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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830.

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Erzählungen. Einer von ihnen, welcher früher lange
in England gelebt hatte, behauptete Augenzeuge von der
letzten Erscheinung Georg des III. im Parlament ge-
wesen zu seyn, die er folgendermaßen erzählte: Be-
vor der letzte König (hochselige würden wir Deutsche
sagen, die selbst im Himmel noch die Seligen ein Ti-
telchen mit einschwärzen lassen) völlig und auf immer
von der Geisteskrankheit überwältigt wurde, die ihn
nachher so lange unfähig machte, an den Regierungs-
geschäften Antheil zu nehmen, trat die Epoche der
Eröffnung des Parlaments ein, und der König, wel-
cher zwar bedenkliche Anfälle, aber doch noch mehr
lucida intervalla hatte, bestand darauf, das Parla-
ment in Person zu eröffnen, und die übliche Rede
selbst abzulesen, welche immer mit den Worten an-
fängt: Mylords, and Gentlemen of the house of
Commons
! Der König schien ganz vernünftig, und
die Minister, obgleich nicht wenig besorgt, mußten
sich seinem so bestimmt ausgesprochnen Willen fügen.
Man mag sich aber ihren Schreck vorstellen, als der
König, die Gesellschaft lange und verwirrt fixirend,
mit großem Pathos deutlich so anfing: Mylords and
woodcocks, with their tails cocked up
. . . . (My-
lords, und Waldschnepfen, die ihr den Schweif em-
porreckt) hierauf aber, ohne weitere Zeichen von Ge-
störtheit, die Ablesung seiner Rede mit dem besten
Anstand fortsetzte. Dieser Contrast, fügte der Erzäh-
ler hinzu, war das Lächerlichste, und die Mienen der
Parlamentsglieder, die nicht wußten, ob sie ihren
Ohren trauen dursten, oder geträumt hätten, das

Erzählungen. Einer von ihnen, welcher früher lange
in England gelebt hatte, behauptete Augenzeuge von der
letzten Erſcheinung Georg des III. im Parlament ge-
weſen zu ſeyn, die er folgendermaßen erzählte: Be-
vor der letzte König (hochſelige würden wir Deutſche
ſagen, die ſelbſt im Himmel noch die Seligen ein Ti-
telchen mit einſchwärzen laſſen) völlig und auf immer
von der Geiſteskrankheit überwältigt wurde, die ihn
nachher ſo lange unfähig machte, an den Regierungs-
geſchäften Antheil zu nehmen, trat die Epoche der
Eröffnung des Parlaments ein, und der König, wel-
cher zwar bedenkliche Anfälle, aber doch noch mehr
lucida intervalla hatte, beſtand darauf, das Parla-
ment in Perſon zu eröffnen, und die übliche Rede
ſelbſt abzuleſen, welche immer mit den Worten an-
fängt: Mylords, and Gentlemen of the house of
Commons
! Der König ſchien ganz vernünftig, und
die Miniſter, obgleich nicht wenig beſorgt, mußten
ſich ſeinem ſo beſtimmt ausgeſprochnen Willen fügen.
Man mag ſich aber ihren Schreck vorſtellen, als der
König, die Geſellſchaft lange und verwirrt fixirend,
mit großem Pathos deutlich ſo anfing: Mylords and
woodcocks, with their tails cocked up
. . . . (My-
lords, und Waldſchnepfen, die ihr den Schweif em-
porreckt) hierauf aber, ohne weitere Zeichen von Ge-
ſtörtheit, die Ableſung ſeiner Rede mit dem beſten
Anſtand fortſetzte. Dieſer Contraſt, fügte der Erzäh-
ler hinzu, war das Lächerlichſte, und die Mienen der
Parlamentsglieder, die nicht wußten, ob ſie ihren
Ohren trauen durſten, oder geträumt hätten, das

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[111/0133] Erzählungen. Einer von ihnen, welcher früher lange in England gelebt hatte, behauptete Augenzeuge von der letzten Erſcheinung Georg des III. im Parlament ge- weſen zu ſeyn, die er folgendermaßen erzählte: Be- vor der letzte König (hochſelige würden wir Deutſche ſagen, die ſelbſt im Himmel noch die Seligen ein Ti- telchen mit einſchwärzen laſſen) völlig und auf immer von der Geiſteskrankheit überwältigt wurde, die ihn nachher ſo lange unfähig machte, an den Regierungs- geſchäften Antheil zu nehmen, trat die Epoche der Eröffnung des Parlaments ein, und der König, wel- cher zwar bedenkliche Anfälle, aber doch noch mehr lucida intervalla hatte, beſtand darauf, das Parla- ment in Perſon zu eröffnen, und die übliche Rede ſelbſt abzuleſen, welche immer mit den Worten an- fängt: Mylords, and Gentlemen of the house of Commons! Der König ſchien ganz vernünftig, und die Miniſter, obgleich nicht wenig beſorgt, mußten ſich ſeinem ſo beſtimmt ausgeſprochnen Willen fügen. Man mag ſich aber ihren Schreck vorſtellen, als der König, die Geſellſchaft lange und verwirrt fixirend, mit großem Pathos deutlich ſo anfing: Mylords and woodcocks, with their tails cocked up . . . . (My- lords, und Waldſchnepfen, die ihr den Schweif em- porreckt) hierauf aber, ohne weitere Zeichen von Ge- ſtörtheit, die Ableſung ſeiner Rede mit dem beſten Anſtand fortſetzte. Dieſer Contraſt, fügte der Erzäh- ler hinzu, war das Lächerlichſte, und die Mienen der Parlamentsglieder, die nicht wußten, ob ſie ihren Ohren trauen durſten, oder geträumt hätten, das

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/133>, abgerufen am 22.11.2024.