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Juan de Posos [i. e. Smeeks, Hendrik]: Beschreibung des Mächtigen Königreichs Krinke Kesmes. Übers. v. [N. N.]. Leipzig, 1721.

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Curieuse Reise-Beschreibung. VI. Cap.
Parthey, und zeigen sich einander gantz nackend,
sie besehen sich hierauf hinten und forne, sie ge-
hen, stehen und bücken sich dabey etc. Ja sie be-
fühlen einander von oben bis unten, und von hin-
ten und forne. Wenn sie beyderseits einander ge-
fallen, und gesund seyn, so ist die Heyrath richtig,
und muß vor sich gehen. Wenn sich aber der ge-
ringste Zufall bey einem oder dem andern findet, so
stehet es in dem Willen beyder jungen Leute. Jch
sagte, das ist ja ein wunderlich Gesetz, es
kommt nach meinem Urtheil der Ehr und
Schaam zu nahe, ein solch Wesen würde
man in Europa sehr verfluchen.
Womit
beweiset ihr, sagte Elho, daß die Europäer klüger
seyn als die Asiatischen Völcker? Die Europäer
haben auch viel närrische Gebräuche. Wenn
man aber ein Pferd, Hund oder ander Thier
kauffen will, so befühlt, betastet und besiehet man
solches, damit man nicht betrogen werde, ehe man
solches kaufft. Warum solte man mit einem
Mann oder Frau, die man heyrathen will, und
mit welchem man sein Leben zu endigen beschliest,
es nicht auch so machen. Ein Thier kan man
wieder mit einigen Schaden verkauffen, aber ei-
ne die man heyrathet, muß man behalten, so lan-
ge man beysammen lebt.

Hierauf kamen 4. Personen an, die alle in
Seide gekleidet waren, wir musten deshalben
weggehen, und ward die Thür zugeschlossen.
Diese kamen, die ehrliche Befühlung zu unter-
nehmen.

Jch hatte in dem Utopia des Mori dieses auch

gele-
M

Curieuſe Reiſe-Beſchreibung. VI. Cap.
Parthey, und zeigen ſich einander gantz nackend,
ſie beſehen ſich hierauf hinten und forne, ſie ge-
hen, ſtehen und buͤcken ſich dabey ꝛc. Ja ſie be-
fuͤhlen einander von oben bis unten, und von hin-
ten und forne. Wenn ſie beyderſeits einander ge-
fallen, und geſund ſeyn, ſo iſt die Heyrath richtig,
und muß vor ſich gehen. Wenn ſich aber der ge-
ringſte Zufall bey einem odeꝛ dem andeꝛn findet, ſo
ſtehet es in dem Willen beyder jungen Leute. Jch
ſagte, das iſt ja ein wunderlich Geſetz, es
kommt nach meinem Urtheil der Ehr und
Schaam zu nahe, ein ſolch Weſen wuͤrde
man in Europa ſehr verfluchen.
Womit
beweiſet ihr, ſagte Elho, daß die Europaͤer kluͤger
ſeyn als die Aſiatiſchen Voͤlcker? Die Europaͤer
haben auch viel naͤrriſche Gebraͤuche. Wenn
man aber ein Pferd, Hund oder ander Thier
kauffen will, ſo befuͤhlt, betaſtet und beſiehet man
ſolches, damit man nicht betrogen werde, ehe man
ſolches kaufft. Warum ſolte man mit einem
Mann oder Frau, die man heyrathen will, und
mit welchem man ſein Leben zu endigen beſchlieſt,
es nicht auch ſo machen. Ein Thier kan man
wieder mit einigen Schaden verkauffen, aber ei-
ne die man heyrathet, muß man behalten, ſo lan-
ge man beyſammen lebt.

Hierauf kamen 4. Perſonen an, die alle in
Seide gekleidet waren, wir muſten deshalben
weggehen, und ward die Thuͤr zugeſchloſſen.
Dieſe kamen, die ehrliche Befuͤhlung zu unter-
nehmen.

Jch hatte in dem Utopia des Mori dieſes auch

gele-
M
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[177/0211] Curieuſe Reiſe-Beſchreibung. VI. Cap. Parthey, und zeigen ſich einander gantz nackend, ſie beſehen ſich hierauf hinten und forne, ſie ge- hen, ſtehen und buͤcken ſich dabey ꝛc. Ja ſie be- fuͤhlen einander von oben bis unten, und von hin- ten und forne. Wenn ſie beyderſeits einander ge- fallen, und geſund ſeyn, ſo iſt die Heyrath richtig, und muß vor ſich gehen. Wenn ſich aber der ge- ringſte Zufall bey einem odeꝛ dem andeꝛn findet, ſo ſtehet es in dem Willen beyder jungen Leute. Jch ſagte, das iſt ja ein wunderlich Geſetz, es kommt nach meinem Urtheil der Ehr und Schaam zu nahe, ein ſolch Weſen wuͤrde man in Europa ſehr verfluchen. Womit beweiſet ihr, ſagte Elho, daß die Europaͤer kluͤger ſeyn als die Aſiatiſchen Voͤlcker? Die Europaͤer haben auch viel naͤrriſche Gebraͤuche. Wenn man aber ein Pferd, Hund oder ander Thier kauffen will, ſo befuͤhlt, betaſtet und beſiehet man ſolches, damit man nicht betrogen werde, ehe man ſolches kaufft. Warum ſolte man mit einem Mann oder Frau, die man heyrathen will, und mit welchem man ſein Leben zu endigen beſchlieſt, es nicht auch ſo machen. Ein Thier kan man wieder mit einigen Schaden verkauffen, aber ei- ne die man heyrathet, muß man behalten, ſo lan- ge man beyſammen lebt. Hierauf kamen 4. Perſonen an, die alle in Seide gekleidet waren, wir muſten deshalben weggehen, und ward die Thuͤr zugeſchloſſen. Dieſe kamen, die ehrliche Befuͤhlung zu unter- nehmen. Jch hatte in dem Utopia des Mori dieſes auch gele- M

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Zitationshilfe: Juan de Posos [i. e. Smeeks, Hendrik]: Beschreibung des Mächtigen Königreichs Krinke Kesmes. Übers. v. [N. N.]. Leipzig, 1721, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/posos_krinkekesmes_1721/211>, abgerufen am 27.11.2024.