Die Morgenländer haben nicht nur verschie- dene Moden in ihrer Kleidung, sondern auch in der Manier ihren Bart wachsen zu lassen. Die Juden in der Türkey, Arabien und Per- sien, lassen alle ihren Bart, von Anfang an, wachsen, und dieser ist allezeit darin von den Bärten der Christen und Mohammedaner ver- schieden, daß die Juden ihn vor den Ohren und an den Schläfen nicht abscheeren, anstatt, daß die Bärte der übrigen oben spitz zu laufen. Die Araber halten den Knebelbart ganz kurz, und einige scheeren ihn ganz weg, den eigentlichen Bart aber niemals. In der bergigten Gegend von Jemen, wo man nicht gewohnt ist, Frem- de zu sehen, scheint es so gar eine Schande zu seyn, mit einem geschornen Barte zu gehen.
Unser Verfasser versichert, keinen von ara- bischen Vorfahren gebohrnen Araber gesehen zu haben, der nicht in seinen besten Jahren, einen schwarzen Bart gehabt hätte. Dagegen hat er einige alte angetroffen, die ihren weißen Bart roth angefärbt hatten, man sagte aber, daß sie dadurch ihr Alter verbergen wollten. Diese Gewohnheit wird also mehr getadelt, als für schön gehalten. Die Perser färben ihren schon schwarzen Bart, oft noch schwärzer, und fah- ren damit wahrscheinlich auch in ihrem Alter fort, um noch immer ein junges Ansehen zu haben. Für einen ehrbaren Türken wird es für unanständig gehalten, seinen Bart schwarz zu färben, indessen sollen es doch viele Vorneh-
me
Die Morgenlaͤnder haben nicht nur verſchie- dene Moden in ihrer Kleidung, ſondern auch in der Manier ihren Bart wachſen zu laſſen. Die Juden in der Tuͤrkey, Arabien und Per- ſien, laſſen alle ihren Bart, von Anfang an, wachſen, und dieſer iſt allezeit darin von den Baͤrten der Chriſten und Mohammedaner ver- ſchieden, daß die Juden ihn vor den Ohren und an den Schlaͤfen nicht abſcheeren, anſtatt, daß die Baͤrte der uͤbrigen oben ſpitz zu laufen. Die Araber halten den Knebelbart ganz kurz, und einige ſcheeren ihn ganz weg, den eigentlichen Bart aber niemals. In der bergigten Gegend von Jemen, wo man nicht gewohnt iſt, Frem- de zu ſehen, ſcheint es ſo gar eine Schande zu ſeyn, mit einem geſchornen Barte zu gehen.
Unſer Verfaſſer verſichert, keinen von ara- biſchen Vorfahren gebohrnen Araber geſehen zu haben, der nicht in ſeinen beſten Jahren, einen ſchwarzen Bart gehabt haͤtte. Dagegen hat er einige alte angetroffen, die ihren weißen Bart roth angefaͤrbt hatten, man ſagte aber, daß ſie dadurch ihr Alter verbergen wollten. Dieſe Gewohnheit wird alſo mehr getadelt, als fuͤr ſchoͤn gehalten. Die Perſer faͤrben ihren ſchon ſchwarzen Bart, oft noch ſchwaͤrzer, und fah- ren damit wahrſcheinlich auch in ihrem Alter fort, um noch immer ein junges Anſehen zu haben. Fuͤr einen ehrbaren Tuͤrken wird es fuͤr unanſtaͤndig gehalten, ſeinen Bart ſchwarz zu faͤrben, indeſſen ſollen es doch viele Vorneh-
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Die Morgenlaͤnder haben nicht nur verſchie-
dene Moden in ihrer Kleidung, ſondern auch
in der Manier ihren Bart wachſen zu laſſen.
Die Juden in der Tuͤrkey, Arabien und Per-
ſien, laſſen alle ihren Bart, von Anfang an,
wachſen, und dieſer iſt allezeit darin von den
Baͤrten der Chriſten und Mohammedaner ver-
ſchieden, daß die Juden ihn vor den Ohren und
an den Schlaͤfen nicht abſcheeren, anſtatt, daß
die Baͤrte der uͤbrigen oben ſpitz zu laufen. Die
Araber halten den Knebelbart ganz kurz, und
einige ſcheeren ihn ganz weg, den eigentlichen
Bart aber niemals. In der bergigten Gegend
von Jemen, wo man nicht gewohnt iſt, Frem-
de zu ſehen, ſcheint es ſo gar eine Schande zu
ſeyn, mit einem geſchornen Barte zu gehen.
Unſer Verfaſſer verſichert, keinen von ara-
biſchen Vorfahren gebohrnen Araber geſehen zu
haben, der nicht in ſeinen beſten Jahren, einen
ſchwarzen Bart gehabt haͤtte. Dagegen hat er
einige alte angetroffen, die ihren weißen Bart
roth angefaͤrbt hatten, man ſagte aber, daß ſie
dadurch ihr Alter verbergen wollten. Dieſe
Gewohnheit wird alſo mehr getadelt, als fuͤr
ſchoͤn gehalten. Die Perſer faͤrben ihren ſchon
ſchwarzen Bart, oft noch ſchwaͤrzer, und fah-
ren damit wahrſcheinlich auch in ihrem Alter
fort, um noch immer ein junges Anſehen zu
haben. Fuͤr einen ehrbaren Tuͤrken wird es
fuͤr unanſtaͤndig gehalten, ſeinen Bart ſchwarz
zu faͤrben, indeſſen ſollen es doch viele Vorneh-
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/220>, abgerufen am 22.11.2024.
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