ner Braut um den Hals, wodurch die Verlo- bung fest gemacht wird.
Wenn die Kinder der Braminen verheyra- thet sind, so werden sie nicht mehr Bramma- saris, sondern Grahastas genannt. Sie se- hen aber sehr sorgfältig dahin, daß ihre Kinder nicht mit solchen verheyrathet werden, die zu nahe mit ihnen verwandt sind. Denn sie ha- ben einen großen Abscheu an der Blutschande, welches eine von den fünf Todsünden ist, die schwerlich vergeben wird. In diesem Falle ver- ordnet der Vedam, daß der Missethäter ent- mannet werde, und mit seinen Zeugungsglie- dern in der Hand sterben soll. -- Die Viel- weiberey wird von den Braminen sowohl als von andern Stämmen bis zum Ausschweifen getrieben.
Die Diät der Braminen ist überaus mäßig eingerichtet. Ihre Speisen bestehen blos aus Reis, Früchten, Wurzeln und Kräutern. Ihr Getränke ist nicht weniger einfältig, indem sie sonst nichts als Wasser trinken, außer, daß sie bey den Mahlzeiten zuweilen einen Trunk Milch thun. Starker Getränke bedienen sie sich nicht, denn sie verabscheuen die Trunkenheit, da sie eine von ihren Todsünden ist. Dieser Stamm geht aus Stolz nie in das Haus eines andern, um nicht verunreinigt zu werden.
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ner Braut um den Hals, wodurch die Verlo- bung feſt gemacht wird.
Wenn die Kinder der Braminen verheyra- thet ſind, ſo werden ſie nicht mehr Bramma- ſaris, ſondern Grahaſtas genannt. Sie ſe- hen aber ſehr ſorgfaͤltig dahin, daß ihre Kinder nicht mit ſolchen verheyrathet werden, die zu nahe mit ihnen verwandt ſind. Denn ſie ha- ben einen großen Abſcheu an der Blutſchande, welches eine von den fuͤnf Todſuͤnden iſt, die ſchwerlich vergeben wird. In dieſem Falle ver- ordnet der Vedam, daß der Miſſethaͤter ent- mannet werde, und mit ſeinen Zeugungsglie- dern in der Hand ſterben ſoll. — Die Viel- weiberey wird von den Braminen ſowohl als von andern Staͤmmen bis zum Ausſchweifen getrieben.
Die Diaͤt der Braminen iſt uͤberaus maͤßig eingerichtet. Ihre Speiſen beſtehen blos aus Reis, Fruͤchten, Wurzeln und Kraͤutern. Ihr Getraͤnke iſt nicht weniger einfaͤltig, indem ſie ſonſt nichts als Waſſer trinken, außer, daß ſie bey den Mahlzeiten zuweilen einen Trunk Milch thun. Starker Getraͤnke bedienen ſie ſich nicht, denn ſie verabſcheuen die Trunkenheit, da ſie eine von ihren Todſuͤnden iſt. Dieſer Stamm geht aus Stolz nie in das Haus eines andern, um nicht verunreinigt zu werden.
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ner Braut um den Hals, wodurch die Verlo-
bung feſt gemacht wird.
Wenn die Kinder der Braminen verheyra-
thet ſind, ſo werden ſie nicht mehr Bramma-
ſaris, ſondern Grahaſtas genannt. Sie ſe-
hen aber ſehr ſorgfaͤltig dahin, daß ihre Kinder
nicht mit ſolchen verheyrathet werden, die zu
nahe mit ihnen verwandt ſind. Denn ſie ha-
ben einen großen Abſcheu an der Blutſchande,
welches eine von den fuͤnf Todſuͤnden iſt, die
ſchwerlich vergeben wird. In dieſem Falle ver-
ordnet der Vedam, daß der Miſſethaͤter ent-
mannet werde, und mit ſeinen Zeugungsglie-
dern in der Hand ſterben ſoll. — Die Viel-
weiberey wird von den Braminen ſowohl als
von andern Staͤmmen bis zum Ausſchweifen
getrieben.
Die Diaͤt der Braminen iſt uͤberaus maͤßig
eingerichtet. Ihre Speiſen beſtehen blos aus
Reis, Fruͤchten, Wurzeln und Kraͤutern. Ihr
Getraͤnke iſt nicht weniger einfaͤltig, indem ſie
ſonſt nichts als Waſſer trinken, außer, daß ſie
bey den Mahlzeiten zuweilen einen Trunk Milch
thun. Starker Getraͤnke bedienen ſie ſich nicht,
denn ſie verabſcheuen die Trunkenheit, da ſie
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/509>, abgerufen am 04.12.2024.
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