wurden. -- Mit der Zeit wurden die vier Brüder und ihre Weiber Eltern vieler neuen Geschlechte, die sich genau an ihre Eintheilung in vier Stämme hielten, ohne sich untereinan- der zu vermischen. Allein sie arteten bald aus. Bramon ward nachläßig in seiner Gottselig- keit. Kutteri ward grausam und überwälti- gend. Shudderi betrog seine Brüder durch falsches Gewicht, und Wise setzte auf seine Waaren entsetzliche Preise, um seine Ausschwei- fungen fortsetzen zu können. Die Unordnung, die in den Familien dieser vier Brüder herrschte, machte endlich die Gottheit zornig, so daß auf einmal der Himmel eine finstere Gestalt an- nahm. Donner und Blitz fuhren vom Him- mel herab; das Meer thürmte sich auf eine fürchterliche Art auf, und schüttete seine Flu- then über den Erdboden, die das ganze mensch- liche Geschlecht überschwemmten. Ohngeachtet aber ihre Leiber verderbt waren, so ruheten doch ihre Seelen in dem Schooß des allmächtigen Gottes. -- Und so endigte sich das erste Welt- alter.
Gottes Absichten würden nun nicht erreicht seyn, wenn die Sachen in dem Zustande geblie- ben wären. Er entschloß sich also, das mensch- liche Geschlecht wieder zu erneuern, und das zweyte Alter mit drey Menschen von fürtrefli- cher Natur, als die vorigen, anzufangen. Gott stieg also vom Himmel herab auf einen sehr hohen Berg, und sagte: Steh auf Bra-
ma,
wurden. — Mit der Zeit wurden die vier Bruͤder und ihre Weiber Eltern vieler neuen Geſchlechte, die ſich genau an ihre Eintheilung in vier Staͤmme hielten, ohne ſich untereinan- der zu vermiſchen. Allein ſie arteten bald aus. Bramon ward nachlaͤßig in ſeiner Gottſelig- keit. Kutteri ward grauſam und uͤberwaͤlti- gend. Shudderi betrog ſeine Bruͤder durch falſches Gewicht, und Wiſe ſetzte auf ſeine Waaren entſetzliche Preiſe, um ſeine Ausſchwei- fungen fortſetzen zu koͤnnen. Die Unordnung, die in den Familien dieſer vier Bruͤder herrſchte, machte endlich die Gottheit zornig, ſo daß auf einmal der Himmel eine finſtere Geſtalt an- nahm. Donner und Blitz fuhren vom Him- mel herab; das Meer thuͤrmte ſich auf eine fuͤrchterliche Art auf, und ſchuͤttete ſeine Flu- then uͤber den Erdboden, die das ganze menſch- liche Geſchlecht uͤberſchwemmten. Ohngeachtet aber ihre Leiber verderbt waren, ſo ruheten doch ihre Seelen in dem Schooß des allmaͤchtigen Gottes. — Und ſo endigte ſich das erſte Welt- alter.
Gottes Abſichten wuͤrden nun nicht erreicht ſeyn, wenn die Sachen in dem Zuſtande geblie- ben waͤren. Er entſchloß ſich alſo, das menſch- liche Geſchlecht wieder zu erneuern, und das zweyte Alter mit drey Menſchen von fuͤrtrefli- cher Natur, als die vorigen, anzufangen. Gott ſtieg alſo vom Himmel herab auf einen ſehr hohen Berg, und ſagte: Steh auf Bra-
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wurden. — Mit der Zeit wurden die vier
Bruͤder und ihre Weiber Eltern vieler neuen
Geſchlechte, die ſich genau an ihre Eintheilung
in vier Staͤmme hielten, ohne ſich untereinan-
der zu vermiſchen. Allein ſie arteten bald aus.
Bramon ward nachlaͤßig in ſeiner Gottſelig-
keit. Kutteri ward grauſam und uͤberwaͤlti-
gend. Shudderi betrog ſeine Bruͤder durch
falſches Gewicht, und Wiſe ſetzte auf ſeine
Waaren entſetzliche Preiſe, um ſeine Ausſchwei-
fungen fortſetzen zu koͤnnen. Die Unordnung,
die in den Familien dieſer vier Bruͤder herrſchte,
machte endlich die Gottheit zornig, ſo daß auf
einmal der Himmel eine finſtere Geſtalt an-
nahm. Donner und Blitz fuhren vom Him-
mel herab; das Meer thuͤrmte ſich auf eine
fuͤrchterliche Art auf, und ſchuͤttete ſeine Flu-
then uͤber den Erdboden, die das ganze menſch-
liche Geſchlecht uͤberſchwemmten. Ohngeachtet
aber ihre Leiber verderbt waren, ſo ruheten doch
ihre Seelen in dem Schooß des allmaͤchtigen
Gottes. — Und ſo endigte ſich das erſte Welt-
alter.
Gottes Abſichten wuͤrden nun nicht erreicht
ſeyn, wenn die Sachen in dem Zuſtande geblie-
ben waͤren. Er entſchloß ſich alſo, das menſch-
liche Geſchlecht wieder zu erneuern, und das
zweyte Alter mit drey Menſchen von fuͤrtrefli-
cher Natur, als die vorigen, anzufangen.
Gott ſtieg alſo vom Himmel herab auf einen
ſehr hohen Berg, und ſagte: Steh auf Bra-
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 445. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/471>, abgerufen am 25.11.2024.
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