Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite

zu leblosem Marmor sich versteinernd. Helm, Schwerdt
und Schild, das ihm jetzt gereicht wurde, verwan-
delte ihn im Augenblick in den zornigen Achilleus,
Ajax und andere griechische und trojanische Helden.
Dann kam der Schleifer, der Discus-Werfer u. s. w.
an die Reihe, immer gleich gelungen und wahr. Er
schloß mit den verschiedenen Stellungen des Fechters;
zuletzt, der meisterhaften Darstellung des Sterbenden.
Dieser Mann müßte ein vortreffliches Modell für
Maler und Bildhauer abgeben, da er tadellos ge-
wachsen ist, und jede Stellung mit solcher Leichtig-
keit annehmen kann. Auch fiel mir ein, wie sehr das
nichts sagende Tanzen veredelt werden könnte, wenn
man, statt des unsinnigen Hüpfens und Springens,
etwas, dem eben Beschriebenen Aehnliches, einführte.
Es that mir fast weh, später denselben Künstler (denn
diesen Namen verdient er durchaus) in der Reitbahn,
als chinesischen Zauberer neun Pferde auf einmal
reiten, als russischer Courier zwölf auf einmal fah-
ren, und sich endlich, mit einem Pony, der als alte
Frau angezogen war, zu Bett legen zu sehen.

Was das Letztere allein betrifft, werde ich übrigens
jetzt seinem Beispiel folgen, und sage Dir daher gute
Nacht, zugleich Valet für einige Tage, da Morgen
früh dieser Brief mit der Post abgeht.

Dein treuster L ...


11*

zu lebloſem Marmor ſich verſteinernd. Helm, Schwerdt
und Schild, das ihm jetzt gereicht wurde, verwan-
delte ihn im Augenblick in den zornigen Achilleus,
Ajax und andere griechiſche und trojaniſche Helden.
Dann kam der Schleifer, der Discus-Werfer u. ſ. w.
an die Reihe, immer gleich gelungen und wahr. Er
ſchloß mit den verſchiedenen Stellungen des Fechters;
zuletzt, der meiſterhaften Darſtellung des Sterbenden.
Dieſer Mann müßte ein vortreffliches Modell für
Maler und Bildhauer abgeben, da er tadellos ge-
wachſen iſt, und jede Stellung mit ſolcher Leichtig-
keit annehmen kann. Auch fiel mir ein, wie ſehr das
nichts ſagende Tanzen veredelt werden könnte, wenn
man, ſtatt des unſinnigen Hüpfens und Springens,
etwas, dem eben Beſchriebenen Aehnliches, einführte.
Es that mir faſt weh, ſpäter denſelben Künſtler (denn
dieſen Namen verdient er durchaus) in der Reitbahn,
als chineſiſchen Zauberer neun Pferde auf einmal
reiten, als ruſſiſcher Courier zwölf auf einmal fah-
ren, und ſich endlich, mit einem Pony, der als alte
Frau angezogen war, zu Bett legen zu ſehen.

Was das Letztere allein betrifft, werde ich übrigens
jetzt ſeinem Beiſpiel folgen, und ſage Dir daher gute
Nacht, zugleich Valet für einige Tage, da Morgen
früh dieſer Brief mit der Poſt abgeht.

Dein treuſter L …


11*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0185" n="163"/>
zu leblo&#x017F;em Marmor &#x017F;ich ver&#x017F;teinernd. Helm, Schwerdt<lb/>
und Schild, das ihm jetzt gereicht wurde, verwan-<lb/>
delte ihn im Augenblick in den zornigen Achilleus,<lb/>
Ajax und andere griechi&#x017F;che und trojani&#x017F;che Helden.<lb/>
Dann kam der Schleifer, der Discus-Werfer u. &#x017F;. w.<lb/>
an die Reihe, immer gleich gelungen und wahr. Er<lb/>
&#x017F;chloß mit den ver&#x017F;chiedenen Stellungen des Fechters;<lb/>
zuletzt, der mei&#x017F;terhaften Dar&#x017F;tellung des Sterbenden.<lb/>
Die&#x017F;er Mann müßte ein vortreffliches Modell für<lb/>
Maler und Bildhauer abgeben, da er tadellos ge-<lb/>
wach&#x017F;en i&#x017F;t, und jede Stellung mit &#x017F;olcher Leichtig-<lb/>
keit annehmen kann. Auch fiel mir ein, wie &#x017F;ehr das<lb/>
nichts &#x017F;agende Tanzen veredelt werden könnte, wenn<lb/>
man, &#x017F;tatt des un&#x017F;innigen Hüpfens und Springens,<lb/>
etwas, dem eben Be&#x017F;chriebenen Aehnliches, einführte.<lb/>
Es that mir fa&#x017F;t weh, &#x017F;päter den&#x017F;elben Kün&#x017F;tler (denn<lb/>
die&#x017F;en Namen verdient er durchaus) in der Reitbahn,<lb/>
als chine&#x017F;i&#x017F;chen Zauberer neun Pferde auf einmal<lb/>
reiten, als ru&#x017F;&#x017F;i&#x017F;cher Courier <choice><sic>zwo&#x0307;lf</sic><corr>zwölf</corr></choice> auf einmal fah-<lb/>
ren, und &#x017F;ich endlich, mit einem Pony, der als alte<lb/>
Frau angezogen war, zu Bett legen zu &#x017F;ehen.</p><lb/>
          <p>Was das Letztere allein betrifft, werde ich übrigens<lb/>
jetzt &#x017F;einem Bei&#x017F;piel folgen, und &#x017F;age Dir daher gute<lb/>
Nacht, zugleich Valet für einige Tage, da Morgen<lb/>
früh die&#x017F;er Brief mit der Po&#x017F;t abgeht.</p><lb/>
          <closer>
            <salute> <hi rendition="#et">Dein treu&#x017F;ter L &#x2026;</hi> </salute>
          </closer>
        </div>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      <fw place="bottom" type="sig">11*</fw><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[163/0185] zu lebloſem Marmor ſich verſteinernd. Helm, Schwerdt und Schild, das ihm jetzt gereicht wurde, verwan- delte ihn im Augenblick in den zornigen Achilleus, Ajax und andere griechiſche und trojaniſche Helden. Dann kam der Schleifer, der Discus-Werfer u. ſ. w. an die Reihe, immer gleich gelungen und wahr. Er ſchloß mit den verſchiedenen Stellungen des Fechters; zuletzt, der meiſterhaften Darſtellung des Sterbenden. Dieſer Mann müßte ein vortreffliches Modell für Maler und Bildhauer abgeben, da er tadellos ge- wachſen iſt, und jede Stellung mit ſolcher Leichtig- keit annehmen kann. Auch fiel mir ein, wie ſehr das nichts ſagende Tanzen veredelt werden könnte, wenn man, ſtatt des unſinnigen Hüpfens und Springens, etwas, dem eben Beſchriebenen Aehnliches, einführte. Es that mir faſt weh, ſpäter denſelben Künſtler (denn dieſen Namen verdient er durchaus) in der Reitbahn, als chineſiſchen Zauberer neun Pferde auf einmal reiten, als ruſſiſcher Courier zwölf auf einmal fah- ren, und ſich endlich, mit einem Pony, der als alte Frau angezogen war, zu Bett legen zu ſehen. Was das Letztere allein betrifft, werde ich übrigens jetzt ſeinem Beiſpiel folgen, und ſage Dir daher gute Nacht, zugleich Valet für einige Tage, da Morgen früh dieſer Brief mit der Poſt abgeht. Dein treuſter L … 11*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/185
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/185>, abgerufen am 22.11.2024.