Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830.beiden Löschpapiernen nun auch etwas abgeben. Sie 1) Heute nahm der liebe Gott, auf seiner Durch- reise durch Teltow, meinen jüngsten Sohn Fritz, an den Zähnen zu sich. 2) (Einen Monat später.) Heute nahm der liebe Gott schon wieder meine Tochter Agnese zur ewigen Seligkeit zu sich. 3) Montag wird im hiesigen Schauspielhause ein Concert gegeben. Der Ertrag der Einnahme ist zur Grundlage eines Unterstützungs- Fonds unsrer im Kampfe für das Vaterland gebliebenen Landsleute bestimmt. Nun frage ich Jeden, ob das nicht den Tod lächer- Soweit vor der Hand unser Freund L . . Aber die Nacht wird blässer -- schon dämmert das beiden Löſchpapiernen nun auch etwas abgeben. Sie 1) Heute nahm der liebe Gott, auf ſeiner Durch- reiſe durch Teltow, meinen jüngſten Sohn Fritz, an den Zähnen zu ſich. 2) (Einen Monat ſpäter.) Heute nahm der liebe Gott ſchon wieder meine Tochter Agneſe zur ewigen Seligkeit zu ſich. 3) Montag wird im hieſigen Schauſpielhauſe ein Concert gegeben. Der Ertrag der Einnahme iſt zur Grundlage eines Unterſtützungs- Fonds unſrer im Kampfe für das Vaterland gebliebenen Landsleute beſtimmt. Nun frage ich Jeden, ob das nicht den Tod lächer- Soweit vor der Hand unſer Freund L . . Aber die Nacht wird bläſſer — ſchon dämmert das <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0086" n="62"/> beiden <choice><sic>Lȯſchpapiernen</sic><corr>Löſchpapiernen</corr></choice> nun auch etwas abgeben. Sie<lb/> ſollten doch in ihren Annoncen ſich nicht nur richti-<lb/> gerer Orthographie befleißigen, ſondern auch auf den<lb/> Sinn einige Rückſicht nehmen. Von den ſchmähligen<lb/> Wurſtbällen, Wiſotzky, und Jungfern Stechen, will<lb/> ich nichts ſagen, aber in einer Sammlung vaterlän-<lb/> diſcher Merkwürdigkeiten, die ein Berliner Freund<lb/> von mir angelegt hat, finde ich von beſagten Zeitun-<lb/> gen einige Blätter mit folgenden zwei Todes-Anzeigen<lb/> von demſelben unglücklichen Vater; und einer dritten,<lb/> ältern Ankündigung zu einem Concert.</p><lb/> <list> <item>1) Heute nahm der liebe Gott, auf ſeiner Durch-<lb/> reiſe durch Teltow, meinen jüngſten Sohn Fritz,<lb/> an den <choice><sic>Zȧhnen</sic><corr>Zähnen</corr></choice> zu ſich.</item><lb/> <item>2) (Einen Monat ſpäter.) Heute nahm der liebe<lb/> Gott ſchon wieder meine Tochter Agneſe zur<lb/> ewigen Seligkeit zu ſich.</item><lb/> <item>3) Montag wird im hieſigen Schauſpielhauſe ein<lb/> Concert gegeben. Der Ertrag der Einnahme<lb/> iſt zur <hi rendition="#g">Grundlage</hi> eines <hi rendition="#g">Unterſtützungs-<lb/> Fonds</hi> unſrer im Kampfe für das Vaterland<lb/><hi rendition="#g">gebliebenen Landsleute</hi> beſtimmt.</item> </list><lb/> <p>Nun frage ich Jeden, ob das nicht den Tod lächer-<lb/> lich machen heißt, gewiß eine ſchwere Sünde, auch<lb/> wenn ſie abſichtslos begangen wird.“</p><lb/> <p> <hi rendition="#et">Soweit vor der Hand unſer Freund L . .</hi> </p><lb/> <p>Aber die Nacht wird bläſſer — ſchon dämmert das<lb/> neue Licht. Ich ſage alſo wie das Lied von Moore:<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [62/0086]
beiden Löſchpapiernen nun auch etwas abgeben. Sie
ſollten doch in ihren Annoncen ſich nicht nur richti-
gerer Orthographie befleißigen, ſondern auch auf den
Sinn einige Rückſicht nehmen. Von den ſchmähligen
Wurſtbällen, Wiſotzky, und Jungfern Stechen, will
ich nichts ſagen, aber in einer Sammlung vaterlän-
diſcher Merkwürdigkeiten, die ein Berliner Freund
von mir angelegt hat, finde ich von beſagten Zeitun-
gen einige Blätter mit folgenden zwei Todes-Anzeigen
von demſelben unglücklichen Vater; und einer dritten,
ältern Ankündigung zu einem Concert.
1) Heute nahm der liebe Gott, auf ſeiner Durch-
reiſe durch Teltow, meinen jüngſten Sohn Fritz,
an den Zähnen zu ſich.
2) (Einen Monat ſpäter.) Heute nahm der liebe
Gott ſchon wieder meine Tochter Agneſe zur
ewigen Seligkeit zu ſich.
3) Montag wird im hieſigen Schauſpielhauſe ein
Concert gegeben. Der Ertrag der Einnahme
iſt zur Grundlage eines Unterſtützungs-
Fonds unſrer im Kampfe für das Vaterland
gebliebenen Landsleute beſtimmt.
Nun frage ich Jeden, ob das nicht den Tod lächer-
lich machen heißt, gewiß eine ſchwere Sünde, auch
wenn ſie abſichtslos begangen wird.“
Soweit vor der Hand unſer Freund L . .
Aber die Nacht wird bläſſer — ſchon dämmert das
neue Licht. Ich ſage alſo wie das Lied von Moore:
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