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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776.

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bindung mit Mannspersonen zu enthalten.
Diese Zeit nennen sie die Tage der Reinigung.
-- Zweytens können die Perser auch nach ih-
ren Gesetzen die gekauften Weiber, oder
Sclaven, zu ihrer Maitresse machen. Diese
nennt man Canize'. Sie haben vor den Ge-
mietheten große Vorzüge. Man räumt ihnen
ein von den übrigen Sclavinnen abgesondertes
Zimmer ein, und giebt ihnen die beste Aufwar-
tung. Werden sie aber schwanger; so hört
die Verbindung als Sclavinn auf, und wer-
den als Mütter der Familie angesehen. --
Drittens gehen sie eine rechtmäßige Verbi[n-]
dung mit Frauenzimmern ein, welche Nekaa
genannt werden. Mohammed hat einem je-
den Muselmann zugestanden, sich vier Weiber,
wenn er sie ernähren kann, nehmen zu dürfen.
Allein gemeiniglich pflegen sich die Perser nicht
mit so vielen zu bemengen, theils wegen der vie-
len Unordnungen, welche die Begierde Aller zu
befehlen verursacht, theils und hauptsächlich
aber wegen der ungeheuren Kosten, die sie be-
würken. Aus diesen Ursachen sind die gekauf-
ten Weiber oder Sclavinnen, über die sie frey-
lich mehr Gewalt ausüben dürfen, als über ihre
rechtmäßigen Frauen, am gewöhnlichsten.

Mit dem Heyrathen geht es in Persien eben
so, wie in einigen andern Ländern des Orients.
Man gebraucht nämlich zu diesen Unterhand-
lungen gewisse dazu brauchbare Weiber: Denn
das neue Ehepaar kennt sich gemeiniglich wei-

ter
D 5

bindung mit Mannsperſonen zu enthalten.
Dieſe Zeit nennen ſie die Tage der Reinigung.
Zweytens koͤnnen die Perſer auch nach ih-
ren Geſetzen die gekauften Weiber, oder
Sclaven, zu ihrer Maitreſſe machen. Dieſe
nennt man Canize’. Sie haben vor den Ge-
mietheten große Vorzuͤge. Man raͤumt ihnen
ein von den uͤbrigen Sclavinnen abgeſondertes
Zimmer ein, und giebt ihnen die beſte Aufwar-
tung. Werden ſie aber ſchwanger; ſo hoͤrt
die Verbindung als Sclavinn auf, und wer-
den als Muͤtter der Familie angeſehen. —
Drittens gehen ſie eine rechtmaͤßige Verbi[n-]
dung mit Frauenzimmern ein, welche Nekaa
genannt werden. Mohammed hat einem je-
den Muſelmann zugeſtanden, ſich vier Weiber,
wenn er ſie ernaͤhren kann, nehmen zu duͤrfen.
Allein gemeiniglich pflegen ſich die Perſer nicht
mit ſo vielen zu bemengen, theils wegen der vie-
len Unordnungen, welche die Begierde Aller zu
befehlen verurſacht, theils und hauptſaͤchlich
aber wegen der ungeheuren Koſten, die ſie be-
wuͤrken. Aus dieſen Urſachen ſind die gekauf-
ten Weiber oder Sclavinnen, uͤber die ſie frey-
lich mehr Gewalt ausuͤben duͤrfen, als uͤber ihre
rechtmaͤßigen Frauen, am gewoͤhnlichſten.

Mit dem Heyrathen geht es in Perſien eben
ſo, wie in einigen andern Laͤndern des Orients.
Man gebraucht naͤmlich zu dieſen Unterhand-
lungen gewiſſe dazu brauchbare Weiber: Denn
das neue Ehepaar kennt ſich gemeiniglich wei-

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[57/0077] bindung mit Mannsperſonen zu enthalten. Dieſe Zeit nennen ſie die Tage der Reinigung. — Zweytens koͤnnen die Perſer auch nach ih- ren Geſetzen die gekauften Weiber, oder Sclaven, zu ihrer Maitreſſe machen. Dieſe nennt man Canize’. Sie haben vor den Ge- mietheten große Vorzuͤge. Man raͤumt ihnen ein von den uͤbrigen Sclavinnen abgeſondertes Zimmer ein, und giebt ihnen die beſte Aufwar- tung. Werden ſie aber ſchwanger; ſo hoͤrt die Verbindung als Sclavinn auf, und wer- den als Muͤtter der Familie angeſehen. — Drittens gehen ſie eine rechtmaͤßige Verbin- dung mit Frauenzimmern ein, welche Nekaa genannt werden. Mohammed hat einem je- den Muſelmann zugeſtanden, ſich vier Weiber, wenn er ſie ernaͤhren kann, nehmen zu duͤrfen. Allein gemeiniglich pflegen ſich die Perſer nicht mit ſo vielen zu bemengen, theils wegen der vie- len Unordnungen, welche die Begierde Aller zu befehlen verurſacht, theils und hauptſaͤchlich aber wegen der ungeheuren Koſten, die ſie be- wuͤrken. Aus dieſen Urſachen ſind die gekauf- ten Weiber oder Sclavinnen, uͤber die ſie frey- lich mehr Gewalt ausuͤben duͤrfen, als uͤber ihre rechtmaͤßigen Frauen, am gewoͤhnlichſten. Mit dem Heyrathen geht es in Perſien eben ſo, wie in einigen andern Laͤndern des Orients. Man gebraucht naͤmlich zu dieſen Unterhand- lungen gewiſſe dazu brauchbare Weiber: Denn das neue Ehepaar kennt ſich gemeiniglich wei- ter D 5

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Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/77>, abgerufen am 24.11.2024.