terten. Den Tag konnte man von der Nacht nicht unterscheiden. Das Ungewitter rottete das ganze Menschengeschlecht aus, nur einige wenige ausgenommen, welche Vistney auf Er- laubniß des Herrn mit dem Saume seiner Er- haltung deckte, damit von denselben das Men- schengeschlecht in dem dritten Weltalter werden könnte. Und so schloß sich das zweyte Welt- alter.
Nachdem Rudderi dem Sturme Einhalt gethan hatte, war alles wieder ruhig. Der Zustand der Welt war nunmehr sehr jämmer- lich; besonders erregte das Anschauen der tod- ten Menschencörper Mitleiden. Es gereuete selbst den Allmächtigen die That, und Rudderi war vor Schmerz außer sich, daß er das Werk- zeug zu solcher Verwüstung seyn muste. Da aber die Könige und Fürsten im zweyten sowohl als dritten Weltalter die Quelle alles Unglücks waren, so ließ der Herr den ganzen Stamm der Kutteri ausrotten. Da indessen dieser Stamm unter den Menschen sehr unentbehrlich war, so befahl der Herr, um diese Ordnung durch einen heiligern Stamm erneuern zu laßen, daß die Linie der Rajahen von der Linie der Braminen hergeleitet werden sollte. Dieß geschah in der Person des Ram, des vornehmsten unter den Braminen, die durch den Vistney erhalten wor- den. Man vermuthete, daß dieser Mann so- wohl die Religion als Policeywesen aufs beste befördern würde. Es ist wahrscheinlich, daß
ihm
terten. Den Tag konnte man von der Nacht nicht unterſcheiden. Das Ungewitter rottete das ganze Menſchengeſchlecht aus, nur einige wenige ausgenommen, welche Viſtney auf Er- laubniß des Herrn mit dem Saume ſeiner Er- haltung deckte, damit von denſelben das Men- ſchengeſchlecht in dem dritten Weltalter werden koͤnnte. Und ſo ſchloß ſich das zweyte Welt- alter.
Nachdem Rudderi dem Sturme Einhalt gethan hatte, war alles wieder ruhig. Der Zuſtand der Welt war nunmehr ſehr jaͤmmer- lich; beſonders erregte das Anſchauen der tod- ten Menſchencoͤrper Mitleiden. Es gereuete ſelbſt den Allmaͤchtigen die That, und Rudderi war vor Schmerz außer ſich, daß er das Werk- zeug zu ſolcher Verwuͤſtung ſeyn muſte. Da aber die Koͤnige und Fuͤrſten im zweyten ſowohl als dritten Weltalter die Quelle alles Ungluͤcks waren, ſo ließ der Herr den ganzen Stamm der Kutteri ausrotten. Da indeſſen dieſer Stamm unter den Menſchen ſehr unentbehrlich war, ſo befahl der Herr, um dieſe Ordnung durch einen heiligern Stamm erneuern zu laßen, daß die Linie der Rajahen von der Linie der Braminen hergeleitet werden ſollte. Dieß geſchah in der Perſon des Ram, des vornehmſten unter den Braminen, die durch den Viſtney erhalten wor- den. Man vermuthete, daß dieſer Mann ſo- wohl die Religion als Policeyweſen aufs beſte befoͤrdern wuͤrde. Es iſt wahrſcheinlich, daß
ihm
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terten. Den Tag konnte man von der Nacht
nicht unterſcheiden. Das Ungewitter rottete
das ganze Menſchengeſchlecht aus, nur einige
wenige ausgenommen, welche Viſtney auf Er-
laubniß des Herrn mit dem Saume ſeiner Er-
haltung deckte, damit von denſelben das Men-
ſchengeſchlecht in dem dritten Weltalter werden
koͤnnte. Und ſo ſchloß ſich das zweyte Welt-
alter.
Nachdem Rudderi dem Sturme Einhalt
gethan hatte, war alles wieder ruhig. Der
Zuſtand der Welt war nunmehr ſehr jaͤmmer-
lich; beſonders erregte das Anſchauen der tod-
ten Menſchencoͤrper Mitleiden. Es gereuete
ſelbſt den Allmaͤchtigen die That, und Rudderi
war vor Schmerz außer ſich, daß er das Werk-
zeug zu ſolcher Verwuͤſtung ſeyn muſte. Da
aber die Koͤnige und Fuͤrſten im zweyten ſowohl
als dritten Weltalter die Quelle alles Ungluͤcks
waren, ſo ließ der Herr den ganzen Stamm der
Kutteri ausrotten. Da indeſſen dieſer Stamm
unter den Menſchen ſehr unentbehrlich war, ſo
befahl der Herr, um dieſe Ordnung durch einen
heiligern Stamm erneuern zu laßen, daß die
Linie der Rajahen von der Linie der Braminen
hergeleitet werden ſollte. Dieß geſchah in der
Perſon des Ram, des vornehmſten unter den
Braminen, die durch den Viſtney erhalten wor-
den. Man vermuthete, daß dieſer Mann ſo-
wohl die Religion als Policeyweſen aufs beſte
befoͤrdern wuͤrde. Es iſt wahrſcheinlich, daß
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/480>, abgerufen am 25.11.2024.
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