von Preuschen, Hermione: Yoshiwara. Vom Freudenhaus des Lebens. Berlin, 1920.Anhalter Bahnhof in Berlin! Das Zeichen zur Abfahrt des Nachtschnellzugs Berlin--Frankfurt war gegeben. Ein eleganter Herr ging wie suchend an den Coupes entlang. Am Damencoupe dritter Klasse blieb er unwillkürlich stehen, und ein Glimmern ging durch seine schönen, grauen Augen, daß sie wie grüner Phosphor aufblitzten. Dann schritt er nach seinem behaglichen Abteil erster Klasse, in dem er ganz allein fuhr und sich bequem ausstreckte. Die Ursache dieses Phosphorblicks, Indra Versen, drückte sich derweil in der Mitte des überfüllten Wagens. Sie winkte noch einmal hinaus, nach der behäbigen, blonden Dame, die, laut weinend, wie von Schluchzen geschüttelt, vor der Tür stand. -- "Ich seh' dich nicht wieder, Indra, ich fühle es, du bist mir verloren." -- "Aber Mutter," lächelt Indra etwas verlegen, denn sie liebt keine Gefühlsausbrüche in der Öffentlichkeit, Anhalter Bahnhof in Berlin! Das Zeichen zur Abfahrt des Nachtschnellzugs Berlin—Frankfurt war gegeben. Ein eleganter Herr ging wie suchend an den Coupés entlang. Am Damencoupé dritter Klasse blieb er unwillkürlich stehen, und ein Glimmern ging durch seine schönen, grauen Augen, daß sie wie grüner Phosphor aufblitzten. Dann schritt er nach seinem behaglichen Abteil erster Klasse, in dem er ganz allein fuhr und sich bequem ausstreckte. Die Ursache dieses Phosphorblicks, Indra Versen, drückte sich derweil in der Mitte des überfüllten Wagens. Sie winkte noch einmal hinaus, nach der behäbigen, blonden Dame, die, laut weinend, wie von Schluchzen geschüttelt, vor der Tür stand. — „Ich seh’ dich nicht wieder, Indra, ich fühle es, du bist mir verloren.“ — „Aber Mutter,“ lächelt Indra etwas verlegen, denn sie liebt keine Gefühlsausbrüche in der Öffentlichkeit, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0016" n="17"/> <p>Anhalter Bahnhof in Berlin! Das Zeichen zur Abfahrt des Nachtschnellzugs Berlin—Frankfurt war gegeben. Ein eleganter Herr ging wie suchend an den Coupés entlang. Am Damencoupé dritter Klasse blieb er unwillkürlich stehen, und ein Glimmern ging durch seine schönen, grauen Augen, daß sie wie grüner Phosphor aufblitzten. Dann schritt er nach seinem behaglichen Abteil erster Klasse, in dem er ganz allein fuhr und sich bequem ausstreckte.</p> <p>Die Ursache dieses Phosphorblicks, Indra Versen, drückte sich derweil in der Mitte des überfüllten Wagens. Sie winkte noch einmal hinaus, nach der behäbigen, blonden Dame, die, laut weinend, wie von Schluchzen geschüttelt, vor der Tür stand. — „Ich seh’ dich nicht wieder, Indra, ich fühle es, du bist mir verloren.“ — „Aber Mutter,“ lächelt Indra etwas verlegen, denn sie liebt keine Gefühlsausbrüche in der Öffentlichkeit, </p> </div> </body> </text> </TEI> [17/0016]
Anhalter Bahnhof in Berlin! Das Zeichen zur Abfahrt des Nachtschnellzugs Berlin—Frankfurt war gegeben. Ein eleganter Herr ging wie suchend an den Coupés entlang. Am Damencoupé dritter Klasse blieb er unwillkürlich stehen, und ein Glimmern ging durch seine schönen, grauen Augen, daß sie wie grüner Phosphor aufblitzten. Dann schritt er nach seinem behaglichen Abteil erster Klasse, in dem er ganz allein fuhr und sich bequem ausstreckte.
Die Ursache dieses Phosphorblicks, Indra Versen, drückte sich derweil in der Mitte des überfüllten Wagens. Sie winkte noch einmal hinaus, nach der behäbigen, blonden Dame, die, laut weinend, wie von Schluchzen geschüttelt, vor der Tür stand. — „Ich seh’ dich nicht wieder, Indra, ich fühle es, du bist mir verloren.“ — „Aber Mutter,“ lächelt Indra etwas verlegen, denn sie liebt keine Gefühlsausbrüche in der Öffentlichkeit,
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Zitationshilfe: | von Preuschen, Hermione: Yoshiwara. Vom Freudenhaus des Lebens. Berlin, 1920, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/preuschen_yoshiwara_1920/16>, abgerufen am 16.02.2025. |