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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777.

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wird ein Europäer noch immer glauben, daß
der arme Mohammedaner keine Frau werde fin-
den können. Indessen bemerkt man doch die-
sen Mangel nicht. Es scheint vielmehr, daß
ein armer Mohammedaner mit wenigern Kosten
eine Frau erhalten könne, als ein armer Christ
in Europa. -- In den morgenländischen
Städten sind auch vielmehr Bediente und Sol-
daten verheyrathet, als in den europäischen.
Ueberdieß haben die Mohammedaner an lieder-
lichen Weibsleuten keinen Mangel. Diese ha-
ben in einigen großen Städten so gar Freyheit,
ihr Handwerk gegen eine gewisse Abgabe an die
Obrigkeit öffentlich zu treiben *).

Wenn man nach der Ursache fragt; warum
die Mohammedaner bey der Vielweiberey den-
noch keinen Mangel an Weibern haben? so
weiß sie unser Reisebeschreiber nirgends zu su-
chen, als in den Sitten und der Denkungsart
ihrer Weiber. Es ist itzt noch allen Morgen-
länderinnen sehr unangenehm, wenn sie mit ei-
nem unfruchtbaren Baume verglichen werden

können,
*) Dieß ist überhaupt in ganz Asien sehr gewöhn-
lich. Man hat sich eben nicht sehr drüber zu
wundern, daß die Araber die öffentlichen lieder-
lichen Häuser unter sich dulden, weil ihre Reli-
gion hiergegen nicht streitet, vielmehr zur Lie-
derlichkeit einladet. Wie man aber die Huren-
häuser in einem wohleingerichteten europäischen
Staate dulden, und sie privilegiren kann, steht
wahrhaftig nicht zu begreifen.

wird ein Europaͤer noch immer glauben, daß
der arme Mohammedaner keine Frau werde fin-
den koͤnnen. Indeſſen bemerkt man doch die-
ſen Mangel nicht. Es ſcheint vielmehr, daß
ein armer Mohammedaner mit wenigern Koſten
eine Frau erhalten koͤnne, als ein armer Chriſt
in Europa. — In den morgenlaͤndiſchen
Staͤdten ſind auch vielmehr Bediente und Sol-
daten verheyrathet, als in den europaͤiſchen.
Ueberdieß haben die Mohammedaner an lieder-
lichen Weibsleuten keinen Mangel. Dieſe ha-
ben in einigen großen Staͤdten ſo gar Freyheit,
ihr Handwerk gegen eine gewiſſe Abgabe an die
Obrigkeit oͤffentlich zu treiben *).

Wenn man nach der Urſache fragt; warum
die Mohammedaner bey der Vielweiberey den-
noch keinen Mangel an Weibern haben? ſo
weiß ſie unſer Reiſebeſchreiber nirgends zu ſu-
chen, als in den Sitten und der Denkungsart
ihrer Weiber. Es iſt itzt noch allen Morgen-
laͤnderinnen ſehr unangenehm, wenn ſie mit ei-
nem unfruchtbaren Baume verglichen werden

koͤnnen,
*) Dieß iſt uͤberhaupt in ganz Aſien ſehr gewoͤhn-
lich. Man hat ſich eben nicht ſehr druͤber zu
wundern, daß die Araber die oͤffentlichen lieder-
lichen Haͤuſer unter ſich dulden, weil ihre Reli-
gion hiergegen nicht ſtreitet, vielmehr zur Lie-
derlichkeit einladet. Wie man aber die Huren-
haͤuſer in einem wohleingerichteten europaͤiſchen
Staate dulden, und ſie privilegiren kann, ſteht
wahrhaftig nicht zu begreifen.
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[212/0238] wird ein Europaͤer noch immer glauben, daß der arme Mohammedaner keine Frau werde fin- den koͤnnen. Indeſſen bemerkt man doch die- ſen Mangel nicht. Es ſcheint vielmehr, daß ein armer Mohammedaner mit wenigern Koſten eine Frau erhalten koͤnne, als ein armer Chriſt in Europa. — In den morgenlaͤndiſchen Staͤdten ſind auch vielmehr Bediente und Sol- daten verheyrathet, als in den europaͤiſchen. Ueberdieß haben die Mohammedaner an lieder- lichen Weibsleuten keinen Mangel. Dieſe ha- ben in einigen großen Staͤdten ſo gar Freyheit, ihr Handwerk gegen eine gewiſſe Abgabe an die Obrigkeit oͤffentlich zu treiben *). Wenn man nach der Urſache fragt; warum die Mohammedaner bey der Vielweiberey den- noch keinen Mangel an Weibern haben? ſo weiß ſie unſer Reiſebeſchreiber nirgends zu ſu- chen, als in den Sitten und der Denkungsart ihrer Weiber. Es iſt itzt noch allen Morgen- laͤnderinnen ſehr unangenehm, wenn ſie mit ei- nem unfruchtbaren Baume verglichen werden koͤnnen, *) Dieß iſt uͤberhaupt in ganz Aſien ſehr gewoͤhn- lich. Man hat ſich eben nicht ſehr druͤber zu wundern, daß die Araber die oͤffentlichen lieder- lichen Haͤuſer unter ſich dulden, weil ihre Reli- gion hiergegen nicht ſtreitet, vielmehr zur Lie- derlichkeit einladet. Wie man aber die Huren- haͤuſer in einem wohleingerichteten europaͤiſchen Staate dulden, und ſie privilegiren kann, ſteht wahrhaftig nicht zu begreifen.

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Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/238>, abgerufen am 28.11.2024.