auf die Erde nieder zu werfen. Die Thore des Pallastes sind beständig verschlossen, und jedes hat seinen mit Gewehre versehenen Thorwächter; er trägt es aber nicht, sondern verwahrt es nur in seinem Thorstübchen. So oft jemand an- klopft, meldet es der Thorwächter dem Krieges- bedienten, welcher die Wache zwischen den ersten Zwingern hat, und ohne dessen Erlaubniß nie- mand weder ein- noch ausgelaßen wird. Wer ein Gewehr bey sich hat, oder Arrak getrunken, der wird nicht hineingelaßen, aus Furcht, ihre Gegenwart möchte diesen geheiligten Ort ent- weihen.
Im Innern des Pallasts herrscht ein tiefes Stillschweigen. Ob er gleich mit vielen Sol- daten besetzt ist, und eine Menge Mandarinen und Minister daselbst zusammen kommen; so hört man doch nicht das geringste Geräusch, und man sollte diesen Ort mit Recht für eine abgelegene Einöde halten. Es werden keine Befehle mündlich gegeben. Ein Mandarin sieht es dem Könige an seinen Bewegungen an, was er will, und diesen, durch die Bewegungen erkannten Willen des Königes, giebt der Man- darin den Bedienten, die draussen sind, durch andre Zeichen zu erkennen. Das Amt dieses Mandarins ist eines der ansehnlichsten im gan- zen Königreiche, und er soll der einzige seyn, der das Recht hat, vor dem Könige zu erschei- nen, ohne niederfallen zu dürfen. Die Hof- leute stehen gewöhnlich bey ihm in großen Gna-
den,
auf die Erde nieder zu werfen. Die Thore des Pallaſtes ſind beſtaͤndig verſchloſſen, und jedes hat ſeinen mit Gewehre verſehenen Thorwaͤchter; er traͤgt es aber nicht, ſondern verwahrt es nur in ſeinem Thorſtuͤbchen. So oft jemand an- klopft, meldet es der Thorwaͤchter dem Krieges- bedienten, welcher die Wache zwiſchen den erſten Zwingern hat, und ohne deſſen Erlaubniß nie- mand weder ein- noch ausgelaßen wird. Wer ein Gewehr bey ſich hat, oder Arrak getrunken, der wird nicht hineingelaßen, aus Furcht, ihre Gegenwart moͤchte dieſen geheiligten Ort ent- weihen.
Im Innern des Pallaſts herrſcht ein tiefes Stillſchweigen. Ob er gleich mit vielen Sol- daten beſetzt iſt, und eine Menge Mandarinen und Miniſter daſelbſt zuſammen kommen; ſo hoͤrt man doch nicht das geringſte Geraͤuſch, und man ſollte dieſen Ort mit Recht fuͤr eine abgelegene Einoͤde halten. Es werden keine Befehle muͤndlich gegeben. Ein Mandarin ſieht es dem Koͤnige an ſeinen Bewegungen an, was er will, und dieſen, durch die Bewegungen erkannten Willen des Koͤniges, giebt der Man- darin den Bedienten, die drauſſen ſind, durch andre Zeichen zu erkennen. Das Amt dieſes Mandarins iſt eines der anſehnlichſten im gan- zen Koͤnigreiche, und er ſoll der einzige ſeyn, der das Recht hat, vor dem Koͤnige zu erſchei- nen, ohne niederfallen zu duͤrfen. Die Hof- leute ſtehen gewoͤhnlich bey ihm in großen Gna-
den,
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auf die Erde nieder zu werfen. Die Thore des
Pallaſtes ſind beſtaͤndig verſchloſſen, und jedes
hat ſeinen mit Gewehre verſehenen Thorwaͤchter;
er traͤgt es aber nicht, ſondern verwahrt es nur
in ſeinem Thorſtuͤbchen. So oft jemand an-
klopft, meldet es der Thorwaͤchter dem Krieges-
bedienten, welcher die Wache zwiſchen den erſten
Zwingern hat, und ohne deſſen Erlaubniß nie-
mand weder ein- noch ausgelaßen wird. Wer
ein Gewehr bey ſich hat, oder Arrak getrunken,
der wird nicht hineingelaßen, aus Furcht, ihre
Gegenwart moͤchte dieſen geheiligten Ort ent-
weihen.
Im Innern des Pallaſts herrſcht ein tiefes
Stillſchweigen. Ob er gleich mit vielen Sol-
daten beſetzt iſt, und eine Menge Mandarinen
und Miniſter daſelbſt zuſammen kommen; ſo
hoͤrt man doch nicht das geringſte Geraͤuſch,
und man ſollte dieſen Ort mit Recht fuͤr eine
abgelegene Einoͤde halten. Es werden keine
Befehle muͤndlich gegeben. Ein Mandarin
ſieht es dem Koͤnige an ſeinen Bewegungen an,
was er will, und dieſen, durch die Bewegungen
erkannten Willen des Koͤniges, giebt der Man-
darin den Bedienten, die drauſſen ſind, durch
andre Zeichen zu erkennen. Das Amt dieſes
Mandarins iſt eines der anſehnlichſten im gan-
zen Koͤnigreiche, und er ſoll der einzige ſeyn,
der das Recht hat, vor dem Koͤnige zu erſchei-
nen, ohne niederfallen zu duͤrfen. Die Hof-
leute ſtehen gewoͤhnlich bey ihm in großen Gna-
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/322>, abgerufen am 22.11.2024.
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