Von Gabeln weiß man nichts; sie sagen: Mo- hammed hätte denjenigen Ablaß versprochen, die mit drey Fingern äßen. Und aus diesem Grun- de nehmen sie alles Fleisch mit den Fingern, doch nur mit der rechten Hand, weil sie die Linke gebrauchen, um sich nach Verrichtung der natürlichen Nothwendigkeit zu waschen. Da auch das Fleisch in Stücken geschnitten und so weich gekocht wird, daß es leicht zerfällt; so gebrauchen sie ebenfalls kein Messer. Die Suppe, das gekochte Fleisch, die Braten, Ne- bengerichte, Sallat, Obst -- werden alle auf einmal aufgetragen. Man ißt, ohne zu trin- ken,*) man müßte denn außerordentlichen Durst haben, und alsdann Wasser fodern. Nach der Mahlzeit, wenn sie aufstehen, wird gebetet;**) hernach läßt man sich zu trinken geben, und wäscht die Hände mit Seife. Zu- letzt wird Kaffee getrunken und ein Pfeifchen gestopft.
Die Unreinlichkeit beym Essen ist unter dem gemeinen Volke noch gewöhnlicher. Sie thun das Fleisch, Reis und den Pilau, Hände voll
in
*) Die Aerzte versichern, daß das Trinken unter der Mahlzeit nichts tauge. Die Bedouinen beobachten diese Regel, so viel als möglich, und vielleicht ist dieß auch eine Mitursache, war- um sie nicht so oft krank sind, als die Eu- ropäer. --
**) An unsern vornehmen Tafeln ist das nicht Mode!
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Von Gabeln weiß man nichts; ſie ſagen: Mo- hammed haͤtte denjenigen Ablaß verſprochen, die mit drey Fingern aͤßen. Und aus dieſem Grun- de nehmen ſie alles Fleiſch mit den Fingern, doch nur mit der rechten Hand, weil ſie die Linke gebrauchen, um ſich nach Verrichtung der natuͤrlichen Nothwendigkeit zu waſchen. Da auch das Fleiſch in Stuͤcken geſchnitten und ſo weich gekocht wird, daß es leicht zerfaͤllt; ſo gebrauchen ſie ebenfalls kein Meſſer. Die Suppe, das gekochte Fleiſch, die Braten, Ne- bengerichte, Sallat, Obſt — werden alle auf einmal aufgetragen. Man ißt, ohne zu trin- ken,*) man muͤßte denn außerordentlichen Durſt haben, und alsdann Waſſer fodern. Nach der Mahlzeit, wenn ſie aufſtehen, wird gebetet;**) hernach laͤßt man ſich zu trinken geben, und waͤſcht die Haͤnde mit Seife. Zu- letzt wird Kaffee getrunken und ein Pfeifchen geſtopft.
Die Unreinlichkeit beym Eſſen iſt unter dem gemeinen Volke noch gewoͤhnlicher. Sie thun das Fleiſch, Reis und den Pilau, Haͤnde voll
in
*) Die Aerzte verſichern, daß das Trinken unter der Mahlzeit nichts tauge. Die Bedouinen beobachten dieſe Regel, ſo viel als moͤglich, und vielleicht iſt dieß auch eine Miturſache, war- um ſie nicht ſo oft krank ſind, als die Eu- ropaͤer. —
**) An unſern vornehmen Tafeln iſt das nicht Mode!
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Von Gabeln weiß man nichts; ſie ſagen: Mo-
hammed haͤtte denjenigen Ablaß verſprochen, die
mit drey Fingern aͤßen. Und aus dieſem Grun-
de nehmen ſie alles Fleiſch mit den Fingern,
doch nur mit der rechten Hand, weil ſie die
Linke gebrauchen, um ſich nach Verrichtung
der natuͤrlichen Nothwendigkeit zu waſchen.
Da auch das Fleiſch in Stuͤcken geſchnitten
und ſo weich gekocht wird, daß es leicht zerfaͤllt;
ſo gebrauchen ſie ebenfalls kein Meſſer. Die
Suppe, das gekochte Fleiſch, die Braten, Ne-
bengerichte, Sallat, Obſt — werden alle auf
einmal aufgetragen. Man ißt, ohne zu trin-
ken, *) man muͤßte denn außerordentlichen
Durſt haben, und alsdann Waſſer fodern.
Nach der Mahlzeit, wenn ſie aufſtehen, wird
gebetet; **) hernach laͤßt man ſich zu trinken
geben, und waͤſcht die Haͤnde mit Seife. Zu-
letzt wird Kaffee getrunken und ein Pfeifchen
geſtopft.
Die Unreinlichkeit beym Eſſen iſt unter dem
gemeinen Volke noch gewoͤhnlicher. Sie thun
das Fleiſch, Reis und den Pilau, Haͤnde voll
in
*) Die Aerzte verſichern, daß das Trinken unter
der Mahlzeit nichts tauge. Die Bedouinen
beobachten dieſe Regel, ſo viel als moͤglich,
und vielleicht iſt dieß auch eine Miturſache, war-
um ſie nicht ſo oft krank ſind, als die Eu-
ropaͤer. —
**) An unſern vornehmen Tafeln iſt das nicht
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/289>, abgerufen am 22.11.2024.
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