Siße des Großenmogols, beständig erfüllet sind. Wenn sie auch im Felde sind; so sehen diese beyden Städte wie wüste Lager aus, die die von einem starken Heere wären verlassen worden. Alles folget dem Hofe, und das Quartier der Baniyanen, oder der großen Kauf- leute ausgenommen, siehet das übrige wie eine öde Stadt aus. Unglaublich viele Marketän- der, Lastträger, Sclaven, und kleine Kauf- leute, begleiten die Heere, ihnen eben die Dien- ste zu leisten, wie in den Städten.
Die Leibwache, des goldenen, silbernen, und des eisernen Streitkolbes, machen auch drey verschiedene Compagnien aus, deren Sol- daten bey jeder auf eine andere Art, an der Stirne bezeichnet werden. Ihr Sold beträgt mehr, und ihr Ansehen ist größer, nachdem das Metall beschaffen ist, mit dem ihre Streit- kolbe überzogen sind. Alle diese Mannschaft ist außerlesen, und hat diesen Rang durch ihre Tapferkeit erwerben müssen. Man muß noth- wendig darunter gedienet, und sich hervorge- than haben, wenn man zu den Würden des Staats steigen will. Die Geburt giebt in den mogolischen Heeren keinen Rang. Nur Ver- dienste bestimmen den Vorzug, und der Sohn eines Omrahs befindet sich oft unter den schlech- testen Soldaten. Daher erkennen auch die Mohammedaner in Indien keinen Adel, als die Abstammung von Mohammed, die überall ver- ehret wird, wo der Koran in Ansehen ist.
Ueber-
Siße des Großenmogols, beſtaͤndig erfuͤllet ſind. Wenn ſie auch im Felde ſind; ſo ſehen dieſe beyden Staͤdte wie wuͤſte Lager aus, die die von einem ſtarken Heere waͤren verlaſſen worden. Alles folget dem Hofe, und das Quartier der Baniyanen, oder der großen Kauf- leute ausgenommen, ſiehet das uͤbrige wie eine oͤde Stadt aus. Unglaublich viele Marketaͤn- der, Laſttraͤger, Sclaven, und kleine Kauf- leute, begleiten die Heere, ihnen eben die Dien- ſte zu leiſten, wie in den Staͤdten.
Die Leibwache, des goldenen, ſilbernen, und des eiſernen Streitkolbes, machen auch drey verſchiedene Compagnien aus, deren Sol- daten bey jeder auf eine andere Art, an der Stirne bezeichnet werden. Ihr Sold betraͤgt mehr, und ihr Anſehen iſt groͤßer, nachdem das Metall beſchaffen iſt, mit dem ihre Streit- kolbe uͤberzogen ſind. Alle dieſe Mannſchaft iſt außerleſen, und hat dieſen Rang durch ihre Tapferkeit erwerben muͤſſen. Man muß noth- wendig darunter gedienet, und ſich hervorge- than haben, wenn man zu den Wuͤrden des Staats ſteigen will. Die Geburt giebt in den mogoliſchen Heeren keinen Rang. Nur Ver- dienſte beſtimmen den Vorzug, und der Sohn eines Omrahs befindet ſich oft unter den ſchlech- teſten Soldaten. Daher erkennen auch die Mohammedaner in Indien keinen Adel, als die Abſtammung von Mohammed, die uͤberall ver- ehret wird, wo der Koran in Anſehen iſt.
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Siße des Großenmogols, beſtaͤndig erfuͤllet
ſind. Wenn ſie auch im Felde ſind; ſo ſehen
dieſe beyden Staͤdte wie wuͤſte Lager aus, die
die von einem ſtarken Heere waͤren verlaſſen
worden. Alles folget dem Hofe, und das
Quartier der Baniyanen, oder der großen Kauf-
leute ausgenommen, ſiehet das uͤbrige wie eine
oͤde Stadt aus. Unglaublich viele Marketaͤn-
der, Laſttraͤger, Sclaven, und kleine Kauf-
leute, begleiten die Heere, ihnen eben die Dien-
ſte zu leiſten, wie in den Staͤdten.
Die Leibwache, des goldenen, ſilbernen,
und des eiſernen Streitkolbes, machen auch
drey verſchiedene Compagnien aus, deren Sol-
daten bey jeder auf eine andere Art, an der
Stirne bezeichnet werden. Ihr Sold betraͤgt
mehr, und ihr Anſehen iſt groͤßer, nachdem
das Metall beſchaffen iſt, mit dem ihre Streit-
kolbe uͤberzogen ſind. Alle dieſe Mannſchaft
iſt außerleſen, und hat dieſen Rang durch ihre
Tapferkeit erwerben muͤſſen. Man muß noth-
wendig darunter gedienet, und ſich hervorge-
than haben, wenn man zu den Wuͤrden des
Staats ſteigen will. Die Geburt giebt in den
mogoliſchen Heeren keinen Rang. Nur Ver-
dienſte beſtimmen den Vorzug, und der Sohn
eines Omrahs befindet ſich oft unter den ſchlech-
teſten Soldaten. Daher erkennen auch die
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/444>, abgerufen am 25.11.2024.
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