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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830.

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demohngeachtet alle Staaten mit einer freien Ver-
fassung, wo nämlich als Prinzip angenommen ist,
daß die Nation, und kein bevorrechteter Stand,
selbst nicht der ihrer Diener, die Hauptsache sey,
einem ganz andern Systeme folgen. *) Der nicht
dienende Bürgerstand ist auf andere Weise in seiner
Unbeachtetheit glücklich. Er genießt seine Wohlhaben-
heit con amore, und als Salz des Lebens führt er
Prozesse, wozu ihm die Justiz gern allen erdenklichen
Vorschub leistet. Auch der Kaufmann, sowohl christ-
lichen als vorchristlichen Glaubens findet sein Conto
und wenn er es anzufangen weiß, auch nützliche Pro-
tektion -- ja recht viel Geld zu besitzen, ist beinahe
so viel werth als wirklicher Geheimerrath zu seyn,
und die reichen Banquiers, wenn sie ein gutes Haus
machen, werden zu den privilegirten Ständen ge-
rechnet, auch manchmal dafür in den Adelstand er-
hoben.

*) Wenn ich nicht gewiß wüßte, daß mein Freund diese
Stelle anno 1827 geschrieben hätte, so würde ich sie
für eine Reminiscenz aus der Antritts-Rede des Prä-
sidenten Jackson halten. Dieser will gar, daß die
sämmtlichen Beamten der vereinigten Staaten (mit
wenigen Ausnahmen) gleich dem Präsidenten, alle fünf
Jahre Andern Platz machen sollten. Eheu jam satis!
Was würden unsere Regierungs-Räthe zu einer sol-
chen Wirthschaft sagen! Ganze General-Commissionen
könnte davon, im eigentlichsten Sinne des Worts,
der Schlag rühren! denn, wer weiß, wenn in 5 Jah-
ren es an die Renovirung ginge, ob man ihre Beibe-
haltung überhaupt noch der Mühe, ich wollte sagen,
des Geldes was sie kostet, werth finden würde.
A. d. H.
3*

demohngeachtet alle Staaten mit einer freien Ver-
faſſung, wo nämlich als Prinzip angenommen iſt,
daß die Nation, und kein bevorrechteter Stand,
ſelbſt nicht der ihrer Diener, die Hauptſache ſey,
einem ganz andern Syſteme folgen. *) Der nicht
dienende Bürgerſtand iſt auf andere Weiſe in ſeiner
Unbeachtetheit glücklich. Er genießt ſeine Wohlhaben-
heit con amore, und als Salz des Lebens führt er
Prozeſſe, wozu ihm die Juſtiz gern allen erdenklichen
Vorſchub leiſtet. Auch der Kaufmann, ſowohl chriſt-
lichen als vorchriſtlichen Glaubens findet ſein Conto
und wenn er es anzufangen weiß, auch nützliche Pro-
tektion — ja recht viel Geld zu beſitzen, iſt beinahe
ſo viel werth als wirklicher Geheimerrath zu ſeyn,
und die reichen Banquiers, wenn ſie ein gutes Haus
machen, werden zu den privilegirten Ständen ge-
rechnet, auch manchmal dafür in den Adelſtand er-
hoben.

*) Wenn ich nicht gewiß wüßte, daß mein Freund dieſe
Stelle anno 1827 geſchrieben hätte, ſo würde ich ſie
für eine Reminiscenz aus der Antritts-Rede des Prä-
ſidenten Jackſon halten. Dieſer will gar, daß die
ſämmtlichen Beamten der vereinigten Staaten (mit
wenigen Ausnahmen) gleich dem Präſidenten, alle fünf
Jahre Andern Platz machen ſollten. Eheu jam satis!
Was würden unſere Regierungs-Räthe zu einer ſol-
chen Wirthſchaft ſagen! Ganze General-Commiſſionen
könnte davon, im eigentlichſten Sinne des Worts,
der Schlag rühren! denn, wer weiß, wenn in 5 Jah-
ren es an die Renovirung ginge, ob man ihre Beibe-
haltung überhaupt noch der Mühe, ich wollte ſagen,
des Geldes was ſie koſtet, werth finden würde.
A. d. H.
3*
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[35/0059] demohngeachtet alle Staaten mit einer freien Ver- faſſung, wo nämlich als Prinzip angenommen iſt, daß die Nation, und kein bevorrechteter Stand, ſelbſt nicht der ihrer Diener, die Hauptſache ſey, einem ganz andern Syſteme folgen. *) Der nicht dienende Bürgerſtand iſt auf andere Weiſe in ſeiner Unbeachtetheit glücklich. Er genießt ſeine Wohlhaben- heit con amore, und als Salz des Lebens führt er Prozeſſe, wozu ihm die Juſtiz gern allen erdenklichen Vorſchub leiſtet. Auch der Kaufmann, ſowohl chriſt- lichen als vorchriſtlichen Glaubens findet ſein Conto und wenn er es anzufangen weiß, auch nützliche Pro- tektion — ja recht viel Geld zu beſitzen, iſt beinahe ſo viel werth als wirklicher Geheimerrath zu ſeyn, und die reichen Banquiers, wenn ſie ein gutes Haus machen, werden zu den privilegirten Ständen ge- rechnet, auch manchmal dafür in den Adelſtand er- hoben. *) Wenn ich nicht gewiß wüßte, daß mein Freund dieſe Stelle anno 1827 geſchrieben hätte, ſo würde ich ſie für eine Reminiscenz aus der Antritts-Rede des Prä- ſidenten Jackſon halten. Dieſer will gar, daß die ſämmtlichen Beamten der vereinigten Staaten (mit wenigen Ausnahmen) gleich dem Präſidenten, alle fünf Jahre Andern Platz machen ſollten. Eheu jam satis! Was würden unſere Regierungs-Räthe zu einer ſol- chen Wirthſchaft ſagen! Ganze General-Commiſſionen könnte davon, im eigentlichſten Sinne des Worts, der Schlag rühren! denn, wer weiß, wenn in 5 Jah- ren es an die Renovirung ginge, ob man ihre Beibe- haltung überhaupt noch der Mühe, ich wollte ſagen, des Geldes was ſie koſtet, werth finden würde. A. d. H. 3*

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/59>, abgerufen am 24.11.2024.