Gesinnung dieses Mannes, ihm Genugthuung zu verschaffen, so gut es möglich war. Man ward einig, daß der Beleidiger dem Beleidigten seine eigne Tochter mit einer bestimmten Aus- steuer an Geld, Pferden, Waffen u. d. gl. ge- ben sollte. Dieser hörte zwar nachher auf, wei- ter Rache zu suchen; aber der Beleidiger selbst, durfte doch niemals wieder vor den Augen sei- nes neuen Schwiegersohns erscheinen.
Die Araber bezeigen sich viel höflicher gegen Fremde, als die Türken. Die Europäer kön- nen in Jemen und Oman, desgleichen in Per- sien fast eben so viel Höflichkeit, von den Ein- gebohrnen erwarten, als wir diesen Mohamme- danern erzeigen würden, wenn sie nach Europa kommen sollten. Und wenn man gleich daselbst Leute antrift, die sich unhöflich gegen Fremde bezeigen; so findet man vielleicht auch europäi- sche Reisende, die dadurch Gelegenheit dazu gegeben haben, daß sie sich selbst für wichtige Leute, alle Mohammedaner aber für gering ge- halten, und weder die Sitten des Landes ge- kannt haben, noch sich darnach richten wollen. Weil die Mohammedaner in allen Städten, wo europäische Kaufleute angetroffen werden, weni- ger Zoll von ihnen, als von ihren eignen Un- terthanen nehmen; so sollte man doch fast glau- ben, daß wenigstens diejenigen, welche daselbst Antheil an der Regierung haben, sich auch in andern Fällen bemühen, die Freundschaft der Europäer zu erhalten.
Bey
Geſinnung dieſes Mannes, ihm Genugthuung zu verſchaffen, ſo gut es moͤglich war. Man ward einig, daß der Beleidiger dem Beleidigten ſeine eigne Tochter mit einer beſtimmten Aus- ſteuer an Geld, Pferden, Waffen u. d. gl. ge- ben ſollte. Dieſer hoͤrte zwar nachher auf, wei- ter Rache zu ſuchen; aber der Beleidiger ſelbſt, durfte doch niemals wieder vor den Augen ſei- nes neuen Schwiegerſohns erſcheinen.
Die Araber bezeigen ſich viel hoͤflicher gegen Fremde, als die Tuͤrken. Die Europaͤer koͤn- nen in Jemen und Omân, desgleichen in Per- ſien faſt eben ſo viel Hoͤflichkeit, von den Ein- gebohrnen erwarten, als wir dieſen Mohamme- danern erzeigen wuͤrden, wenn ſie nach Europa kommen ſollten. Und wenn man gleich daſelbſt Leute antrift, die ſich unhoͤflich gegen Fremde bezeigen; ſo findet man vielleicht auch europaͤi- ſche Reiſende, die dadurch Gelegenheit dazu gegeben haben, daß ſie ſich ſelbſt fuͤr wichtige Leute, alle Mohammedaner aber fuͤr gering ge- halten, und weder die Sitten des Landes ge- kannt haben, noch ſich darnach richten wollen. Weil die Mohammedaner in allen Staͤdten, wo europaͤiſche Kaufleute angetroffen werden, weni- ger Zoll von ihnen, als von ihren eignen Un- terthanen nehmen; ſo ſollte man doch faſt glau- ben, daß wenigſtens diejenigen, welche daſelbſt Antheil an der Regierung haben, ſich auch in andern Faͤllen bemuͤhen, die Freundſchaft der Europaͤer zu erhalten.
Bey
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Geſinnung dieſes Mannes, ihm Genugthuung
zu verſchaffen, ſo gut es moͤglich war. Man
ward einig, daß der Beleidiger dem Beleidigten
ſeine eigne Tochter mit einer beſtimmten Aus-
ſteuer an Geld, Pferden, Waffen u. d. gl. ge-
ben ſollte. Dieſer hoͤrte zwar nachher auf, wei-
ter Rache zu ſuchen; aber der Beleidiger ſelbſt,
durfte doch niemals wieder vor den Augen ſei-
nes neuen Schwiegerſohns erſcheinen.
Die Araber bezeigen ſich viel hoͤflicher gegen
Fremde, als die Tuͤrken. Die Europaͤer koͤn-
nen in Jemen und Omân, desgleichen in Per-
ſien faſt eben ſo viel Hoͤflichkeit, von den Ein-
gebohrnen erwarten, als wir dieſen Mohamme-
danern erzeigen wuͤrden, wenn ſie nach Europa
kommen ſollten. Und wenn man gleich daſelbſt
Leute antrift, die ſich unhoͤflich gegen Fremde
bezeigen; ſo findet man vielleicht auch europaͤi-
ſche Reiſende, die dadurch Gelegenheit dazu
gegeben haben, daß ſie ſich ſelbſt fuͤr wichtige
Leute, alle Mohammedaner aber fuͤr gering ge-
halten, und weder die Sitten des Landes ge-
kannt haben, noch ſich darnach richten wollen.
Weil die Mohammedaner in allen Staͤdten, wo
europaͤiſche Kaufleute angetroffen werden, weni-
ger Zoll von ihnen, als von ihren eignen Un-
terthanen nehmen; ſo ſollte man doch faſt glau-
ben, daß wenigſtens diejenigen, welche daſelbſt
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Bey
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/153>, abgerufen am 22.11.2024.
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