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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830.

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nahme seiner Mitbürger wieder erhoben, zagend
frug, ob er ihm Gnade und Verzeihung bringe? er-
wiederte mit fester Stimme der alte Mann: Nein,
mein Sohn, auf dieser Welt giebt es keine Gnade
mehr für dich -- dein Leben ist unwiederbringlich dem
Gesetz verfallen, und mit Aufgang der Sonne mußt
du sterben! Ich habe zwei und zwanzig Jahr für
deine irdische Glückseligkeit gebetet, doch das ist vor-
über -- richte deine Gedanken nur noch auf die
Ewigkeit, und ist dort noch Hoffnung, so laß uns
jetzt gemeinschaftlich die Allmacht anflehen, um Gnade
für dich jenseits -- dann aber hoffe ich, wird mein
Sohn, obgleich er nicht seines Vaters würdig leben
konnte, wenigstens seiner würdig zu sterben wissen. Bei
diesen Worten erwachte noch einmal des einst küh-
nen Jünglings edler Stolz, und mit heldenmäßiger
Resignation ergab er sich, nach kurzem Gebet, in des
Vaters erbarmungslosen Willen.

Als das Volk, und der größte Theil der Krieger
in seine Reihen gemischt, unter immer wilder werden-
den Drohungen sich eben anschickte, das Haus zu
stürmen, erschien in dem hohen Bogenfenster des
Gefängnisses James Lynch, seinen Sohn mit um
den Hals geschlungenen Strick an seiner Seite, vor
der erstaunten Menge. "Ich habe geschworen," rief
er, "daß Gonzalvo's Mörder sterben müsse, und
"sollte ich selbst das Amt des Henkers an ihm ver-
"richten. Die Vorsicht nimmt mich beim Wort, und
"ihr, bethörtes Volk! lernt von dem unglücklichsten

nahme ſeiner Mitbürger wieder erhoben, zagend
frug, ob er ihm Gnade und Verzeihung bringe? er-
wiederte mit feſter Stimme der alte Mann: Nein,
mein Sohn, auf dieſer Welt giebt es keine Gnade
mehr für dich — dein Leben iſt unwiederbringlich dem
Geſetz verfallen, und mit Aufgang der Sonne mußt
du ſterben! Ich habe zwei und zwanzig Jahr für
deine irdiſche Glückſeligkeit gebetet, doch das iſt vor-
über — richte deine Gedanken nur noch auf die
Ewigkeit, und iſt dort noch Hoffnung, ſo laß uns
jetzt gemeinſchaftlich die Allmacht anflehen, um Gnade
für dich jenſeits — dann aber hoffe ich, wird mein
Sohn, obgleich er nicht ſeines Vaters würdig leben
konnte, wenigſtens ſeiner würdig zu ſterben wiſſen. Bei
dieſen Worten erwachte noch einmal des einſt küh-
nen Jünglings edler Stolz, und mit heldenmäßiger
Reſignation ergab er ſich, nach kurzem Gebet, in des
Vaters erbarmungsloſen Willen.

Als das Volk, und der größte Theil der Krieger
in ſeine Reihen gemiſcht, unter immer wilder werden-
den Drohungen ſich eben anſchickte, das Haus zu
ſtürmen, erſchien in dem hohen Bogenfenſter des
Gefängniſſes James Lynch, ſeinen Sohn mit um
den Hals geſchlungenen Strick an ſeiner Seite, vor
der erſtaunten Menge. „Ich habe geſchworen,“ rief
er, „daß Gonzalvo’s Mörder ſterben müſſe, und
„ſollte ich ſelbſt das Amt des Henkers an ihm ver-
„richten. Die Vorſicht nimmt mich beim Wort, und
„ihr, bethörtes Volk! lernt von dem unglücklichſten

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[279/0303] nahme ſeiner Mitbürger wieder erhoben, zagend frug, ob er ihm Gnade und Verzeihung bringe? er- wiederte mit feſter Stimme der alte Mann: Nein, mein Sohn, auf dieſer Welt giebt es keine Gnade mehr für dich — dein Leben iſt unwiederbringlich dem Geſetz verfallen, und mit Aufgang der Sonne mußt du ſterben! Ich habe zwei und zwanzig Jahr für deine irdiſche Glückſeligkeit gebetet, doch das iſt vor- über — richte deine Gedanken nur noch auf die Ewigkeit, und iſt dort noch Hoffnung, ſo laß uns jetzt gemeinſchaftlich die Allmacht anflehen, um Gnade für dich jenſeits — dann aber hoffe ich, wird mein Sohn, obgleich er nicht ſeines Vaters würdig leben konnte, wenigſtens ſeiner würdig zu ſterben wiſſen. Bei dieſen Worten erwachte noch einmal des einſt küh- nen Jünglings edler Stolz, und mit heldenmäßiger Reſignation ergab er ſich, nach kurzem Gebet, in des Vaters erbarmungsloſen Willen. Als das Volk, und der größte Theil der Krieger in ſeine Reihen gemiſcht, unter immer wilder werden- den Drohungen ſich eben anſchickte, das Haus zu ſtürmen, erſchien in dem hohen Bogenfenſter des Gefängniſſes James Lynch, ſeinen Sohn mit um den Hals geſchlungenen Strick an ſeiner Seite, vor der erſtaunten Menge. „Ich habe geſchworen,“ rief er, „daß Gonzalvo’s Mörder ſterben müſſe, und „ſollte ich ſelbſt das Amt des Henkers an ihm ver- „richten. Die Vorſicht nimmt mich beim Wort, und „ihr, bethörtes Volk! lernt von dem unglücklichſten

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/303>, abgerufen am 22.11.2024.