von Preuschen, Hermione: Yoshiwara. Vom Freudenhaus des Lebens. Berlin, 1920.Tanz der Sinne um das goldene Kalb der Lust. -- Hier sehen Sie all die Tausende von "Singsonggirls", die für Geld dem Mann, jedem Mann, ihre Liebe schenken. Für ein paar Minuten, für ein paar Stunden, für eine Nacht -- je nach Wunsch und Preis. Sie sind ein Kind, Indra, Sie wissen, Sie ahnen nicht, welchen Genuß die Liebe, die sinnliche Liebe, dem Menschen bietet. Sehen Sie hier den Liebesmarkt der ganzen Welt! Sehen Sie hier, diese Chinesinnen, wie sie erst auf ihrem Hausaltar den Götzen opfern. Wie sie alles in Schönheit und in Naivität und Selbstverständlichkeit tun. Denn die Sinne sind keine Sünde. Nur die Welt, nur die Religion hat sie dazu gestempelt. Wenn Sie's noch nicht wissen, die Pension der Madame Vais ist ein Freudenhaus, und Sie wären dazu geschaffen, seine Königin zu werden." -- Indra sah ihn mit großen, entsetzten Augen an. -- "Kommen wir jetzt zu den Japanerinnen." -- Die saßen längs enger, dunkler Gassen, in rosa und blaue, luftige Kimonos gehüllt, in Schaukelstühlen. Die Nacht war schwül und schwer. Es ging wie Taubengirren durch die Tanz der Sinne um das goldene Kalb der Lust. — Hier sehen Sie all die Tausende von „Singsonggirls“, die für Geld dem Mann, jedem Mann, ihre Liebe schenken. Für ein paar Minuten, für ein paar Stunden, für eine Nacht — je nach Wunsch und Preis. Sie sind ein Kind, Indra, Sie wissen, Sie ahnen nicht, welchen Genuß die Liebe, die sinnliche Liebe, dem Menschen bietet. Sehen Sie hier den Liebesmarkt der ganzen Welt! Sehen Sie hier, diese Chinesinnen, wie sie erst auf ihrem Hausaltar den Götzen opfern. Wie sie alles in Schönheit und in Naivität und Selbstverständlichkeit tun. Denn die Sinne sind keine Sünde. Nur die Welt, nur die Religion hat sie dazu gestempelt. Wenn Sie’s noch nicht wissen, die Pension der Madame Vais ist ein Freudenhaus, und Sie wären dazu geschaffen, seine Königin zu werden.“ — Indra sah ihn mit großen, entsetzten Augen an. — „Kommen wir jetzt zu den Japanerinnen.“ — Die saßen längs enger, dunkler Gassen, in rosa und blaue, luftige Kimonos gehüllt, in Schaukelstühlen. Die Nacht war schwül und schwer. Es ging wie Taubengirren durch die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0062" n="63"/> Tanz der Sinne um das goldene Kalb der Lust. — Hier sehen Sie all die Tausende von „Singsonggirls“, die für Geld dem Mann, jedem Mann, ihre Liebe schenken. Für ein paar Minuten, für ein paar Stunden, für eine Nacht — je nach Wunsch und Preis. Sie sind ein Kind, Indra, Sie wissen, Sie ahnen nicht, welchen Genuß die Liebe, die sinnliche Liebe, dem Menschen bietet. Sehen Sie hier den Liebesmarkt der ganzen Welt! Sehen Sie hier, diese Chinesinnen, wie sie erst auf ihrem Hausaltar den Götzen opfern. Wie sie alles in Schönheit und in Naivität und Selbstverständlichkeit tun. Denn die Sinne sind keine Sünde. Nur die Welt, nur die Religion hat sie dazu gestempelt. Wenn Sie’s noch nicht wissen, die Pension der Madame Vais ist ein Freudenhaus, und Sie wären dazu geschaffen, seine Königin zu werden.“ — Indra sah ihn mit großen, entsetzten Augen an. — „Kommen wir jetzt zu den Japanerinnen.“ — Die saßen längs enger, dunkler Gassen, in rosa und blaue, luftige Kimonos gehüllt, in Schaukelstühlen. Die Nacht war schwül und schwer. Es ging wie Taubengirren durch die </p> </div> </body> </text> </TEI> [63/0062]
Tanz der Sinne um das goldene Kalb der Lust. — Hier sehen Sie all die Tausende von „Singsonggirls“, die für Geld dem Mann, jedem Mann, ihre Liebe schenken. Für ein paar Minuten, für ein paar Stunden, für eine Nacht — je nach Wunsch und Preis. Sie sind ein Kind, Indra, Sie wissen, Sie ahnen nicht, welchen Genuß die Liebe, die sinnliche Liebe, dem Menschen bietet. Sehen Sie hier den Liebesmarkt der ganzen Welt! Sehen Sie hier, diese Chinesinnen, wie sie erst auf ihrem Hausaltar den Götzen opfern. Wie sie alles in Schönheit und in Naivität und Selbstverständlichkeit tun. Denn die Sinne sind keine Sünde. Nur die Welt, nur die Religion hat sie dazu gestempelt. Wenn Sie’s noch nicht wissen, die Pension der Madame Vais ist ein Freudenhaus, und Sie wären dazu geschaffen, seine Königin zu werden.“ — Indra sah ihn mit großen, entsetzten Augen an. — „Kommen wir jetzt zu den Japanerinnen.“ — Die saßen längs enger, dunkler Gassen, in rosa und blaue, luftige Kimonos gehüllt, in Schaukelstühlen. Die Nacht war schwül und schwer. Es ging wie Taubengirren durch die
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