tausende zum Schilde dienen, und einem neuen Hei- denthume seinen hohen Namen leihen!
Also nur die Masse der Erkenntniß sage ich, die Intelligenz welche eine ganze Nation durchdrungen hat, ist im Stande, bleibende, solid und gesund er- wachsene Institutionen zu begründen, durch die die Gesammtheit wie der Einzelne besser und glücklicher werden soll. Dahin aber eben strebt jetzt die Welt. Politik in höchster Bedeutung ist die Religion unsrer Tage. Für sie blüht der Enthusiasmus der Mensch- heit, und soll es neue Kreuzzüge geben, für sie allein werden sie statt finden. Die Vorstellung konstitutio- neller Kammern elektrisirt heut zu Tage mehr als die einer regierenden Kirche, und selbst der Ruhm des Kriegers fängt an, vor dem des großen Staats- bürgers zu erbleichen."
Prüfet Alles, und nur das Beste behaltet!
Aber nun treve de bavardage. In den Bergen hätte ich Dich nicht mit so viel davon ennuyirt, in den düstern Stadtmauern geht es mir wie Faust in seiner Studierstube. Indessen ein Bischen Feuerluft ist schon fertig. Ich breite den Mantel aus, und von Morgen an, soll wieder frischerer Wind meine Segel schwellen. Doch überall, im Kerker wie unter dem blauen Himmel, bin und bleibe ich ewig Dein treuer herzergebner L . . . .
P. S. Dies ist mein letzter Brief aus Dublin. Ich habe meinen Wagen einpacken, und nach S . . . .
tauſende zum Schilde dienen, und einem neuen Hei- denthume ſeinen hohen Namen leihen!
Alſo nur die Maſſe der Erkenntniß ſage ich, die Intelligenz welche eine ganze Nation durchdrungen hat, iſt im Stande, bleibende, ſolid und geſund er- wachſene Inſtitutionen zu begründen, durch die die Geſammtheit wie der Einzelne beſſer und glücklicher werden ſoll. Dahin aber eben ſtrebt jetzt die Welt. Politik in höchſter Bedeutung iſt die Religion unſrer Tage. Für ſie blüht der Enthuſiasmus der Menſch- heit, und ſoll es neue Kreuzzüge geben, für ſie allein werden ſie ſtatt finden. Die Vorſtellung konſtitutio- neller Kammern elektriſirt heut zu Tage mehr als die einer regierenden Kirche, und ſelbſt der Ruhm des Kriegers fängt an, vor dem des großen Staats- bürgers zu erbleichen.“
Prüfet Alles, und nur das Beſte behaltet!
Aber nun trêve de bavardage. In den Bergen hätte ich Dich nicht mit ſo viel davon ennuyirt, in den düſtern Stadtmauern geht es mir wie Fauſt in ſeiner Studierſtube. Indeſſen ein Bischen Feuerluft iſt ſchon fertig. Ich breite den Mantel aus, und von Morgen an, ſoll wieder friſcherer Wind meine Segel ſchwellen. Doch überall, im Kerker wie unter dem blauen Himmel, bin und bleibe ich ewig Dein treuer herzergebner L . . . .
P. S. Dies iſt mein letzter Brief aus Dublin. Ich habe meinen Wagen einpacken, und nach S . . . .
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tauſende zum Schilde dienen, und einem neuen Hei-
denthume ſeinen hohen Namen leihen!
Alſo nur die Maſſe der Erkenntniß ſage ich, die
Intelligenz welche eine ganze Nation durchdrungen
hat, iſt im Stande, bleibende, ſolid und geſund er-
wachſene Inſtitutionen zu begründen, durch die die
Geſammtheit wie der Einzelne beſſer und glücklicher
werden ſoll. Dahin aber eben ſtrebt jetzt die Welt.
Politik in höchſter Bedeutung iſt die Religion unſrer
Tage. Für ſie blüht der Enthuſiasmus der Menſch-
heit, und ſoll es neue Kreuzzüge geben, für ſie allein
werden ſie ſtatt finden. Die Vorſtellung konſtitutio-
neller Kammern elektriſirt heut zu Tage mehr als
die einer regierenden Kirche, und ſelbſt der Ruhm
des Kriegers fängt an, vor dem des großen Staats-
bürgers zu erbleichen.“
Prüfet Alles, und nur das Beſte behaltet!
Aber nun trêve de bavardage. In den Bergen
hätte ich Dich nicht mit ſo viel davon ennuyirt, in
den düſtern Stadtmauern geht es mir wie Fauſt in
ſeiner Studierſtube. Indeſſen ein Bischen Feuerluft
iſt ſchon fertig. Ich breite den Mantel aus, und
von Morgen an, ſoll wieder friſcherer Wind meine
Segel ſchwellen. Doch überall, im Kerker wie unter
dem blauen Himmel, bin und bleibe ich ewig
Dein treuer herzergebner L . . . .
P. S. Dies iſt mein letzter Brief aus Dublin. Ich
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/255>, abgerufen am 22.11.2024.
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