bei den verschiedenen respectiven Höfen der Hauptstadt zu dienen; immer noch ohne Zweifel ein benei- denswerthes Loos. --
Diese letztere Wahrheit wird auch gebührend von Vielen erkannt, und manches Geistreiche darüber, be- sonders von einer berühmten Schriftstellerin als Vor- fechterin, ausgesprochen, die seit geraumer Zeit mit ihrem Gemahl in einer Art gemeinschaftlichen Ro- manenwettlauf begriffen war, welcher jede Leipziger Messe dem erfreuten Publikum zwei bis drei derglei- chen Produkte, zu eben so viel Bänden das Stück, zu liefern pflegte. Das Merkwürdigste dabei war, daß die Werke des Mannes von der überschwänk- lichen Zartheit einer weiblichen Feder, die der Frau hingegen von etwas schwerfälliger männlicher Vielwisserei herzurühren schienen, ein Blei, das selbst die alchymistische Hand eines liebenswürdigen und geistreichen Prinzen nicht in Gold verwandeln konnte. Beide Schriften, besonders die erstern, haben indeß ihre vogue erlebt, bis endlich die anmuthig anzu- sehenden, und naiv kindlichen Nordlandshelden des edlen Ritters, die sich mit Zärtlichkeit duellirten, und mit klaren blauen Augen dem todtgestochnen Freunde den Friedenskuß aufdrückten, eben so wie seine wun- derbaren Rosse, die über Felsenzacken gallopirten und durch Meere ihren Herren nachschwammen, ohnge- achtet aller dieser wundervollen Gaben, Walter Scotts unbehosten Bergschotten weichen mußten.
Die poetischen Kammerjunker und gelehrten Thee- zirkel der gnädigen Frau waren bereits schon lange
bei den verſchiedenen reſpectiven Höfen der Hauptſtadt zu dienen; immer noch ohne Zweifel ein benei- denswerthes Loos. —
Dieſe letztere Wahrheit wird auch gebührend von Vielen erkannt, und manches Geiſtreiche darüber, be- ſonders von einer berühmten Schriftſtellerin als Vor- fechterin, ausgeſprochen, die ſeit geraumer Zeit mit ihrem Gemahl in einer Art gemeinſchaftlichen Ro- manenwettlauf begriffen war, welcher jede Leipziger Meſſe dem erfreuten Publikum zwei bis drei derglei- chen Produkte, zu eben ſo viel Bänden das Stück, zu liefern pflegte. Das Merkwürdigſte dabei war, daß die Werke des Mannes von der überſchwänk- lichen Zartheit einer weiblichen Feder, die der Frau hingegen von etwas ſchwerfälliger männlicher Vielwiſſerei herzurühren ſchienen, ein Blei, das ſelbſt die alchymiſtiſche Hand eines liebenswürdigen und geiſtreichen Prinzen nicht in Gold verwandeln konnte. Beide Schriften, beſonders die erſtern, haben indeß ihre vogue erlebt, bis endlich die anmuthig anzu- ſehenden, und naiv kindlichen Nordlandshelden des edlen Ritters, die ſich mit Zärtlichkeit duellirten, und mit klaren blauen Augen dem todtgeſtochnen Freunde den Friedenskuß aufdrückten, eben ſo wie ſeine wun- derbaren Roſſe, die über Felſenzacken gallopirten und durch Meere ihren Herren nachſchwammen, ohnge- achtet aller dieſer wundervollen Gaben, Walter Scotts unbehosten Bergſchotten weichen mußten.
Die poetiſchen Kammerjunker und gelehrten Thee- zirkel der gnädigen Frau waren bereits ſchon lange
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0061"n="37"/>
bei den verſchiedenen reſpectiven Höfen der Hauptſtadt<lb/>
zu dienen; immer noch ohne Zweifel ein benei-<lb/>
denswerthes Loos. —</p><lb/><p>Dieſe letztere Wahrheit wird auch gebührend von<lb/>
Vielen erkannt, und manches Geiſtreiche darüber, be-<lb/>ſonders von einer berühmten Schriftſtellerin als Vor-<lb/>
fechterin, ausgeſprochen, die ſeit geraumer Zeit mit<lb/>
ihrem Gemahl in einer Art gemeinſchaftlichen Ro-<lb/>
manenwettlauf begriffen war, welcher jede Leipziger<lb/>
Meſſe dem erfreuten Publikum zwei bis drei derglei-<lb/>
chen Produkte, zu eben ſo viel Bänden das Stück,<lb/>
zu liefern pflegte. Das Merkwürdigſte dabei war,<lb/>
daß die Werke des Mannes von der überſchwänk-<lb/>
lichen Zartheit einer <hirendition="#g">weiblichen</hi> Feder, die der<lb/>
Frau hingegen von etwas ſchwerfälliger <hirendition="#g">männlicher</hi><lb/>
Vielwiſſerei herzurühren ſchienen, ein Blei, das ſelbſt<lb/>
die alchymiſtiſche Hand eines liebenswürdigen und<lb/>
geiſtreichen Prinzen nicht in Gold verwandeln konnte.<lb/>
Beide Schriften, beſonders die erſtern, haben indeß<lb/>
ihre <hirendition="#aq">vogue</hi> erlebt, bis endlich die anmuthig anzu-<lb/>ſehenden, und naiv kindlichen Nordlandshelden des<lb/>
edlen Ritters, die ſich mit Zärtlichkeit duellirten, und<lb/>
mit klaren blauen Augen dem todtgeſtochnen Freunde<lb/>
den Friedenskuß aufdrückten, eben ſo wie ſeine wun-<lb/>
derbaren Roſſe, die über Felſenzacken gallopirten und<lb/>
durch Meere ihren Herren nachſchwammen, ohnge-<lb/>
achtet aller dieſer wundervollen Gaben, Walter Scotts<lb/>
unbehosten Bergſchotten weichen mußten.</p><lb/><p>Die poetiſchen Kammerjunker und gelehrten Thee-<lb/>
zirkel der gnädigen Frau waren bereits ſchon lange<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[37/0061]
bei den verſchiedenen reſpectiven Höfen der Hauptſtadt
zu dienen; immer noch ohne Zweifel ein benei-
denswerthes Loos. —
Dieſe letztere Wahrheit wird auch gebührend von
Vielen erkannt, und manches Geiſtreiche darüber, be-
ſonders von einer berühmten Schriftſtellerin als Vor-
fechterin, ausgeſprochen, die ſeit geraumer Zeit mit
ihrem Gemahl in einer Art gemeinſchaftlichen Ro-
manenwettlauf begriffen war, welcher jede Leipziger
Meſſe dem erfreuten Publikum zwei bis drei derglei-
chen Produkte, zu eben ſo viel Bänden das Stück,
zu liefern pflegte. Das Merkwürdigſte dabei war,
daß die Werke des Mannes von der überſchwänk-
lichen Zartheit einer weiblichen Feder, die der
Frau hingegen von etwas ſchwerfälliger männlicher
Vielwiſſerei herzurühren ſchienen, ein Blei, das ſelbſt
die alchymiſtiſche Hand eines liebenswürdigen und
geiſtreichen Prinzen nicht in Gold verwandeln konnte.
Beide Schriften, beſonders die erſtern, haben indeß
ihre vogue erlebt, bis endlich die anmuthig anzu-
ſehenden, und naiv kindlichen Nordlandshelden des
edlen Ritters, die ſich mit Zärtlichkeit duellirten, und
mit klaren blauen Augen dem todtgeſtochnen Freunde
den Friedenskuß aufdrückten, eben ſo wie ſeine wun-
derbaren Roſſe, die über Felſenzacken gallopirten und
durch Meere ihren Herren nachſchwammen, ohnge-
achtet aller dieſer wundervollen Gaben, Walter Scotts
unbehosten Bergſchotten weichen mußten.
Die poetiſchen Kammerjunker und gelehrten Thee-
zirkel der gnädigen Frau waren bereits ſchon lange
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/61>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.