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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830.

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Gitterfenster, das einen weiten Keller erleuchtete, und
sah in diesem nun eine unermeßliche Anhäufung von
Gebeinen, alle auf die erwähnte Weise in mannich-
faltige Formen geordnet. Die sonnige Landschaft
oben, die dunkeln Knochenhaufen unten, wo die Ju-
gend mit dem Tode gespielt -- es war ein Blick in
Leben und Grab zugleich, die Freuden des einen wie
die theilnahmlose Ruhe des zweiten versinnlichend;
tröstend aber vergoldeten die rosenfarbnen Strahlen
der untergehenden Sonne, Lebende und Todte, gleich
Boten einer schönern Welt. --

Unsere Rückfahrt in der schwarzen Nacht bei fort-
währendem Regen war schwierig und unangenehm.
Wir brachen nochmals eine Feder am Wagen, und
hatten allerhand anderes Ungemach auszustehen. Als
wir endlich nach Mitternacht in B ... anlangten,
fanden wir, zu meinem wahren Schrecken, den guten
alten Capitain mit der ganzen Familie noch auf, um
uns mit dem Essen zu erwarten. Die überhäuften
Attentionen, und die große Herzensgüte dieser Leute
beschämt mich täglich, und ich bewundere oft, wie
ihre leidenschaftliche Gastfreiheit, auch nie durch
die geringste Spur von Ostentation verunstaltet
wird.

Damit mein Brief nicht zu stark werde, und zuviel
Porto koste (denn gewöhnlich muß ich für diese volu-
mineusen Packete einige Lst. bis an die englische
Grenze bezahlen) schließe ich ihn, noch vor meiner
Abreise von B . . . . . m. Du weißt mich hier wenig-

Gitterfenſter, das einen weiten Keller erleuchtete, und
ſah in dieſem nun eine unermeßliche Anhäufung von
Gebeinen, alle auf die erwähnte Weiſe in mannich-
faltige Formen geordnet. Die ſonnige Landſchaft
oben, die dunkeln Knochenhaufen unten, wo die Ju-
gend mit dem Tode geſpielt — es war ein Blick in
Leben und Grab zugleich, die Freuden des einen wie
die theilnahmloſe Ruhe des zweiten verſinnlichend;
tröſtend aber vergoldeten die roſenfarbnen Strahlen
der untergehenden Sonne, Lebende und Todte, gleich
Boten einer ſchönern Welt. —

Unſere Rückfahrt in der ſchwarzen Nacht bei fort-
währendem Regen war ſchwierig und unangenehm.
Wir brachen nochmals eine Feder am Wagen, und
hatten allerhand anderes Ungemach auszuſtehen. Als
wir endlich nach Mitternacht in B … anlangten,
fanden wir, zu meinem wahren Schrecken, den guten
alten Capitain mit der ganzen Familie noch auf, um
uns mit dem Eſſen zu erwarten. Die überhäuften
Attentionen, und die große Herzensgüte dieſer Leute
beſchämt mich täglich, und ich bewundere oft, wie
ihre leidenſchaftliche Gaſtfreiheit, auch nie durch
die geringſte Spur von Oſtentation verunſtaltet
wird.

Damit mein Brief nicht zu ſtark werde, und zuviel
Porto koſte (denn gewöhnlich muß ich für dieſe volu-
mineuſen Packete einige Lſt. bis an die engliſche
Grenze bezahlen) ſchließe ich ihn, noch vor meiner
Abreiſe von B . . . . . m. Du weißt mich hier wenig-

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[248/0272] Gitterfenſter, das einen weiten Keller erleuchtete, und ſah in dieſem nun eine unermeßliche Anhäufung von Gebeinen, alle auf die erwähnte Weiſe in mannich- faltige Formen geordnet. Die ſonnige Landſchaft oben, die dunkeln Knochenhaufen unten, wo die Ju- gend mit dem Tode geſpielt — es war ein Blick in Leben und Grab zugleich, die Freuden des einen wie die theilnahmloſe Ruhe des zweiten verſinnlichend; tröſtend aber vergoldeten die roſenfarbnen Strahlen der untergehenden Sonne, Lebende und Todte, gleich Boten einer ſchönern Welt. — Unſere Rückfahrt in der ſchwarzen Nacht bei fort- währendem Regen war ſchwierig und unangenehm. Wir brachen nochmals eine Feder am Wagen, und hatten allerhand anderes Ungemach auszuſtehen. Als wir endlich nach Mitternacht in B … anlangten, fanden wir, zu meinem wahren Schrecken, den guten alten Capitain mit der ganzen Familie noch auf, um uns mit dem Eſſen zu erwarten. Die überhäuften Attentionen, und die große Herzensgüte dieſer Leute beſchämt mich täglich, und ich bewundere oft, wie ihre leidenſchaftliche Gaſtfreiheit, auch nie durch die geringſte Spur von Oſtentation verunſtaltet wird. Damit mein Brief nicht zu ſtark werde, und zuviel Porto koſte (denn gewöhnlich muß ich für dieſe volu- mineuſen Packete einige Lſt. bis an die engliſche Grenze bezahlen) ſchließe ich ihn, noch vor meiner Abreiſe von B . . . . . m. Du weißt mich hier wenig-

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/272>, abgerufen am 25.11.2024.