[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777.es sey denn, daß die gewählte Lection im Koran Eine der vornehmsten Pflichten, desjenigen, In *) Wenn man es nun versuchen wollte, eine Pa-
rallele zwischen der Andacht eines Muselmanns, und der eines Christen zu ziehen. -- Hilf Him- mel! wie würde es da manchmal klappen. Je- doch es sey mir vergönnt, hier eine Anmerkung zu machen, die leyder wahr, und für Christen wahrhaftig entehrend ist. Ich meine nemlich, die Ehrfurcht gegen Gott und Aufmerksamkeit, wenn religiöse Dinge der Gegenstand der Be- schäftigung ist, scheint bey dem größesten Thei- le der Christen nicht mehr zu Hause zu seyn. Vie- le unsrer Christen gehen nur -- wenn es so weit es ſey denn, daß die gewaͤhlte Lection im Koran Eine der vornehmſten Pflichten, desjenigen, In *) Wenn man es nun verſuchen wollte, eine Pa-
rallele zwiſchen der Andacht eines Muſelmanns, und der eines Chriſten zu ziehen. — Hilf Him- mel! wie wuͤrde es da manchmal klappen. Je- doch es ſey mir vergoͤnnt, hier eine Anmerkung zu machen, die leyder wahr, und fuͤr Chriſten wahrhaftig entehrend iſt. Ich meine nemlich, die Ehrfurcht gegen Gott und Aufmerkſamkeit, wenn religioͤſe Dinge der Gegenſtand der Be- ſchaͤftigung iſt, ſcheint bey dem groͤßeſten Thei- le der Chriſten nicht mehr zu Hauſe zu ſeyn. Vie- le unſrer Chriſten gehen nur — wenn es ſo weit <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0192" n="166"/> es ſey denn, daß die gewaͤhlte Lection im Koran<lb/> groͤßer waͤre.</p><lb/> <p>Eine der vornehmſten Pflichten, desjenigen,<lb/> der ſeine Andacht verrichtet, beſteht darinn, daß<lb/> er die tiefſte Aufmerkſamkeit dabey beobachtet.<lb/> Ein Wort, ein unmaͤßiges Lachen, ein ſtarkes<lb/> Huſten, wenn es gleich wider Willen geſchieht,<lb/> und man ſichs nicht erwaͤhren kann, machen,<lb/> daß das Gebet nicht die gehoͤrige Kraft hat, und<lb/> man ſieht ſich in die Nothwendigkeit verſetzt,<lb/> das Gebet wieder von vorne anzufangen. Alle<lb/> Reiſebeſchreiber verſichern, daß die Verrichtung<lb/> der Andacht bey den Muſelmaͤnnern, ungemein<lb/> erbaulich ſey. Sie beten mit außerordentlicher<lb/> Ehrfurcht, und man kann nicht genug die De-<lb/> muth und Aufmerkſamkeit, bey Verrichtung<lb/> ihres Gottesdienſtes bewundern. Ihren Augen<lb/> legen ſie die gehoͤrigen Feſſeln an, und ihre Be-<lb/> wegungen des Koͤrpers ſind genau abgemeſſen <note xml:id="note-0192" next="note-0193" place="foot" n="*)">Wenn man es nun verſuchen wollte, eine Pa-<lb/> rallele zwiſchen der Andacht eines Muſelmanns,<lb/> und der eines Chriſten zu ziehen. — Hilf Him-<lb/> mel! wie wuͤrde es da manchmal klappen. Je-<lb/> doch es ſey mir vergoͤnnt, hier eine Anmerkung<lb/> zu machen, die leyder wahr, und fuͤr Chriſten<lb/> wahrhaftig entehrend iſt. Ich meine nemlich,<lb/> die Ehrfurcht gegen Gott und Aufmerkſamkeit,<lb/> wenn religioͤſe Dinge der Gegenſtand der Be-<lb/> ſchaͤftigung iſt, ſcheint bey dem groͤßeſten Thei-<lb/> le der Chriſten nicht mehr zu Hauſe zu ſeyn. Vie-<lb/> le unſrer Chriſten gehen nur — wenn es ſo<lb/> <fw place="bottom" type="catch">weit</fw></note>.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">In</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [166/0192]
es ſey denn, daß die gewaͤhlte Lection im Koran
groͤßer waͤre.
Eine der vornehmſten Pflichten, desjenigen,
der ſeine Andacht verrichtet, beſteht darinn, daß
er die tiefſte Aufmerkſamkeit dabey beobachtet.
Ein Wort, ein unmaͤßiges Lachen, ein ſtarkes
Huſten, wenn es gleich wider Willen geſchieht,
und man ſichs nicht erwaͤhren kann, machen,
daß das Gebet nicht die gehoͤrige Kraft hat, und
man ſieht ſich in die Nothwendigkeit verſetzt,
das Gebet wieder von vorne anzufangen. Alle
Reiſebeſchreiber verſichern, daß die Verrichtung
der Andacht bey den Muſelmaͤnnern, ungemein
erbaulich ſey. Sie beten mit außerordentlicher
Ehrfurcht, und man kann nicht genug die De-
muth und Aufmerkſamkeit, bey Verrichtung
ihres Gottesdienſtes bewundern. Ihren Augen
legen ſie die gehoͤrigen Feſſeln an, und ihre Be-
wegungen des Koͤrpers ſind genau abgemeſſen *).
In
*) Wenn man es nun verſuchen wollte, eine Pa-
rallele zwiſchen der Andacht eines Muſelmanns,
und der eines Chriſten zu ziehen. — Hilf Him-
mel! wie wuͤrde es da manchmal klappen. Je-
doch es ſey mir vergoͤnnt, hier eine Anmerkung
zu machen, die leyder wahr, und fuͤr Chriſten
wahrhaftig entehrend iſt. Ich meine nemlich,
die Ehrfurcht gegen Gott und Aufmerkſamkeit,
wenn religioͤſe Dinge der Gegenſtand der Be-
ſchaͤftigung iſt, ſcheint bey dem groͤßeſten Thei-
le der Chriſten nicht mehr zu Hauſe zu ſeyn. Vie-
le unſrer Chriſten gehen nur — wenn es ſo
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