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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830.

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den der Teufel that, aus Aerger über eine Seele,
die ihm beim Transport nach der Hölle entwischte.
Als er hierauf über die Gegend von Cafhel flog,
spukte er dort das abgebißene Stück wieder aus.
Später erbaute darauf M. C'Omack, König und
Erzbischof
von Cashel sein Schloß mit einer Ka-
pelle, welche beide noch merkwürdig wohl erhalten
sind. Mit ihnen vereinigte sich die Kirche und Ab-
tei, welche im 12ten Sec., glaube ich, von Donald
O'Bryen hinzugefügt wurde. Das Ganze bildet die
prachtvollste Ruine, in der besonders alle Details
der aötsächsischen Baukunst
mit großem In-
teresse studirt werden können. Dies ist seit einigen
Monaten, durch die Bemühungen des Schwieger-
sohnes des jetzigen Erzbischoffs, Dr. Cotton, noch
sehr erleichtert worden, indem dieser erst Comack's
Kapelle völlig von Schutt, Schmutz und spätern
Uebertünchungen hat reinigen, und überhaupt, nicht
ohne Kosten, die ganze Ruine besuchbarer machen
lassen. Nichts kann fremdartiger, ich möchte sagen,
barbarisch-eleganter seyn, als diese barocken, phan-
tastischen, oft aber meisterhaft angeführten Zieraten.
Viele der im Schutt und unter dem Boden aufge-
fundenen Sarkophage und Monumente, bieten inte-
ressante Räthsel dar. Man möchte glauben, daß
die furchtbaren Fratzen, den indischen Göttern gleich,
einem früheren Götzendienst angehört haben müßten,
wenn man nicht wüßte, daß nur sehr langsam und
schwer das Heidenthum und Christenthum wich, und
noch weicht!
So besitze ich selbst eine Klingel, die

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den der Teufel that, aus Aerger über eine Seele,
die ihm beim Transport nach der Hölle entwiſchte.
Als er hierauf über die Gegend von Cafhel flog,
ſpukte er dort das abgebißene Stück wieder aus.
Später erbaute darauf M. C’Omack, König und
Erzbiſchof
von Caſhel ſein Schloß mit einer Ka-
pelle, welche beide noch merkwürdig wohl erhalten
ſind. Mit ihnen vereinigte ſich die Kirche und Ab-
tei, welche im 12ten Sec., glaube ich, von Donald
O’Bryen hinzugefügt wurde. Das Ganze bildet die
prachtvollſte Ruine, in der beſonders alle Details
der aötſächſiſchen Baukunſt
mit großem In-
tereſſe ſtudirt werden können. Dies iſt ſeit einigen
Monaten, durch die Bemühungen des Schwieger-
ſohnes des jetzigen Erzbiſchoffs, Dr. Cotton, noch
ſehr erleichtert worden, indem dieſer erſt Comack’s
Kapelle völlig von Schutt, Schmutz und ſpätern
Uebertünchungen hat reinigen, und überhaupt, nicht
ohne Koſten, die ganze Ruine beſuchbarer machen
laſſen. Nichts kann fremdartiger, ich möchte ſagen,
barbariſch-eleganter ſeyn, als dieſe barocken, phan-
taſtiſchen, oft aber meiſterhaft angeführten Zieraten.
Viele der im Schutt und unter dem Boden aufge-
fundenen Sarkophage und Monumente, bieten inte-
reſſante Räthſel dar. Man möchte glauben, daß
die furchtbaren Fratzen, den indiſchen Göttern gleich,
einem früheren Götzendienſt angehört haben müßten,
wenn man nicht wüßte, daß nur ſehr langſam und
ſchwer das Heidenthum und Chriſtenthum wich, und
noch weicht!
So beſitze ich ſelbſt eine Klingel, die

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[83/0105] den der Teufel that, aus Aerger über eine Seele, die ihm beim Transport nach der Hölle entwiſchte. Als er hierauf über die Gegend von Cafhel flog, ſpukte er dort das abgebißene Stück wieder aus. Später erbaute darauf M. C’Omack, König und Erzbiſchof von Caſhel ſein Schloß mit einer Ka- pelle, welche beide noch merkwürdig wohl erhalten ſind. Mit ihnen vereinigte ſich die Kirche und Ab- tei, welche im 12ten Sec., glaube ich, von Donald O’Bryen hinzugefügt wurde. Das Ganze bildet die prachtvollſte Ruine, in der beſonders alle Details der aötſächſiſchen Baukunſt mit großem In- tereſſe ſtudirt werden können. Dies iſt ſeit einigen Monaten, durch die Bemühungen des Schwieger- ſohnes des jetzigen Erzbiſchoffs, Dr. Cotton, noch ſehr erleichtert worden, indem dieſer erſt Comack’s Kapelle völlig von Schutt, Schmutz und ſpätern Uebertünchungen hat reinigen, und überhaupt, nicht ohne Koſten, die ganze Ruine beſuchbarer machen laſſen. Nichts kann fremdartiger, ich möchte ſagen, barbariſch-eleganter ſeyn, als dieſe barocken, phan- taſtiſchen, oft aber meiſterhaft angeführten Zieraten. Viele der im Schutt und unter dem Boden aufge- fundenen Sarkophage und Monumente, bieten inte- reſſante Räthſel dar. Man möchte glauben, daß die furchtbaren Fratzen, den indiſchen Göttern gleich, einem früheren Götzendienſt angehört haben müßten, wenn man nicht wüßte, daß nur ſehr langſam und ſchwer das Heidenthum und Chriſtenthum wich, und noch weicht! So beſitze ich ſelbſt eine Klingel, die 6*

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/105>, abgerufen am 23.11.2024.