"Hinter diesen Leuten gehen acht junge Bonzen, welche lange umgekehrte Stäbe tragen, wovon das unterste Ende mit einer kleinen Fahne geziert ist, worauf der Name der vor- nehmsten Gottheit derjenigen Secte steht, zu welcher sich der Verstorbene bekannt hat. Gleich auf diese folgen noch zehn andere Bonzen, welche die Wapen und Fahnen der Verstorbenen tragen, und auch zum Theil auf Instrumenten spielen. Alsdann kommt eine große Menge von Leuten, welche grau gekleidet sind, auf deren Kleidung man den Namen des Götzen lesen kann, zu dessen Religion er sich bekannt hat.
Endlich folgt der Leichnam, der in einem prächtigen Norimon von vier Männern getra- gen wird. Der Todte sitzt darinn auf seinen Fersen, mit unbedecktem Angesicht, mit gefalte- nen oder kreuzweise über die Brust gelegten Händen, in der Stellung eines Betenden. Ueber seine Kleider hat er einen von den papier- nen *) Röcken, worinn alle Fromme gerne ster- ben mögen. Die vornehmsten Stücke ihrer Religion sind darauf vorgestellt, und überdem schreibt man noch geheimnißvolle Zeichen darauf, die zum Freypaß in den Himmel dienen. -- Die Kinder des Verstorbenen, es versteht sich, wenn er welche hat, umringen die Leiche in den
schönsten
*) Wir haben oben von den papiernen Röcken und dem Handel, den die Bonzen damit treiben, das Nöthigste gesagt.
„Hinter dieſen Leuten gehen acht junge Bonzen, welche lange umgekehrte Staͤbe tragen, wovon das unterſte Ende mit einer kleinen Fahne geziert iſt, worauf der Name der vor- nehmſten Gottheit derjenigen Secte ſteht, zu welcher ſich der Verſtorbene bekannt hat. Gleich auf dieſe folgen noch zehn andere Bonzen, welche die Wapen und Fahnen der Verſtorbenen tragen, und auch zum Theil auf Inſtrumenten ſpielen. Alsdann kommt eine große Menge von Leuten, welche grau gekleidet ſind, auf deren Kleidung man den Namen des Goͤtzen leſen kann, zu deſſen Religion er ſich bekannt hat.
Endlich folgt der Leichnam, der in einem praͤchtigen Norimon von vier Maͤnnern getra- gen wird. Der Todte ſitzt darinn auf ſeinen Ferſen, mit unbedecktem Angeſicht, mit gefalte- nen oder kreuzweiſe uͤber die Bruſt gelegten Haͤnden, in der Stellung eines Betenden. Ueber ſeine Kleider hat er einen von den papier- nen *) Roͤcken, worinn alle Fromme gerne ſter- ben moͤgen. Die vornehmſten Stuͤcke ihrer Religion ſind darauf vorgeſtellt, und uͤberdem ſchreibt man noch geheimnißvolle Zeichen darauf, die zum Freypaß in den Himmel dienen. — Die Kinder des Verſtorbenen, es verſteht ſich, wenn er welche hat, umringen die Leiche in den
ſchoͤnſten
*) Wir haben oben von den papiernen Roͤcken und dem Handel, den die Bonzen damit treiben, das Noͤthigſte geſagt.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0078"n="52"/><p>„Hinter dieſen Leuten gehen acht junge<lb/>
Bonzen, welche lange umgekehrte Staͤbe tragen,<lb/>
wovon das unterſte Ende mit einer kleinen<lb/>
Fahne geziert iſt, worauf der Name der vor-<lb/>
nehmſten Gottheit derjenigen Secte ſteht, zu<lb/>
welcher ſich der Verſtorbene bekannt hat. Gleich<lb/>
auf dieſe folgen noch zehn andere Bonzen,<lb/>
welche die Wapen und Fahnen der Verſtorbenen<lb/>
tragen, und auch zum Theil auf Inſtrumenten<lb/>ſpielen. Alsdann kommt eine große Menge von<lb/>
Leuten, welche grau gekleidet ſind, auf deren<lb/>
Kleidung man den Namen des Goͤtzen leſen<lb/>
kann, zu deſſen Religion er ſich bekannt hat.</p><lb/><p>Endlich folgt der Leichnam, der in einem<lb/>
praͤchtigen Norimon von vier Maͤnnern getra-<lb/>
gen wird. Der Todte ſitzt darinn auf ſeinen<lb/>
Ferſen, mit unbedecktem Angeſicht, mit gefalte-<lb/>
nen oder kreuzweiſe uͤber die Bruſt gelegten<lb/>
Haͤnden, in der Stellung eines Betenden.<lb/>
Ueber ſeine Kleider hat er einen von den papier-<lb/>
nen <noteplace="foot"n="*)">Wir haben oben von den papiernen Roͤcken und<lb/>
dem Handel, den die Bonzen damit treiben, das<lb/>
Noͤthigſte geſagt.</note> Roͤcken, worinn alle Fromme gerne ſter-<lb/>
ben moͤgen. Die vornehmſten Stuͤcke ihrer<lb/>
Religion ſind darauf vorgeſtellt, und uͤberdem<lb/>ſchreibt man noch geheimnißvolle Zeichen darauf,<lb/>
die zum Freypaß in den Himmel dienen. —<lb/>
Die Kinder des Verſtorbenen, es verſteht ſich,<lb/>
wenn er welche hat, umringen die Leiche in den<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſchoͤnſten</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[52/0078]
„Hinter dieſen Leuten gehen acht junge
Bonzen, welche lange umgekehrte Staͤbe tragen,
wovon das unterſte Ende mit einer kleinen
Fahne geziert iſt, worauf der Name der vor-
nehmſten Gottheit derjenigen Secte ſteht, zu
welcher ſich der Verſtorbene bekannt hat. Gleich
auf dieſe folgen noch zehn andere Bonzen,
welche die Wapen und Fahnen der Verſtorbenen
tragen, und auch zum Theil auf Inſtrumenten
ſpielen. Alsdann kommt eine große Menge von
Leuten, welche grau gekleidet ſind, auf deren
Kleidung man den Namen des Goͤtzen leſen
kann, zu deſſen Religion er ſich bekannt hat.
Endlich folgt der Leichnam, der in einem
praͤchtigen Norimon von vier Maͤnnern getra-
gen wird. Der Todte ſitzt darinn auf ſeinen
Ferſen, mit unbedecktem Angeſicht, mit gefalte-
nen oder kreuzweiſe uͤber die Bruſt gelegten
Haͤnden, in der Stellung eines Betenden.
Ueber ſeine Kleider hat er einen von den papier-
nen *) Roͤcken, worinn alle Fromme gerne ſter-
ben moͤgen. Die vornehmſten Stuͤcke ihrer
Religion ſind darauf vorgeſtellt, und uͤberdem
ſchreibt man noch geheimnißvolle Zeichen darauf,
die zum Freypaß in den Himmel dienen. —
Die Kinder des Verſtorbenen, es verſteht ſich,
wenn er welche hat, umringen die Leiche in den
ſchoͤnſten
*) Wir haben oben von den papiernen Roͤcken und
dem Handel, den die Bonzen damit treiben, das
Noͤthigſte geſagt.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/78>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.