durchgewirkt. Sie haben Küssen von Sammt, Tuch oder Atlaß, nach Art der Türken. Un- ter ihre Bettdecken werden große weisse Tücher genäht, das Bett-Tuch aber ist allezeit von ge- streifter Leinewand. -- Die Bedouinen schla- fen nicht leicht ohne Nachtbeinkleider: dieß er- fodert die Bescheidenheit. Es wäre ein Zeichen der gröbsten Unverschämtheit, wenn man ei- nem andern etwas nackendes zeigen wollte. Auch die Kinder dürfen diese Bescheidenheit nicht verletzen, und läßt es sich ein Kind bey- gehen ohne Beinkleider etwa zu schwimmen; so züchtigt man's aufs härteste, und zwar nicht, wie bey uns, mit der Ruthe, -- sondern man giebt ihm die Ruthe auf die Fußsohlen.
So bescheiden sie nun aber in ihrem Aeußer- lichen sind, so unreinlich sind sie dagegen bey ihren Essen.
Bey den Emirs und Schechs besteht der Tisch aus einem großen rundgeschnittenen Stück Leder, das auf die Erde gebreitet wird. Die Teller und Schüsseln sind von Kupfer, die Löf- fel von Holz, die Tassen von Silber, oder von ächten und unächten Porcelain, oder von Mes- sing. -- Ehrbahre, und mehr als gemeine Leute, sitzen bey Tische mit kreuzweisgelegten Beinen, fast wie unsre Schneider; das gemei- ne Volk aber kniet, und sitzt auf den Fersen. Es ist nicht gebräuchlich ein Tischtuch aufzu- decken, sondern man setzt die Schüsseln auf das Leder, und um diese herum legt man die Löffel.
Von
durchgewirkt. Sie haben Kuͤſſen von Sammt, Tuch oder Atlaß, nach Art der Tuͤrken. Un- ter ihre Bettdecken werden große weiſſe Tuͤcher genaͤht, das Bett-Tuch aber iſt allezeit von ge- ſtreifter Leinewand. — Die Bedouinen ſchla- fen nicht leicht ohne Nachtbeinkleider: dieß er- fodert die Beſcheidenheit. Es waͤre ein Zeichen der groͤbſten Unverſchaͤmtheit, wenn man ei- nem andern etwas nackendes zeigen wollte. Auch die Kinder duͤrfen dieſe Beſcheidenheit nicht verletzen, und laͤßt es ſich ein Kind bey- gehen ohne Beinkleider etwa zu ſchwimmen; ſo zuͤchtigt man’s aufs haͤrteſte, und zwar nicht, wie bey uns, mit der Ruthe, — ſondern man giebt ihm die Ruthe auf die Fußſohlen.
So beſcheiden ſie nun aber in ihrem Aeußer- lichen ſind, ſo unreinlich ſind ſie dagegen bey ihren Eſſen.
Bey den Emirs und Schechs beſteht der Tiſch aus einem großen rundgeſchnittenen Stuͤck Leder, das auf die Erde gebreitet wird. Die Teller und Schuͤſſeln ſind von Kupfer, die Loͤf- fel von Holz, die Taſſen von Silber, oder von aͤchten und unaͤchten Porcelain, oder von Meſ- ſing. — Ehrbahre, und mehr als gemeine Leute, ſitzen bey Tiſche mit kreuzweisgelegten Beinen, faſt wie unſre Schneider; das gemei- ne Volk aber kniet, und ſitzt auf den Ferſen. Es iſt nicht gebraͤuchlich ein Tiſchtuch aufzu- decken, ſondern man ſetzt die Schuͤſſeln auf das Leder, und um dieſe herum legt man die Loͤffel.
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durchgewirkt. Sie haben Kuͤſſen von Sammt,
Tuch oder Atlaß, nach Art der Tuͤrken. Un-
ter ihre Bettdecken werden große weiſſe Tuͤcher
genaͤht, das Bett-Tuch aber iſt allezeit von ge-
ſtreifter Leinewand. — Die Bedouinen ſchla-
fen nicht leicht ohne Nachtbeinkleider: dieß er-
fodert die Beſcheidenheit. Es waͤre ein Zeichen
der groͤbſten Unverſchaͤmtheit, wenn man ei-
nem andern etwas nackendes zeigen wollte.
Auch die Kinder duͤrfen dieſe Beſcheidenheit
nicht verletzen, und laͤßt es ſich ein Kind bey-
gehen ohne Beinkleider etwa zu ſchwimmen; ſo
zuͤchtigt man’s aufs haͤrteſte, und zwar nicht,
wie bey uns, mit der Ruthe, — ſondern man
giebt ihm die Ruthe auf die Fußſohlen.
So beſcheiden ſie nun aber in ihrem Aeußer-
lichen ſind, ſo unreinlich ſind ſie dagegen bey
ihren Eſſen.
Bey den Emirs und Schechs beſteht der
Tiſch aus einem großen rundgeſchnittenen Stuͤck
Leder, das auf die Erde gebreitet wird. Die
Teller und Schuͤſſeln ſind von Kupfer, die Loͤf-
fel von Holz, die Taſſen von Silber, oder von
aͤchten und unaͤchten Porcelain, oder von Meſ-
ſing. — Ehrbahre, und mehr als gemeine
Leute, ſitzen bey Tiſche mit kreuzweisgelegten
Beinen, faſt wie unſre Schneider; das gemei-
ne Volk aber kniet, und ſitzt auf den Ferſen.
Es iſt nicht gebraͤuchlich ein Tiſchtuch aufzu-
decken, ſondern man ſetzt die Schuͤſſeln auf das
Leder, und um dieſe herum legt man die Loͤffel.
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/288>, abgerufen am 25.11.2024.
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