reyen, und also werden die meisten Gottesdienste oder Glaubens-Erkänntnisse durch Vorurtheile oder aus Interesse beurtheilet.
Die Welt ist bey dem Gottesdienst in Parthi- en getheilet, daraus kommen Lästerungen, Ver- folgungen, Mord etc. weil sie in der Meinung nicht überein kommen, so verspottet ein Gottes- dienst den andern, als eine lächerliche und wahre Sache. Es berufft sich ein ieder auf sein Gesetz- Buch, davon doch ein andrer meint, daß es voll Jrrthümer stecke, so sind die Concepte und Be- urtheilungen der Menschen, welche sie sich durch die Auferziehung zu wege gebracht, unterschie- den.
Denn es halten alle Nationen ihren Gottes- dienst mit grossem Eyfer, sie loben denselben gegen andre, und verschmähen anderer ihren ne- ben den ihrigen.
Man findet an allen Orten Menschen, die an einen oder andern Gottesdienst ihren Gefallen haben, und einem oder mehr göttlichen Wesen göttliche Ehre anthun, wornach sie auferzogen und unterwiesen worden. Daher ist der Gottes- dienst ein Effect der Auferziehung und Unterwei- sung, dadurch sind so viel Neben-Sachen unter die göttlichen Wahrheiten vermischt. Denn die Politic hat so viel Arten von Gottesdiensten ersonnen, da ein iedes Volck ein Modell vor- schreibt, welches am besten mit ihrer Neigung (damit sie die gesuchte Absicht errichten) überein kam, daher haben fast alle Nationen auf Erden
bey
Curieuſe Reiſe-Beſchreibung. V. Cap.
reyen, und alſo werden die meiſten Gottesdienſte oder Glaubens-Erkaͤnntniſſe durch Vorurtheile oder aus Intereſſe beurtheilet.
Die Welt iſt bey dem Gottesdienſt in Parthi- en getheilet, daraus kommen Laͤſterungen, Ver- folgungen, Mord ꝛc. weil ſie in der Meinung nicht uͤberein kommen, ſo verſpottet ein Gottes- dienſt den andern, als eine laͤcherliche und wahre Sache. Es berufft ſich ein ieder auf ſein Geſetz- Buch, davon doch ein andrer meint, daß es voll Jrrthuͤmer ſtecke, ſo ſind die Concepte und Be- urtheilungen der Menſchen, welche ſie ſich durch die Auferziehung zu wege gebracht, unterſchie- den.
Denn es halten alle Nationen ihren Gottes- dienſt mit groſſem Eyfer, ſie loben denſelben gegen andre, und verſchmaͤhen anderer ihren ne- ben den ihrigen.
Man findet an allen Orten Menſchen, die an einen oder andern Gottesdienſt ihren Gefallen haben, und einem oder mehr goͤttlichen Weſen goͤttliche Ehre anthun, wornach ſie auferzogen und unterwieſen worden. Daher iſt der Gottes- dienſt ein Effect der Auferziehung und Unterwei- ſung, dadurch ſind ſo viel Neben-Sachen unter die goͤttlichen Wahrheiten vermiſcht. Denn die Politic hat ſo viel Arten von Gottesdienſten erſonnen, da ein iedes Volck ein Modell vor- ſchreibt, welches am beſten mit ihrer Neigung (damit ſie die geſuchte Abſicht errichten) uͤberein kam, daher haben faſt alle Nationen auf Erden
bey
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Curieuſe Reiſe-Beſchreibung. V. Cap.
reyen, und alſo werden die meiſten Gottesdienſte
oder Glaubens-Erkaͤnntniſſe durch Vorurtheile
oder aus Intereſſe beurtheilet.
Die Welt iſt bey dem Gottesdienſt in Parthi-
en getheilet, daraus kommen Laͤſterungen, Ver-
folgungen, Mord ꝛc. weil ſie in der Meinung
nicht uͤberein kommen, ſo verſpottet ein Gottes-
dienſt den andern, als eine laͤcherliche und wahre
Sache. Es berufft ſich ein ieder auf ſein Geſetz-
Buch, davon doch ein andrer meint, daß es voll
Jrrthuͤmer ſtecke, ſo ſind die Concepte und Be-
urtheilungen der Menſchen, welche ſie ſich durch
die Auferziehung zu wege gebracht, unterſchie-
den.
Denn es halten alle Nationen ihren Gottes-
dienſt mit groſſem Eyfer, ſie loben denſelben
gegen andre, und verſchmaͤhen anderer ihren ne-
ben den ihrigen.
Man findet an allen Orten Menſchen, die an
einen oder andern Gottesdienſt ihren Gefallen
haben, und einem oder mehr goͤttlichen Weſen
goͤttliche Ehre anthun, wornach ſie auferzogen
und unterwieſen worden. Daher iſt der Gottes-
dienſt ein Effect der Auferziehung und Unterwei-
ſung, dadurch ſind ſo viel Neben-Sachen unter
die goͤttlichen Wahrheiten vermiſcht. Denn
die Politic hat ſo viel Arten von Gottesdienſten
erſonnen, da ein iedes Volck ein Modell vor-
ſchreibt, welches am beſten mit ihrer Neigung
(damit ſie die geſuchte Abſicht errichten) uͤberein
kam, daher haben faſt alle Nationen auf Erden
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Juan de Posos [i. e. Smeeks, Hendrik]: Beschreibung des Mächtigen Königreichs Krinke Kesmes. Übers. v. [N. N.]. Leipzig, 1721, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/posos_krinkekesmes_1721/120>, abgerufen am 17.02.2025.
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