fallen, und sich einige Augenblicke sehen läßt. Alsdann hält der junge Mensch durch einen sei- ner Verwandten um sie an, und man wird um den Preis einig, den der Schwiegersohn dem Schwiegervater, an Schafen, Kameelen oder Pferden geben soll, denn niemals wird um Geld gehandelt. Der Preis aber ist allezeit nach den Verdiensten und Eigenschaften des Mädchens, nach dem Ansehen der Familie, und nach dem Vermögen dessen, der sich angiebt, eingerichtet.
Wenn die Partheyen einig sind; so ver- sammelt sich das Frauenzimmer von beyden Fa- milien in dem Zelte der Braut, und führet sie ins Bad; man beräuchert sie, mahlt ihr die Augenbraunen schwarz, und die Nägel roth; man drückt ihr allerley Merkmale auf den Leib. Hernach wird sie so kostbar als möglich angezo- gen, mit Armbändern, Ringen und Schau- stücken behangen -- es versteht sich, wenn die Familie wohlhabend ist -- und auf ihre ganze Kleidung Goldstaub gestreut.
Wenn sie nun so geputzt ist, so setzt man sie auf ein Kameel, welches mit einer Decke behan- gen und mit Blättern und Blumen geziert ist. Man führt sie unter Vocal- und Instrumental- musik in das Zelt, wo die Hochzeit soll vollzo- gen werden. Das Frauenzimmer begleitet sie dahin, und die Männer, bey welchen sich der Bräutigam aufhält, versammeln sich besonders
in
fallen, und ſich einige Augenblicke ſehen laͤßt. Alsdann haͤlt der junge Menſch durch einen ſei- ner Verwandten um ſie an, und man wird um den Preis einig, den der Schwiegerſohn dem Schwiegervater, an Schafen, Kameelen oder Pferden geben ſoll, denn niemals wird um Geld gehandelt. Der Preis aber iſt allezeit nach den Verdienſten und Eigenſchaften des Maͤdchens, nach dem Anſehen der Familie, und nach dem Vermoͤgen deſſen, der ſich angiebt, eingerichtet.
Wenn die Partheyen einig ſind; ſo ver- ſammelt ſich das Frauenzimmer von beyden Fa- milien in dem Zelte der Braut, und fuͤhret ſie ins Bad; man beraͤuchert ſie, mahlt ihr die Augenbraunen ſchwarz, und die Naͤgel roth; man druͤckt ihr allerley Merkmale auf den Leib. Hernach wird ſie ſo koſtbar als moͤglich angezo- gen, mit Armbaͤndern, Ringen und Schau- ſtuͤcken behangen — es verſteht ſich, wenn die Familie wohlhabend iſt — und auf ihre ganze Kleidung Goldſtaub geſtreut.
Wenn ſie nun ſo geputzt iſt, ſo ſetzt man ſie auf ein Kameel, welches mit einer Decke behan- gen und mit Blaͤttern und Blumen geziert iſt. Man fuͤhrt ſie unter Vocal- und Inſtrumental- muſik in das Zelt, wo die Hochzeit ſoll vollzo- gen werden. Das Frauenzimmer begleitet ſie dahin, und die Maͤnner, bey welchen ſich der Braͤutigam aufhaͤlt, verſammeln ſich beſonders
in
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0294"n="268"/>
fallen, und ſich einige Augenblicke ſehen laͤßt.<lb/>
Alsdann haͤlt der junge Menſch durch einen ſei-<lb/>
ner Verwandten um ſie an, und man wird um<lb/>
den Preis einig, den der Schwiegerſohn dem<lb/>
Schwiegervater, an Schafen, Kameelen oder<lb/>
Pferden geben ſoll, denn niemals wird um Geld<lb/>
gehandelt. Der Preis aber iſt allezeit nach den<lb/>
Verdienſten und Eigenſchaften des Maͤdchens,<lb/>
nach dem Anſehen der Familie, und nach dem<lb/>
Vermoͤgen deſſen, der ſich angiebt, eingerichtet.</p><lb/><p>Wenn die Partheyen einig ſind; ſo ver-<lb/>ſammelt ſich das Frauenzimmer von beyden Fa-<lb/>
milien in dem Zelte der Braut, und fuͤhret ſie<lb/>
ins Bad; man beraͤuchert ſie, mahlt ihr die<lb/>
Augenbraunen ſchwarz, und die Naͤgel roth;<lb/>
man druͤckt ihr allerley Merkmale auf den Leib.<lb/>
Hernach wird ſie ſo koſtbar als moͤglich angezo-<lb/>
gen, mit Armbaͤndern, Ringen und Schau-<lb/>ſtuͤcken behangen — es verſteht ſich, wenn die<lb/>
Familie wohlhabend iſt — und auf ihre ganze<lb/>
Kleidung Goldſtaub geſtreut.</p><lb/><p>Wenn ſie nun ſo geputzt iſt, ſo ſetzt man ſie<lb/>
auf ein Kameel, welches mit einer Decke behan-<lb/>
gen und mit Blaͤttern und Blumen geziert iſt.<lb/>
Man fuͤhrt ſie unter Vocal- und Inſtrumental-<lb/>
muſik in das Zelt, wo die Hochzeit ſoll vollzo-<lb/>
gen werden. Das Frauenzimmer begleitet ſie<lb/>
dahin, und die Maͤnner, bey welchen ſich der<lb/>
Braͤutigam aufhaͤlt, verſammeln ſich beſonders<lb/><fwplace="bottom"type="catch">in</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[268/0294]
fallen, und ſich einige Augenblicke ſehen laͤßt.
Alsdann haͤlt der junge Menſch durch einen ſei-
ner Verwandten um ſie an, und man wird um
den Preis einig, den der Schwiegerſohn dem
Schwiegervater, an Schafen, Kameelen oder
Pferden geben ſoll, denn niemals wird um Geld
gehandelt. Der Preis aber iſt allezeit nach den
Verdienſten und Eigenſchaften des Maͤdchens,
nach dem Anſehen der Familie, und nach dem
Vermoͤgen deſſen, der ſich angiebt, eingerichtet.
Wenn die Partheyen einig ſind; ſo ver-
ſammelt ſich das Frauenzimmer von beyden Fa-
milien in dem Zelte der Braut, und fuͤhret ſie
ins Bad; man beraͤuchert ſie, mahlt ihr die
Augenbraunen ſchwarz, und die Naͤgel roth;
man druͤckt ihr allerley Merkmale auf den Leib.
Hernach wird ſie ſo koſtbar als moͤglich angezo-
gen, mit Armbaͤndern, Ringen und Schau-
ſtuͤcken behangen — es verſteht ſich, wenn die
Familie wohlhabend iſt — und auf ihre ganze
Kleidung Goldſtaub geſtreut.
Wenn ſie nun ſo geputzt iſt, ſo ſetzt man ſie
auf ein Kameel, welches mit einer Decke behan-
gen und mit Blaͤttern und Blumen geziert iſt.
Man fuͤhrt ſie unter Vocal- und Inſtrumental-
muſik in das Zelt, wo die Hochzeit ſoll vollzo-
gen werden. Das Frauenzimmer begleitet ſie
dahin, und die Maͤnner, bey welchen ſich der
Braͤutigam aufhaͤlt, verſammeln ſich beſonders
in
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/294>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.