dann mit der ernsthaftesten Grandezza: "O! Ich habe selbst Ihren Herrn Vater mehrmals gespielt, und immer außerordentlichen Beifall mit ihm erwor- ben." So natürlich, drollig, und ohne alle Verlegen- heit machte die liebliche Kleine unser Aller Erobe- rung, und wir sahen mit Bedauern das Ende der Vorstellung heranrücken, wo wir sie wieder abliefern mußten. Sie wollte sich nur von mir wieder herun- tertragen lassen, weil ich sie heraufgebracht, und als ich mit ihr hinter den Coulissen ankam, wo alles voller Pferde stand, und ich schon ganz besorgt war, wie ich mich da durchdrängen sollte, schrie sie gleich mit großer Lebhaftigkeit, und ungeduldig auf mei- nem Arme zappelnd: "Nun fürchtest Du Dich? nur vorwärts, ich werde die Pferde schon in Ordnung halten, und damit theilte sie rechts und links, Klapse auf die Nasen der alten Bekannten aus, die auch folgsam wichen, bis wir hindurch waren. "Jetzt laß mich herunter!" rief sie, und kaum berührten ihre Füße den Boden, als sie mit der Behendigkeit eines Häschen's über den Hintergrund der Bühne floh, und schnell im Getümmel verschwand. -- Kinder sind gewiß die anmuthigsten Geschöpfe, wenn sie nicht durch Verziehung verkrüppelt sind, selten aber mag soviel Natürlichkeit auf den Brettern, noch seltener vielleicht, auf dem höhern Theater der großen Welt gedeihen.
dann mit der ernſthafteſten Grandezza: „O! Ich habe ſelbſt Ihren Herrn Vater mehrmals geſpielt, und immer außerordentlichen Beifall mit ihm erwor- ben.“ So natürlich, drollig, und ohne alle Verlegen- heit machte die liebliche Kleine unſer Aller Erobe- rung, und wir ſahen mit Bedauern das Ende der Vorſtellung heranrücken, wo wir ſie wieder abliefern mußten. Sie wollte ſich nur von mir wieder herun- tertragen laſſen, weil ich ſie heraufgebracht, und als ich mit ihr hinter den Couliſſen ankam, wo alles voller Pferde ſtand, und ich ſchon ganz beſorgt war, wie ich mich da durchdrängen ſollte, ſchrie ſie gleich mit großer Lebhaftigkeit, und ungeduldig auf mei- nem Arme zappelnd: „Nun fürchteſt Du Dich? nur vorwärts, ich werde die Pferde ſchon in Ordnung halten, und damit theilte ſie rechts und links, Klapſe auf die Naſen der alten Bekannten aus, die auch folgſam wichen, bis wir hindurch waren. „Jetzt laß mich herunter!“ rief ſie, und kaum berührten ihre Füße den Boden, als ſie mit der Behendigkeit eines Häschen’s über den Hintergrund der Bühne floh, und ſchnell im Getümmel verſchwand. — Kinder ſind gewiß die anmuthigſten Geſchöpfe, wenn ſie nicht durch Verziehung verkrüppelt ſind, ſelten aber mag ſoviel Natürlichkeit auf den Brettern, noch ſeltener vielleicht, auf dem höhern Theater der großen Welt gedeihen.
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dann mit der ernſthafteſten Grandezza: „O! Ich
habe ſelbſt Ihren Herrn Vater mehrmals geſpielt,
und immer außerordentlichen Beifall mit ihm erwor-
ben.“ So natürlich, drollig, und ohne alle Verlegen-
heit machte die liebliche Kleine unſer Aller Erobe-
rung, und wir ſahen mit Bedauern das Ende der
Vorſtellung heranrücken, wo wir ſie wieder abliefern
mußten. Sie wollte ſich nur von mir wieder herun-
tertragen laſſen, weil ich ſie heraufgebracht, und als
ich mit ihr hinter den Couliſſen ankam, wo alles
voller Pferde ſtand, und ich ſchon ganz beſorgt war,
wie ich mich da durchdrängen ſollte, ſchrie ſie gleich
mit großer Lebhaftigkeit, und ungeduldig auf mei-
nem Arme zappelnd: „Nun fürchteſt Du Dich? nur
vorwärts, ich werde die Pferde ſchon in Ordnung
halten, und damit theilte ſie rechts und links, Klapſe
auf die Naſen der alten Bekannten aus, die auch
folgſam wichen, bis wir hindurch waren. „Jetzt laß
mich herunter!“ rief ſie, und kaum berührten ihre
Füße den Boden, als ſie mit der Behendigkeit eines
Häschen’s über den Hintergrund der Bühne floh,
und ſchnell im Getümmel verſchwand. — Kinder ſind
gewiß die anmuthigſten Geſchöpfe, wenn ſie nicht
durch Verziehung verkrüppelt ſind, ſelten aber mag
ſoviel Natürlichkeit auf den Brettern, noch ſeltener
vielleicht, auf dem höhern Theater der großen Welt
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/204>, abgerufen am 25.11.2024.
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