gar in ihrer Schwangerschaft, eben diese Ope- ration an sich vornehmen lassen, um sich eine leichtere Niederkunft zu verschaffen. Ihre Arzeneyen bereiten sie aus Mineralien und Kräutern. Die Kraft und den Gebrauch der Quinquina, haben sie von den Europäern erlernt. -- Der Gebrauch des Schröpfens und der Blutygel ist ihnen bekannt: sie be- dienen sich des Aderlassens, des Trepanie- rens und anderer chirurgischen Operationen, sie sind aber genöthigt bey dieser Gelegenheit die Hülfe der Europäer zu gebrauchen. Ueber- haupt sind ihre Arzeneymittel sehr hitzig. -- Innerlich brauchen sie nichts abkühlendes, hin- gegen baden sie sich, sowohl wenn sie das Fie- ber, oder auch eine andere Krankheit haben. Es scheint auch, als wenn alles, was die na- türliche Wärme vermehrt oder zusammenhält, ihnen dienlich sey. Die Kranken genießen sonst nichts, als sehr dünne Reissuppe. -- Fleischbrühe ist in Siam tödlich, denn sie macht den Magen schlaff. Wenn man gesund ist, er- lauben die Aerzte Schweinefleisch zu essen, wel- ches hier sehr leicht zu verdauen ist.
Der Abscheu, den die Siamer für todte Körper haben, und die Gewohnheit sie zu ver- brennen, erlaubt ihnen nicht, einige anatomi- sche Untersuchungen anzustellen. Sie sind also in Ansehung der Anatomie sehr unwissend. Die Chimie ist den Siamern eben so wenig be- kannt, ob sie gleich gewaltig darauf erpicht sind,
und
gar in ihrer Schwangerſchaft, eben dieſe Ope- ration an ſich vornehmen laſſen, um ſich eine leichtere Niederkunft zu verſchaffen. Ihre Arzeneyen bereiten ſie aus Mineralien und Kraͤutern. Die Kraft und den Gebrauch der Quinquina, haben ſie von den Europaͤern erlernt. — Der Gebrauch des Schroͤpfens und der Blutygel iſt ihnen bekannt: ſie be- dienen ſich des Aderlaſſens, des Trepanie- rens und anderer chirurgiſchen Operationen, ſie ſind aber genoͤthigt bey dieſer Gelegenheit die Huͤlfe der Europaͤer zu gebrauchen. Ueber- haupt ſind ihre Arzeneymittel ſehr hitzig. — Innerlich brauchen ſie nichts abkuͤhlendes, hin- gegen baden ſie ſich, ſowohl wenn ſie das Fie- ber, oder auch eine andere Krankheit haben. Es ſcheint auch, als wenn alles, was die na- tuͤrliche Waͤrme vermehrt oder zuſammenhaͤlt, ihnen dienlich ſey. Die Kranken genießen ſonſt nichts, als ſehr duͤnne Reisſuppe. — Fleiſchbruͤhe iſt in Siam toͤdlich, denn ſie macht den Magen ſchlaff. Wenn man geſund iſt, er- lauben die Aerzte Schweinefleiſch zu eſſen, wel- ches hier ſehr leicht zu verdauen iſt.
Der Abſcheu, den die Siamer fuͤr todte Koͤrper haben, und die Gewohnheit ſie zu ver- brennen, erlaubt ihnen nicht, einige anatomi- ſche Unterſuchungen anzuſtellen. Sie ſind alſo in Anſehung der Anatomie ſehr unwiſſend. Die Chimie iſt den Siamern eben ſo wenig be- kannt, ob ſie gleich gewaltig darauf erpicht ſind,
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gar in ihrer Schwangerſchaft, eben dieſe Ope-
ration an ſich vornehmen laſſen, um ſich eine
leichtere Niederkunft zu verſchaffen. Ihre
Arzeneyen bereiten ſie aus Mineralien und
Kraͤutern. Die Kraft und den Gebrauch
der Quinquina, haben ſie von den Europaͤern
erlernt. — Der Gebrauch des Schroͤpfens
und der Blutygel iſt ihnen bekannt: ſie be-
dienen ſich des Aderlaſſens, des Trepanie-
rens und anderer chirurgiſchen Operationen,
ſie ſind aber genoͤthigt bey dieſer Gelegenheit
die Huͤlfe der Europaͤer zu gebrauchen. Ueber-
haupt ſind ihre Arzeneymittel ſehr hitzig. —
Innerlich brauchen ſie nichts abkuͤhlendes, hin-
gegen baden ſie ſich, ſowohl wenn ſie das Fie-
ber, oder auch eine andere Krankheit haben.
Es ſcheint auch, als wenn alles, was die na-
tuͤrliche Waͤrme vermehrt oder zuſammenhaͤlt,
ihnen dienlich ſey. Die Kranken genießen
ſonſt nichts, als ſehr duͤnne Reisſuppe. —
Fleiſchbruͤhe iſt in Siam toͤdlich, denn ſie macht
den Magen ſchlaff. Wenn man geſund iſt, er-
lauben die Aerzte Schweinefleiſch zu eſſen, wel-
ches hier ſehr leicht zu verdauen iſt.
Der Abſcheu, den die Siamer fuͤr todte
Koͤrper haben, und die Gewohnheit ſie zu ver-
brennen, erlaubt ihnen nicht, einige anatomi-
ſche Unterſuchungen anzuſtellen. Sie ſind alſo
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Die Chimie iſt den Siamern eben ſo wenig be-
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/338>, abgerufen am 25.11.2024.
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