genen eine unumschränkte Gewalt, nur darf er sie nicht tödten. Er bedient sich ihrer, um seine Felder und Gärten zu bauen.
Der Unterschied zwischen den Leibeigenen des Königes von Siam und seinen Untertha- nen, besteht darinn, daß jene mit ihrer Person für ihn arbeiten müßen, und dagegen ihren Un- terhalt bekommen, diese aber jährlich nur sechs Monate, aber auf ihre eigne Unkosten frohnen müßen. -- Die Leibeigenen der Unterthanen, leisten dem Könige keine Dienste. Der König leidet dabey einen wirklichen Verlust, wenn ein freyer Mensch zum Leibeigenen gemacht wird: er will aber doch diesen Verlust lieber haben, als die hergebrachte Gewohnheit ändern, oder den Lauf der Gerechtigkeit verhindern.
Eigentlich zu reden, sind die freyen Leute nur sechs Monate im Jahre frey. Die andern sechs Monate müßen sie in Person dem Staate Dienste thun, welche von der eigentlichen Skla- verey wenig unterschieden sind. Weiber und Priester sind hiervon ausgeschlossen. Diejenigen, welche sie thun müßen, können in drey Klassen abgetheilt werden. Die erste besteht darinn, welche zum Dienst des Königes gebraucht wer- den. Sie machen seine Wache aus, besorgen die Gärten, und arbeiten in den Werkstäten des Pallastes. Die von der andern Ordnung, werden zu öffentlichen Arbeiten und zur Verthei- digung des Staates gebraucht. Gehts zu Fel- de; so müßen sie selbst für ihren Unterhalt sor-
gen
genen eine unumſchraͤnkte Gewalt, nur darf er ſie nicht toͤdten. Er bedient ſich ihrer, um ſeine Felder und Gaͤrten zu bauen.
Der Unterſchied zwiſchen den Leibeigenen des Koͤniges von Siam und ſeinen Untertha- nen, beſteht darinn, daß jene mit ihrer Perſon fuͤr ihn arbeiten muͤßen, und dagegen ihren Un- terhalt bekommen, dieſe aber jaͤhrlich nur ſechs Monate, aber auf ihre eigne Unkoſten frohnen muͤßen. — Die Leibeigenen der Unterthanen, leiſten dem Koͤnige keine Dienſte. Der Koͤnig leidet dabey einen wirklichen Verluſt, wenn ein freyer Menſch zum Leibeigenen gemacht wird: er will aber doch dieſen Verluſt lieber haben, als die hergebrachte Gewohnheit aͤndern, oder den Lauf der Gerechtigkeit verhindern.
Eigentlich zu reden, ſind die freyen Leute nur ſechs Monate im Jahre frey. Die andern ſechs Monate muͤßen ſie in Perſon dem Staate Dienſte thun, welche von der eigentlichen Skla- verey wenig unterſchieden ſind. Weiber und Prieſter ſind hiervon ausgeſchloſſen. Diejenigen, welche ſie thun muͤßen, koͤnnen in drey Klaſſen abgetheilt werden. Die erſte beſteht darinn, welche zum Dienſt des Koͤniges gebraucht wer- den. Sie machen ſeine Wache aus, beſorgen die Gaͤrten, und arbeiten in den Werkſtaͤten des Pallaſtes. Die von der andern Ordnung, werden zu oͤffentlichen Arbeiten und zur Verthei- digung des Staates gebraucht. Gehts zu Fel- de; ſo muͤßen ſie ſelbſt fuͤr ihren Unterhalt ſor-
gen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0348"n="322"/>
genen eine unumſchraͤnkte Gewalt, nur darf er<lb/>ſie nicht toͤdten. Er bedient ſich ihrer, um<lb/>ſeine Felder und Gaͤrten zu bauen.</p><lb/><p>Der Unterſchied zwiſchen den Leibeigenen<lb/>
des Koͤniges von Siam und ſeinen Untertha-<lb/>
nen, beſteht darinn, daß jene mit ihrer Perſon<lb/>
fuͤr ihn arbeiten muͤßen, und dagegen ihren Un-<lb/>
terhalt bekommen, dieſe aber jaͤhrlich nur ſechs<lb/>
Monate, aber auf ihre eigne Unkoſten frohnen<lb/>
muͤßen. — Die Leibeigenen der Unterthanen,<lb/>
leiſten dem Koͤnige keine Dienſte. Der Koͤnig<lb/>
leidet dabey einen wirklichen Verluſt, wenn ein<lb/>
freyer Menſch zum Leibeigenen gemacht wird:<lb/>
er will aber doch dieſen Verluſt lieber haben,<lb/>
als die hergebrachte Gewohnheit aͤndern, oder<lb/>
den Lauf der Gerechtigkeit verhindern.</p><lb/><p>Eigentlich zu reden, ſind die freyen Leute<lb/>
nur ſechs Monate im Jahre frey. Die andern<lb/>ſechs Monate muͤßen ſie in Perſon dem Staate<lb/>
Dienſte thun, welche von der eigentlichen Skla-<lb/>
verey wenig unterſchieden ſind. Weiber und<lb/>
Prieſter ſind hiervon ausgeſchloſſen. Diejenigen,<lb/>
welche ſie thun muͤßen, koͤnnen in drey Klaſſen<lb/>
abgetheilt werden. Die erſte beſteht darinn,<lb/>
welche zum Dienſt des Koͤniges gebraucht wer-<lb/>
den. Sie machen ſeine Wache aus, beſorgen<lb/>
die Gaͤrten, und arbeiten in den Werkſtaͤten<lb/>
des Pallaſtes. Die von der andern Ordnung,<lb/>
werden zu oͤffentlichen Arbeiten und zur Verthei-<lb/>
digung des Staates gebraucht. Gehts zu Fel-<lb/>
de; ſo muͤßen ſie ſelbſt fuͤr ihren Unterhalt ſor-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">gen</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[322/0348]
genen eine unumſchraͤnkte Gewalt, nur darf er
ſie nicht toͤdten. Er bedient ſich ihrer, um
ſeine Felder und Gaͤrten zu bauen.
Der Unterſchied zwiſchen den Leibeigenen
des Koͤniges von Siam und ſeinen Untertha-
nen, beſteht darinn, daß jene mit ihrer Perſon
fuͤr ihn arbeiten muͤßen, und dagegen ihren Un-
terhalt bekommen, dieſe aber jaͤhrlich nur ſechs
Monate, aber auf ihre eigne Unkoſten frohnen
muͤßen. — Die Leibeigenen der Unterthanen,
leiſten dem Koͤnige keine Dienſte. Der Koͤnig
leidet dabey einen wirklichen Verluſt, wenn ein
freyer Menſch zum Leibeigenen gemacht wird:
er will aber doch dieſen Verluſt lieber haben,
als die hergebrachte Gewohnheit aͤndern, oder
den Lauf der Gerechtigkeit verhindern.
Eigentlich zu reden, ſind die freyen Leute
nur ſechs Monate im Jahre frey. Die andern
ſechs Monate muͤßen ſie in Perſon dem Staate
Dienſte thun, welche von der eigentlichen Skla-
verey wenig unterſchieden ſind. Weiber und
Prieſter ſind hiervon ausgeſchloſſen. Diejenigen,
welche ſie thun muͤßen, koͤnnen in drey Klaſſen
abgetheilt werden. Die erſte beſteht darinn,
welche zum Dienſt des Koͤniges gebraucht wer-
den. Sie machen ſeine Wache aus, beſorgen
die Gaͤrten, und arbeiten in den Werkſtaͤten
des Pallaſtes. Die von der andern Ordnung,
werden zu oͤffentlichen Arbeiten und zur Verthei-
digung des Staates gebraucht. Gehts zu Fel-
de; ſo muͤßen ſie ſelbſt fuͤr ihren Unterhalt ſor-
gen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/348>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.