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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777.

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die unsrigen: ihre Dichter haben so außeror-
dentliche Gedanken, daß in einer großen An-
zahl von Oden und siamischen Gesängen, welche
sich La Loubere überseßen ließ, er nicht eine ein-
zige fand, deren Verstand mit unsern Begrif-
fen übereingekommen wäre. Sie haben Tisch-
gesänge, verliebte, historische und moralische
Gedichte. Einer von den Brüdern des Chaou-
Narvie, sonder Zweifel derjenige, welcher we-
gen seiner Liebeshändel mit einer von den Sul-
taninnen, Stockschläge bekam, soll sehr gute
Verse gemacht, und die Musik dazu selbst com-
ponirt haben. -- Obgleich die Siamer ge-
bohrne Dichter seyn sollen; so sind sie doch
nicht im Stande eine Rede, die an einanderhän-
gend wäre, zu verfertigen.

Ihre Bücher enthalten entweder Erzählun-
gen in einem ungekünstelten Vortrage, oder
tiefsinnige Aussprüche in einer unterbrochenen
und mit vielen Bildern angefülleten Schreib-
art. -- Die Beredsamkeit und Redekunst
sind aus ihren Gerichten verbannt. Die Par-
theyen tragen den Gerichtsschreibern ihre Gründe
vor, und diese schreiben dasjenige nieder, was
man ihnen vorsagt. Wenn die Talapoinen pre-
digen; so lesen sie den balischen Text aus ihren
Büchern her, übersetzen und erklären ihn, in
siamischer Sprache, ohne die geringste redneri-
sche Zierlichkeit. Alle im gemeinen Leben übli-
che höfliche Reden, sind ohngefähr mit einerley
Worten abgefaßt.

Von

die unſrigen: ihre Dichter haben ſo außeror-
dentliche Gedanken, daß in einer großen An-
zahl von Oden und ſiamiſchen Geſaͤngen, welche
ſich La Loubere uͤberſeßen ließ, er nicht eine ein-
zige fand, deren Verſtand mit unſern Begrif-
fen uͤbereingekommen waͤre. Sie haben Tiſch-
geſaͤnge, verliebte, hiſtoriſche und moraliſche
Gedichte. Einer von den Bruͤdern des Chaou-
Narvie, ſonder Zweifel derjenige, welcher we-
gen ſeiner Liebeshaͤndel mit einer von den Sul-
taninnen, Stockſchlaͤge bekam, ſoll ſehr gute
Verſe gemacht, und die Muſik dazu ſelbſt com-
ponirt haben. — Obgleich die Siamer ge-
bohrne Dichter ſeyn ſollen; ſo ſind ſie doch
nicht im Stande eine Rede, die an einanderhaͤn-
gend waͤre, zu verfertigen.

Ihre Buͤcher enthalten entweder Erzaͤhlun-
gen in einem ungekuͤnſtelten Vortrage, oder
tiefſinnige Ausſpruͤche in einer unterbrochenen
und mit vielen Bildern angefuͤlleten Schreib-
art. — Die Beredſamkeit und Redekunſt
ſind aus ihren Gerichten verbannt. Die Par-
theyen tragen den Gerichtsſchreibern ihre Gruͤnde
vor, und dieſe ſchreiben dasjenige nieder, was
man ihnen vorſagt. Wenn die Talapoinen pre-
digen; ſo leſen ſie den baliſchen Text aus ihren
Buͤchern her, uͤberſetzen und erklaͤren ihn, in
ſiamiſcher Sprache, ohne die geringſte redneri-
ſche Zierlichkeit. Alle im gemeinen Leben uͤbli-
che hoͤfliche Reden, ſind ohngefaͤhr mit einerley
Worten abgefaßt.

Von
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[310/0336] die unſrigen: ihre Dichter haben ſo außeror- dentliche Gedanken, daß in einer großen An- zahl von Oden und ſiamiſchen Geſaͤngen, welche ſich La Loubere uͤberſeßen ließ, er nicht eine ein- zige fand, deren Verſtand mit unſern Begrif- fen uͤbereingekommen waͤre. Sie haben Tiſch- geſaͤnge, verliebte, hiſtoriſche und moraliſche Gedichte. Einer von den Bruͤdern des Chaou- Narvie, ſonder Zweifel derjenige, welcher we- gen ſeiner Liebeshaͤndel mit einer von den Sul- taninnen, Stockſchlaͤge bekam, ſoll ſehr gute Verſe gemacht, und die Muſik dazu ſelbſt com- ponirt haben. — Obgleich die Siamer ge- bohrne Dichter ſeyn ſollen; ſo ſind ſie doch nicht im Stande eine Rede, die an einanderhaͤn- gend waͤre, zu verfertigen. Ihre Buͤcher enthalten entweder Erzaͤhlun- gen in einem ungekuͤnſtelten Vortrage, oder tiefſinnige Ausſpruͤche in einer unterbrochenen und mit vielen Bildern angefuͤlleten Schreib- art. — Die Beredſamkeit und Redekunſt ſind aus ihren Gerichten verbannt. Die Par- theyen tragen den Gerichtsſchreibern ihre Gruͤnde vor, und dieſe ſchreiben dasjenige nieder, was man ihnen vorſagt. Wenn die Talapoinen pre- digen; ſo leſen ſie den baliſchen Text aus ihren Buͤchern her, uͤberſetzen und erklaͤren ihn, in ſiamiſcher Sprache, ohne die geringſte redneri- ſche Zierlichkeit. Alle im gemeinen Leben uͤbli- che hoͤfliche Reden, ſind ohngefaͤhr mit einerley Worten abgefaßt. Von

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Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/336>, abgerufen am 22.11.2024.