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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830.

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Mein schwarzes Mädchen, die mich, da ich heute
der einzige Gast im Hause war, selbst bediente, wurde
zuletzt ungeduldig, mich immer wieder auf besagten
Hammel zurückkommen zu sehen, und äußerte mür-
risch, ich thäte nichts als essen, wenn ich nicht herum-
liefe. Sie selbst war weit ätherischerer Natur, und
hatte, seit ich hier bin, bereits meine portative Ro-
manenbibliothek zur Hälfte ausgelesen; jedesmal wenn
ich sie wieder sah, präsentirte sie mir einen geistig
verschlungenen Band, und bat so sehnsüchtig um ei-
nen andern, daß ich ein weniger weiches Herz hätte
haben müssen, um es ihr abzuschlagen. Auf diese
Weise begegnete sich unser beiderseitiger Appetit, der
meine nach dem realen, der ihrige nach dem idealen,
auf die unschuldigste Weise.



Von Bangor hat man mir heute ein großes Paket
nachgeschickt, in dem ich vergebens Nachrichten von
Dir suchte, aber herzlich über einen Brief von L.
lachen mußte, der mir in Verzweiflung schreibt, wie
übel es ihm ergangen sey. Er hat nämlich, wie er
meldet, seine Betrachtungen, deren Anfang ich Dir
mittheilte, in Fragmenten drucken lassen, und eine
gewisse Parthei, die sich zu wund fühlt um nicht
übersüsceptibel zu seyn, y a entendu malice. Sie
hat sogleich in der Lamm's Zeitung einen wüthenden

Mein ſchwarzes Mädchen, die mich, da ich heute
der einzige Gaſt im Hauſe war, ſelbſt bediente, wurde
zuletzt ungeduldig, mich immer wieder auf beſagten
Hammel zurückkommen zu ſehen, und äußerte mür-
riſch, ich thäte nichts als eſſen, wenn ich nicht herum-
liefe. Sie ſelbſt war weit ätheriſcherer Natur, und
hatte, ſeit ich hier bin, bereits meine portative Ro-
manenbibliothek zur Hälfte ausgeleſen; jedesmal wenn
ich ſie wieder ſah, präſentirte ſie mir einen geiſtig
verſchlungenen Band, und bat ſo ſehnſüchtig um ei-
nen andern, daß ich ein weniger weiches Herz hätte
haben müſſen, um es ihr abzuſchlagen. Auf dieſe
Weiſe begegnete ſich unſer beiderſeitiger Appetit, der
meine nach dem realen, der ihrige nach dem idealen,
auf die unſchuldigſte Weiſe.



Von Bangor hat man mir heute ein großes Paket
nachgeſchickt, in dem ich vergebens Nachrichten von
Dir ſuchte, aber herzlich über einen Brief von L.
lachen mußte, der mir in Verzweiflung ſchreibt, wie
übel es ihm ergangen ſey. Er hat nämlich, wie er
meldet, ſeine Betrachtungen, deren Anfang ich Dir
mittheilte, in Fragmenten drucken laſſen, und eine
gewiſſe Parthei, die ſich zu wund fühlt um nicht
überſüsceptibel zu ſeyn, y a entendù malice. Sie
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[78/0102] Mein ſchwarzes Mädchen, die mich, da ich heute der einzige Gaſt im Hauſe war, ſelbſt bediente, wurde zuletzt ungeduldig, mich immer wieder auf beſagten Hammel zurückkommen zu ſehen, und äußerte mür- riſch, ich thäte nichts als eſſen, wenn ich nicht herum- liefe. Sie ſelbſt war weit ätheriſcherer Natur, und hatte, ſeit ich hier bin, bereits meine portative Ro- manenbibliothek zur Hälfte ausgeleſen; jedesmal wenn ich ſie wieder ſah, präſentirte ſie mir einen geiſtig verſchlungenen Band, und bat ſo ſehnſüchtig um ei- nen andern, daß ich ein weniger weiches Herz hätte haben müſſen, um es ihr abzuſchlagen. Auf dieſe Weiſe begegnete ſich unſer beiderſeitiger Appetit, der meine nach dem realen, der ihrige nach dem idealen, auf die unſchuldigſte Weiſe. den 22ſten. Von Bangor hat man mir heute ein großes Paket nachgeſchickt, in dem ich vergebens Nachrichten von Dir ſuchte, aber herzlich über einen Brief von L. lachen mußte, der mir in Verzweiflung ſchreibt, wie übel es ihm ergangen ſey. Er hat nämlich, wie er meldet, ſeine Betrachtungen, deren Anfang ich Dir mittheilte, in Fragmenten drucken laſſen, und eine gewiſſe Parthei, die ſich zu wund fühlt um nicht überſüsceptibel zu ſeyn, y a entendù malice. Sie hat ſogleich in der Lamm’s Zeitung einen wüthenden

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/102>, abgerufen am 21.11.2024.