Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite

ben Stunde zu Haus zu bringen. Der alte Geister-
seher wollte nicht daran, sich einer solchen Anstren-
gung zu unterziehen, das junge Sonntagskind ver-
sicherte aber, für ihn mitrudern zu wollen. Wir nah-
men daher die Wette an, und flogen von nun an,
wie ein Pfeil, über den See. Nie sah ich eine grö-
ßere Darlegung von Kraft und Ausdauer, unter
fortwährendem Singen, Possen und Scherzen. Dem-
ohngeachtet gewannen die Ruderer ihre Wette nur
um eine halbe Minute, erhielten aber von uns mehr
als das Doppelte des Betrags, was sie, in großer
Freude, alle noch dieselbe Nacht zu vertrin-
ken versprachen. Zu guter letzt hielten sie eine
drollige, schon darauf eingerichtete, Conversation mit
dem Echo der Mauern von Roß Castle, dessen Ant-
wort immer einen scherzhaften Sinn hatte, z. B.:
shall we have to night a good bed? (werden wir
diese Nacht ein gutes Bette bekommen?) Antwort:
bad (schlecht) u. s. w.



Unglücklicherweise kamen heute zwei mir bekannte
Engländer hier an, die sich sogleich zu uns gesellten,
was mich um mein liebes Inkognito brachte, denn
obgleich ich kein großer Herr bin, finde ich doch eben
so viel Vergnügen daran. Als Unbekannter entgeht

ben Stunde zu Haus zu bringen. Der alte Geiſter-
ſeher wollte nicht daran, ſich einer ſolchen Anſtren-
gung zu unterziehen, das junge Sonntagskind ver-
ſicherte aber, für ihn mitrudern zu wollen. Wir nah-
men daher die Wette an, und flogen von nun an,
wie ein Pfeil, über den See. Nie ſah ich eine grö-
ßere Darlegung von Kraft und Ausdauer, unter
fortwährendem Singen, Poſſen und Scherzen. Dem-
ohngeachtet gewannen die Ruderer ihre Wette nur
um eine halbe Minute, erhielten aber von uns mehr
als das Doppelte des Betrags, was ſie, in großer
Freude, alle noch dieſelbe Nacht zu vertrin-
ken verſprachen. Zu guter letzt hielten ſie eine
drollige, ſchon darauf eingerichtete, Converſation mit
dem Echo der Mauern von Roß Caſtle, deſſen Ant-
wort immer einen ſcherzhaften Sinn hatte, z. B.:
shall we have to night a good bed? (werden wir
dieſe Nacht ein gutes Bette bekommen?) Antwort:
bad (ſchlecht) u. ſ. w.



Unglücklicherweiſe kamen heute zwei mir bekannte
Engländer hier an, die ſich ſogleich zu uns geſellten,
was mich um mein liebes Inkognito brachte, denn
obgleich ich kein großer Herr bin, finde ich doch eben
ſo viel Vergnügen daran. Als Unbekannter entgeht

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0324" n="300"/>
ben Stunde zu Haus zu bringen. Der alte Gei&#x017F;ter-<lb/>
&#x017F;eher wollte nicht daran, &#x017F;ich einer &#x017F;olchen An&#x017F;tren-<lb/>
gung zu unterziehen, das junge Sonntagskind ver-<lb/>
&#x017F;icherte aber, für ihn mitrudern zu wollen. Wir nah-<lb/>
men daher die Wette an, und flogen von nun an,<lb/>
wie ein Pfeil, über den See. Nie &#x017F;ah ich eine grö-<lb/>
ßere Darlegung von Kraft und Ausdauer, unter<lb/>
fortwährendem Singen, Po&#x017F;&#x017F;en und Scherzen. Dem-<lb/>
ohngeachtet gewannen die Ruderer ihre Wette nur<lb/>
um eine halbe Minute, erhielten aber von uns mehr<lb/>
als das Doppelte des Betrags, was &#x017F;ie, in großer<lb/>
Freude, alle noch die&#x017F;elbe Nacht zu vertrin-<lb/>
ken ver&#x017F;prachen. Zu guter letzt hielten &#x017F;ie eine<lb/>
drollige, &#x017F;chon darauf eingerichtete, Conver&#x017F;ation mit<lb/>
dem Echo der Mauern von Roß Ca&#x017F;tle, de&#x017F;&#x017F;en Ant-<lb/>
wort immer einen &#x017F;cherzhaften Sinn hatte, z. B.:<lb/><hi rendition="#aq">shall we have to night a good bed?</hi> (werden wir<lb/>
die&#x017F;e Nacht ein gutes Bette bekommen?) Antwort:<lb/><hi rendition="#aq">bad</hi> (&#x017F;chlecht) u. &#x017F;. w.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <opener>
            <dateline> <hi rendition="#et">Den 25<hi rendition="#sup">&#x017F;ten.</hi></hi> </dateline>
          </opener><lb/>
          <p>Unglücklicherwei&#x017F;e kamen heute zwei mir bekannte<lb/>
Engländer hier an, die &#x017F;ich &#x017F;ogleich zu uns ge&#x017F;ellten,<lb/>
was mich um mein liebes Inkognito brachte, denn<lb/>
obgleich ich kein großer Herr bin, finde ich doch eben<lb/>
&#x017F;o viel Vergnügen daran. Als Unbekannter entgeht<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[300/0324] ben Stunde zu Haus zu bringen. Der alte Geiſter- ſeher wollte nicht daran, ſich einer ſolchen Anſtren- gung zu unterziehen, das junge Sonntagskind ver- ſicherte aber, für ihn mitrudern zu wollen. Wir nah- men daher die Wette an, und flogen von nun an, wie ein Pfeil, über den See. Nie ſah ich eine grö- ßere Darlegung von Kraft und Ausdauer, unter fortwährendem Singen, Poſſen und Scherzen. Dem- ohngeachtet gewannen die Ruderer ihre Wette nur um eine halbe Minute, erhielten aber von uns mehr als das Doppelte des Betrags, was ſie, in großer Freude, alle noch dieſelbe Nacht zu vertrin- ken verſprachen. Zu guter letzt hielten ſie eine drollige, ſchon darauf eingerichtete, Converſation mit dem Echo der Mauern von Roß Caſtle, deſſen Ant- wort immer einen ſcherzhaften Sinn hatte, z. B.: shall we have to night a good bed? (werden wir dieſe Nacht ein gutes Bette bekommen?) Antwort: bad (ſchlecht) u. ſ. w. Den 25ſten. Unglücklicherweiſe kamen heute zwei mir bekannte Engländer hier an, die ſich ſogleich zu uns geſellten, was mich um mein liebes Inkognito brachte, denn obgleich ich kein großer Herr bin, finde ich doch eben ſo viel Vergnügen daran. Als Unbekannter entgeht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/324
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/324>, abgerufen am 28.11.2024.