von Preuschen, Hermione: Yoshiwara. Vom Freudenhaus des Lebens. Berlin, 1920.ward sie jeden ersten Juli (unter dem Namen Angela) von der ganzen Garnison mit ungeduldiger Freude erwartet. -- Nach acht Jahren machte ein unglücklicher Zufall dem Stilleben und Doppelleben ein jähes Ende. Sie ward mit Schimpf und Schande aus dem Hause gejagt. Doch Margot ließ sich von Kolmar aus nach Singapore verschreiben. Sie war eine Lebens- und Liebeskünstlerin von unermüdlicher Ausdauer und Genußfähigkeit und animierte dadurch auch ihre jeweiligen Partner. Wie gesagt, sie war unendlich beliebt, wohin sie auch immer kam. Indra hatte sich an sie anschließen müssen; war sie doch immerhin, ihrer Bildung nach, der einzig mögliche Verkehr. Indra konnte mit ihr über alles sprechen. Aber Margot hatte ein Steckenpferd -- die Sinneslust und die Sinnesfreude. Sie konnte sich auch nicht vorstellen, daß diese in einer Frauenbrust jemals erlöschen könnten. Madame hielt sie für einen geeigneten Umgang für Indra, gab dieser daher auch ein Zimmer mit geöffneter Durchgangstür neben Margot. Indra lernte viel, dachte viel, litt viel, litt unendlich. Von ihrer ward sie jeden ersten Juli (unter dem Namen Angela) von der ganzen Garnison mit ungeduldiger Freude erwartet. — Nach acht Jahren machte ein unglücklicher Zufall dem Stilleben und Doppelleben ein jähes Ende. Sie ward mit Schimpf und Schande aus dem Hause gejagt. Doch Margot ließ sich von Kolmar aus nach Singapore verschreiben. Sie war eine Lebens- und Liebeskünstlerin von unermüdlicher Ausdauer und Genußfähigkeit und animierte dadurch auch ihre jeweiligen Partner. Wie gesagt, sie war unendlich beliebt, wohin sie auch immer kam. Indra hatte sich an sie anschließen müssen; war sie doch immerhin, ihrer Bildung nach, der einzig mögliche Verkehr. Indra konnte mit ihr über alles sprechen. Aber Margot hatte ein Steckenpferd — die Sinneslust und die Sinnesfreude. Sie konnte sich auch nicht vorstellen, daß diese in einer Frauenbrust jemals erlöschen könnten. Madame hielt sie für einen geeigneten Umgang für Indra, gab dieser daher auch ein Zimmer mit geöffneter Durchgangstür neben Margot. Indra lernte viel, dachte viel, litt viel, litt unendlich. Von ihrer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0079" n="80"/> ward sie jeden ersten Juli (unter dem Namen Angela) von der ganzen Garnison mit ungeduldiger Freude erwartet. — Nach acht Jahren machte ein unglücklicher Zufall dem Stilleben und Doppelleben ein jähes Ende. Sie ward mit Schimpf und Schande aus dem Hause gejagt. Doch Margot ließ sich von Kolmar aus nach Singapore verschreiben. Sie war eine Lebens- und Liebeskünstlerin von unermüdlicher Ausdauer und Genußfähigkeit und animierte dadurch auch ihre jeweiligen Partner. Wie gesagt, sie war unendlich beliebt, wohin sie auch immer kam. Indra hatte sich an sie anschließen müssen; war sie doch immerhin, ihrer Bildung nach, der einzig mögliche Verkehr. Indra konnte mit ihr über alles sprechen. Aber Margot hatte ein Steckenpferd — die Sinneslust und die Sinnesfreude. Sie konnte sich auch nicht vorstellen, daß diese in einer Frauenbrust jemals erlöschen könnten. Madame hielt sie für einen geeigneten Umgang für Indra, gab dieser daher auch ein Zimmer mit geöffneter Durchgangstür neben Margot. Indra lernte viel, dachte viel, litt viel, litt unendlich. Von ihrer </p> </div> </body> </text> </TEI> [80/0079]
ward sie jeden ersten Juli (unter dem Namen Angela) von der ganzen Garnison mit ungeduldiger Freude erwartet. — Nach acht Jahren machte ein unglücklicher Zufall dem Stilleben und Doppelleben ein jähes Ende. Sie ward mit Schimpf und Schande aus dem Hause gejagt. Doch Margot ließ sich von Kolmar aus nach Singapore verschreiben. Sie war eine Lebens- und Liebeskünstlerin von unermüdlicher Ausdauer und Genußfähigkeit und animierte dadurch auch ihre jeweiligen Partner. Wie gesagt, sie war unendlich beliebt, wohin sie auch immer kam. Indra hatte sich an sie anschließen müssen; war sie doch immerhin, ihrer Bildung nach, der einzig mögliche Verkehr. Indra konnte mit ihr über alles sprechen. Aber Margot hatte ein Steckenpferd — die Sinneslust und die Sinnesfreude. Sie konnte sich auch nicht vorstellen, daß diese in einer Frauenbrust jemals erlöschen könnten. Madame hielt sie für einen geeigneten Umgang für Indra, gab dieser daher auch ein Zimmer mit geöffneter Durchgangstür neben Margot. Indra lernte viel, dachte viel, litt viel, litt unendlich. Von ihrer
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/preuschen_yoshiwara_1920 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/preuschen_yoshiwara_1920/79 |
Zitationshilfe: | von Preuschen, Hermione: Yoshiwara. Vom Freudenhaus des Lebens. Berlin, 1920, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/preuschen_yoshiwara_1920/79>, abgerufen am 16.02.2025. |