lb/><p>Die Manipulation beginnt damit, daß geſchmiedete<lb/>
Eiſenbarren oder Stäbe von einem halben Zoll Dicke<lb/>
und acht Fuß Länge, unter ein ſelbſt agirendes Meſ-<lb/>ſer gehalten werden, das ſie in fußlange Stücke<lb/>ſchneidet, mit einer Grazie und Leichtigkeit, als lei-<lb/>ſteten ſie nicht mehr Widerſtand wie friſche Butter.<lb/>
Das abgeſchnittene Stück wird ſogleich einem andern<lb/>
Arbeiter zugeworfen, der es in ein hölliſches Feuer<lb/>ſchiebt, wo es in wenigen Augenblicken glühend wird.<lb/>
Er holt es dann mit einer Zange wieder heraus, und<lb/>
wirft es, eine Station weiter, auf den ſandigen Bo-<lb/>
den. Hier hebt es ein Dritter auf, und ſchiebt es<lb/>
unter eine Walze, die es nach mehrmaligem ſchnellen<lb/>
Umdrehen in eine viermal größere und eben ſo viel<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[254/0276]
Zeit in dichter unbeweglicher Maſſe verweilen. Ich
ſtieg aus, um eins der Zimmerwerke zu beſehen. Es
wurde nicht, wie gewöhnlich, von einer Dampfma-
ſchine, ſondern von einem ungeheuern haushohen
Waſſerrade getrieben, das wiederum drei oder vier
kleinere in Bewegung ſetzte. Dieſes Rad hatte die
Kraft von achtzig Pferden, und die reißende Ge-
ſchwindigkeit, mit der es ſich drehte, der grauſende
Lärm, der im Moment, wo es angelaſſen ward, er-
tönte, die Funken ſprühenden Feuerheerden rund um-
her, wo das Eiſen glühte, und die halb nackten
ſchwarzen Figuren dazwiſchen, die mit Hämmern und
Keulen wild hantirten, und die rothziſchenden Tafeln
umherwarfen — es paßte Alles vortrefflich zu einem
Bilde der Schmiede Vulkan’s.
Die Manipulation beginnt damit, daß geſchmiedete
Eiſenbarren oder Stäbe von einem halben Zoll Dicke
und acht Fuß Länge, unter ein ſelbſt agirendes Meſ-
ſer gehalten werden, das ſie in fußlange Stücke
ſchneidet, mit einer Grazie und Leichtigkeit, als lei-
ſteten ſie nicht mehr Widerſtand wie friſche Butter.
Das abgeſchnittene Stück wird ſogleich einem andern
Arbeiter zugeworfen, der es in ein hölliſches Feuer
ſchiebt, wo es in wenigen Augenblicken glühend wird.
Er holt es dann mit einer Zange wieder heraus, und
wirft es, eine Station weiter, auf den ſandigen Bo-
den. Hier hebt es ein Dritter auf, und ſchiebt es
unter eine Walze, die es nach mehrmaligem ſchnellen
Umdrehen in eine viermal größere und eben ſo viel
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/276>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.