Pforte hängt gemeiniglich eine viereckigte steiner- ne Tafel, worauf man den Namen des Götzen, dem der Tempel gewidmet ist, mit güldenen Buchstaben geschrieben, lesen kann. -- In einer gewissen Entfernung von dem Mia oder Tempelhofe sieht man ein steinernes mit Wasser angefülltes Becken, darin sich diejenigen, welche ihre Andacht verrichten wollen, vorher waschen müssen. Dem Tempel gerade gegen über, be- merkt man einen hölzernen Kasten, in welchen die Almosen gelegt werden. Der Mia oder Tempelhof an und für sich selbst betrachtet, ist ohne alle Zierrathen und Pracht: gemeiniglich viereckigt und von Holz. Er ist kaum 9 Ellen hoch und ohngefähr 3 Klaftern breit. Um den Mia herum geht eine kleine Gallerie. Der Tempel selbst ist immer verschlossen. -- Man findet auch zuweilen über der Pforte des Tem- pels eine Glocke, welche diejenigen, die ihre An- dacht verrichten wollen, vorher rühren, um da- durch den Götzen zu erinnern, daß sie nun da wären.
Der vornehmste Tempelhof an jedem Orte hat ein oder verschiedene davon abhangende Mikosi. Unter diesem Worte versteht man kleine vier-sechs- und achteckigte Capellen, die sehr sauber mit Firniß belegt, auswendig ver- guldet, inwendig mit Spiegeln und andern Zierrathen geschmückt sind.
Es ist merkwürdig, daß diese Mias oder Tempel Sintons nicht von Geistlichen, sondern
von
Pforte haͤngt gemeiniglich eine viereckigte ſteiner- ne Tafel, worauf man den Namen des Goͤtzen, dem der Tempel gewidmet iſt, mit guͤldenen Buchſtaben geſchrieben, leſen kann. — In einer gewiſſen Entfernung von dem Mia oder Tempelhofe ſieht man ein ſteinernes mit Waſſer angefuͤlltes Becken, darin ſich diejenigen, welche ihre Andacht verrichten wollen, vorher waſchen muͤſſen. Dem Tempel gerade gegen uͤber, be- merkt man einen hoͤlzernen Kaſten, in welchen die Almoſen gelegt werden. Der Mia oder Tempelhof an und fuͤr ſich ſelbſt betrachtet, iſt ohne alle Zierrathen und Pracht: gemeiniglich viereckigt und von Holz. Er iſt kaum 9 Ellen hoch und ohngefaͤhr 3 Klaftern breit. Um den Mia herum geht eine kleine Gallerie. Der Tempel ſelbſt iſt immer verſchloſſen. — Man findet auch zuweilen uͤber der Pforte des Tem- pels eine Glocke, welche diejenigen, die ihre An- dacht verrichten wollen, vorher ruͤhren, um da- durch den Goͤtzen zu erinnern, daß ſie nun da waͤren.
Der vornehmſte Tempelhof an jedem Orte hat ein oder verſchiedene davon abhangende Mikoſi. Unter dieſem Worte verſteht man kleine vier-ſechs- und achteckigte Capellen, die ſehr ſauber mit Firniß belegt, auswendig ver- guldet, inwendig mit Spiegeln und andern Zierrathen geſchmuͤckt ſind.
Es iſt merkwuͤrdig, daß dieſe Mias oder Tempel Sintons nicht von Geiſtlichen, ſondern
von
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[16/0042]
Pforte haͤngt gemeiniglich eine viereckigte ſteiner-
ne Tafel, worauf man den Namen des Goͤtzen,
dem der Tempel gewidmet iſt, mit guͤldenen
Buchſtaben geſchrieben, leſen kann. — In
einer gewiſſen Entfernung von dem Mia oder
Tempelhofe ſieht man ein ſteinernes mit Waſſer
angefuͤlltes Becken, darin ſich diejenigen, welche
ihre Andacht verrichten wollen, vorher waſchen
muͤſſen. Dem Tempel gerade gegen uͤber, be-
merkt man einen hoͤlzernen Kaſten, in welchen
die Almoſen gelegt werden. Der Mia oder
Tempelhof an und fuͤr ſich ſelbſt betrachtet, iſt
ohne alle Zierrathen und Pracht: gemeiniglich
viereckigt und von Holz. Er iſt kaum 9 Ellen
hoch und ohngefaͤhr 3 Klaftern breit. Um den
Mia herum geht eine kleine Gallerie. Der
Tempel ſelbſt iſt immer verſchloſſen. — Man
findet auch zuweilen uͤber der Pforte des Tem-
pels eine Glocke, welche diejenigen, die ihre An-
dacht verrichten wollen, vorher ruͤhren, um da-
durch den Goͤtzen zu erinnern, daß ſie nun da
waͤren.
Der vornehmſte Tempelhof an jedem Orte
hat ein oder verſchiedene davon abhangende
Mikoſi. Unter dieſem Worte verſteht man
kleine vier-ſechs- und achteckigte Capellen, die
ſehr ſauber mit Firniß belegt, auswendig ver-
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Zierrathen geſchmuͤckt ſind.
Es iſt merkwuͤrdig, daß dieſe Mias oder
Tempel Sintons nicht von Geiſtlichen, ſondern
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/42>, abgerufen am 23.11.2024.
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