guten Kameraden den Mittag verbracht, und den Whiskey-Punsch nicht geschont hatte, ja Bridget, die Hausmagd, behauptete sogar, sie habe, als Johny so spät zu Hause kam, gleich gemerkt, daß der Potheen-Geist mächtig in ihm sey, und dieser Geist ist Manchem schon nachher in den seltsamsten Varia- tionen und Formen wieder erschienen, wenn er ein- mal mit ihm in Gemeinschaft getreten. So sprach Johny zu sich selbst, aber die kältere Vernunft mochte anführen, was sie wollte, immer richteten sich seine Schritte nach der Gegend der Abtei, und wenn er den einsamen Taxus-Baum nur von fern erblickte, schlug ihm das Herz stärker, das Blut schoß ihm in die Wangen, und Bilder künftiger Größe gaukelten vor seinem innern Auge, immer bunter und glänzen- der, umher. Der Dämon der Begehrlichkeit hatte Besitz von seiner Seele genommen. -- Er beschloß endlich seinen Verwandten, der ein bedächtiger und verständiger Mann war, zum Vertrauten zu machen, und seinem Ermessen die Sache anheim zu stellen. Wider Vermuthen nahm Dyk die Eröffnung weit gläubiger auf, als Johny gehofft, und Habsucht und Aberglauben, von denen auch der Alte nicht frei war, entschieden beide schnell zur That. Man kam über- ein, daß der Versuch so schleunig als möglich ge- macht, und der Schatz, sobald er gehoben, treulich unter Beide vertheilt werden solle.
Nach einem guten Abendessen, und mehr als einem Glase blessed Whiskey zur Herzstärkung, machte
Briefe eines Verstorbenen. II. 9
guten Kameraden den Mittag verbracht, und den Whiskey-Punſch nicht geſchont hatte, ja Bridget, die Hausmagd, behauptete ſogar, ſie habe, als Johny ſo ſpät zu Hauſe kam, gleich gemerkt, daß der Potheen-Geiſt mächtig in ihm ſey, und dieſer Geiſt iſt Manchem ſchon nachher in den ſeltſamſten Varia- tionen und Formen wieder erſchienen, wenn er ein- mal mit ihm in Gemeinſchaft getreten. So ſprach Johny zu ſich ſelbſt, aber die kältere Vernunft mochte anführen, was ſie wollte, immer richteten ſich ſeine Schritte nach der Gegend der Abtei, und wenn er den einſamen Taxus-Baum nur von fern erblickte, ſchlug ihm das Herz ſtärker, das Blut ſchoß ihm in die Wangen, und Bilder künftiger Größe gaukelten vor ſeinem innern Auge, immer bunter und glänzen- der, umher. Der Dämon der Begehrlichkeit hatte Beſitz von ſeiner Seele genommen. — Er beſchloß endlich ſeinen Verwandten, der ein bedächtiger und verſtändiger Mann war, zum Vertrauten zu machen, und ſeinem Ermeſſen die Sache anheim zu ſtellen. Wider Vermuthen nahm Dyk die Eröffnung weit gläubiger auf, als Johny gehofft, und Habſucht und Aberglauben, von denen auch der Alte nicht frei war, entſchieden beide ſchnell zur That. Man kam über- ein, daß der Verſuch ſo ſchleunig als möglich ge- macht, und der Schatz, ſobald er gehoben, treulich unter Beide vertheilt werden ſolle.
Nach einem guten Abendeſſen, und mehr als einem Glaſe blessed Whiskey zur Herzſtärkung, machte
Briefe eines Verſtorbenen. II. 9
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guten Kameraden den Mittag verbracht, und den
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Hausmagd, behauptete ſogar, ſie habe, als Johny
ſo ſpät zu Hauſe kam, gleich gemerkt, daß der
Potheen-Geiſt mächtig in ihm ſey, und dieſer Geiſt
iſt Manchem ſchon nachher in den ſeltſamſten Varia-
tionen und Formen wieder erſchienen, wenn er ein-
mal mit ihm in Gemeinſchaft getreten. So ſprach
Johny zu ſich ſelbſt, aber die kältere Vernunft mochte
anführen, was ſie wollte, immer richteten ſich ſeine
Schritte nach der Gegend der Abtei, und wenn er
den einſamen Taxus-Baum nur von fern erblickte,
ſchlug ihm das Herz ſtärker, das Blut ſchoß ihm in
die Wangen, und Bilder künftiger Größe gaukelten
vor ſeinem innern Auge, immer bunter und glänzen-
der, umher. Der Dämon der Begehrlichkeit hatte
Beſitz von ſeiner Seele genommen. — Er beſchloß
endlich ſeinen Verwandten, der ein bedächtiger und
verſtändiger Mann war, zum Vertrauten zu machen,
und ſeinem Ermeſſen die Sache anheim zu ſtellen.
Wider Vermuthen nahm Dyk die Eröffnung weit
gläubiger auf, als Johny gehofft, und Habſucht und
Aberglauben, von denen auch der Alte nicht frei war,
entſchieden beide ſchnell zur That. Man kam über-
ein, daß der Verſuch ſo ſchleunig als möglich ge-
macht, und der Schatz, ſobald er gehoben, treulich
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Nach einem guten Abendeſſen, und mehr als einem
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Briefe eines Verſtorbenen. II. 9
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/151>, abgerufen am 22.11.2024.
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