Wir kommen itzt zur Seiden- und Wol- lenmanufactur der Chineser. -- Unter allen chinesischen Provinzen ist wohl keine, die es der Provinz Tche-Kyang -- wenn sie gleich für die kleineste im ganzen Reiche gehalten wird -- an Reichthum zuvorthäte Ihr vornehm- ster Reichthum besteht in der Seidenmanufa- ctur, welche von den Reisebeschreibern einhel- lig für die beste im Reiche gehalten wird. Auf ihren Feldern sieht man fast nichts anders, als Maulbeerbäume, die wie die Weinstöcke ange- bauet und beschnitten werden. Diese Gewohn- heit hat aus der Erfahrung ihren Ursprung, weil sie nämlich aus den Blättern der kleinen Bäu me, die beste Seide ziehen. -- Die Pro- vinz Tche-Kyang liefert nicht nur Seide für das ganze chinesische Reich, Japan und die philippinischen Eyländer, sondern sie versieht auch mit selbiger ganz Indien. Die Hollän- der kaufen von dieser Seide, ihres Werths we- gen, so viel, als sie nur immer auftreiben können. An Weisse, Glanz und Feinheit hat sie vor allen andern große Vorzüge. -- Italien empfieng ehemals die Seide aus Grie- chenland. Die Griechen hatten den Persern die Zubereitung derselben zu danken, und die Perser hatten es von den Chinesern gelernt, wie sie Seidenwürmer auferziehen, und die Seide davon zubereiten sollten -- Man er- zählt, daß die Einwohner der Provinz Tche- Kyang vor ihrer Bebauung, bloß mit Fellen
wären
Wir kommen itzt zur Seiden- und Wol- lenmanufactur der Chineſer. — Unter allen chineſiſchen Provinzen iſt wohl keine, die es der Provinz Tche-Kyang — wenn ſie gleich fuͤr die kleineſte im ganzen Reiche gehalten wird — an Reichthum zuvorthaͤte Ihr vornehm- ſter Reichthum beſteht in der Seidenmanufa- ctur, welche von den Reiſebeſchreibern einhel- lig fuͤr die beſte im Reiche gehalten wird. Auf ihren Feldern ſieht man faſt nichts anders, als Maulbeerbaͤume, die wie die Weinſtoͤcke ange- bauet und beſchnitten werden. Dieſe Gewohn- heit hat aus der Erfahrung ihren Urſprung, weil ſie naͤmlich aus den Blaͤttern der kleinen Baͤu me, die beſte Seide ziehen. — Die Pro- vinz Tche-Kyang liefert nicht nur Seide fuͤr das ganze chineſiſche Reich, Japan und die philippiniſchen Eylaͤnder, ſondern ſie verſieht auch mit ſelbiger ganz Indien. Die Hollaͤn- der kaufen von dieſer Seide, ihres Werths we- gen, ſo viel, als ſie nur immer auftreiben koͤnnen. An Weiſſe, Glanz und Feinheit hat ſie vor allen andern große Vorzuͤge. — Italien empfieng ehemals die Seide aus Grie- chenland. Die Griechen hatten den Perſern die Zubereitung derſelben zu danken, und die Perſer hatten es von den Chineſern gelernt, wie ſie Seidenwuͤrmer auferziehen, und die Seide davon zubereiten ſollten — Man er- zaͤhlt, daß die Einwohner der Provinz Tche- Kyang vor ihrer Bebauung, bloß mit Fellen
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Wir kommen itzt zur Seiden- und Wol-
lenmanufactur der Chineſer. — Unter allen
chineſiſchen Provinzen iſt wohl keine, die es
der Provinz Tche-Kyang — wenn ſie gleich
fuͤr die kleineſte im ganzen Reiche gehalten
wird — an Reichthum zuvorthaͤte Ihr vornehm-
ſter Reichthum beſteht in der Seidenmanufa-
ctur, welche von den Reiſebeſchreibern einhel-
lig fuͤr die beſte im Reiche gehalten wird. Auf
ihren Feldern ſieht man faſt nichts anders, als
Maulbeerbaͤume, die wie die Weinſtoͤcke ange-
bauet und beſchnitten werden. Dieſe Gewohn-
heit hat aus der Erfahrung ihren Urſprung,
weil ſie naͤmlich aus den Blaͤttern der kleinen
Baͤu me, die beſte Seide ziehen. — Die Pro-
vinz Tche-Kyang liefert nicht nur Seide fuͤr
das ganze chineſiſche Reich, Japan und die
philippiniſchen Eylaͤnder, ſondern ſie verſieht
auch mit ſelbiger ganz Indien. Die Hollaͤn-
der kaufen von dieſer Seide, ihres Werths we-
gen, ſo viel, als ſie nur immer auftreiben
koͤnnen. An Weiſſe, Glanz und Feinheit hat
ſie vor allen andern große Vorzuͤge. —
Italien empfieng ehemals die Seide aus Grie-
chenland. Die Griechen hatten den Perſern
die Zubereitung derſelben zu danken, und die
Perſer hatten es von den Chineſern gelernt,
wie ſie Seidenwuͤrmer auferziehen, und die
Seide davon zubereiten ſollten — Man er-
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/262>, abgerufen am 26.11.2024.
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