für eine verdächtige Person gehalten zu wer- den, mit einer weissen Schminke zu übertün- chen, wodurch ihre Gesichter in der Folge eben die Runzeln bekommen, wie man es gemein- hin an unsern Hofdamen u. s. w. sieht. -- Man pflegt ihnen schon in ihrer zarten Ju- gend die Füße stark zu binden, und das Wachs- thum derselben zu hemmen. Denn kleine Füße machen die größte Zierrath des Frauen- zimmers aus. Sie sehen die Unbequemlich- keit hiervon sehr gut ein: aber die Macht der Erziehung hat sie so gefesselt, und die Mode so tyrannisirt, daß sie sich gerne alles gefallen las- sen, und sich allen Uebeln aussetzen. Sie sind überhaupt so eitel, daß sie, so wie das euro- päische Frauenzimmer, den Morgen einige Stunden lang mit ihrem Putze vertändeln. -- Wenn man fragt, woher die Gewohnheit der Chineser in Ansehung der kleinen Füße? so kann man darauf nicht mit Gewißheit ant- worten. Einige sind der Meynung, der Ur- sprung dieser sonderbaren Gewohnheit sey da- her gekommen, um das Frauenzimmer mehr im Zaum, in guter Ordnung erhalten zu kön- nen. Vielleicht aber könnte man mit mehre- rer Wahrscheinlichkeit sagen, daß die Chineser die Absicht dabey mögen gehabt haben, um die Begierde des Herumlaufens dadurch zu vermin- dern, und daß das beschwerliche Gehen ihre Ein- kerkerung erleichtern möchte.
Was
fuͤr eine verdaͤchtige Perſon gehalten zu wer- den, mit einer weiſſen Schminke zu uͤbertuͤn- chen, wodurch ihre Geſichter in der Folge eben die Runzeln bekommen, wie man es gemein- hin an unſern Hofdamen u. ſ. w. ſieht. — Man pflegt ihnen ſchon in ihrer zarten Ju- gend die Fuͤße ſtark zu binden, und das Wachs- thum derſelben zu hemmen. Denn kleine Fuͤße machen die groͤßte Zierrath des Frauen- zimmers aus. Sie ſehen die Unbequemlich- keit hiervon ſehr gut ein: aber die Macht der Erziehung hat ſie ſo gefeſſelt, und die Mode ſo tyranniſirt, daß ſie ſich gerne alles gefallen laſ- ſen, und ſich allen Uebeln ausſetzen. Sie ſind uͤberhaupt ſo eitel, daß ſie, ſo wie das euro- paͤiſche Frauenzimmer, den Morgen einige Stunden lang mit ihrem Putze vertaͤndeln. — Wenn man fragt, woher die Gewohnheit der Chineſer in Anſehung der kleinen Fuͤße? ſo kann man darauf nicht mit Gewißheit ant- worten. Einige ſind der Meynung, der Ur- ſprung dieſer ſonderbaren Gewohnheit ſey da- her gekommen, um das Frauenzimmer mehr im Zaum, in guter Ordnung erhalten zu koͤn- nen. Vielleicht aber koͤnnte man mit mehre- rer Wahrſcheinlichkeit ſagen, daß die Chineſer die Abſicht dabey moͤgen gehabt haben, um die Begierde des Herumlaufens dadurch zu vermin- dern, und daß das beſchwerliche Gehen ihre Ein- kerkerung erleichtern moͤchte.
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[202/0222]
fuͤr eine verdaͤchtige Perſon gehalten zu wer-
den, mit einer weiſſen Schminke zu uͤbertuͤn-
chen, wodurch ihre Geſichter in der Folge eben
die Runzeln bekommen, wie man es gemein-
hin an unſern Hofdamen u. ſ. w. ſieht. —
Man pflegt ihnen ſchon in ihrer zarten Ju-
gend die Fuͤße ſtark zu binden, und das Wachs-
thum derſelben zu hemmen. Denn kleine
Fuͤße machen die groͤßte Zierrath des Frauen-
zimmers aus. Sie ſehen die Unbequemlich-
keit hiervon ſehr gut ein: aber die Macht der
Erziehung hat ſie ſo gefeſſelt, und die Mode ſo
tyranniſirt, daß ſie ſich gerne alles gefallen laſ-
ſen, und ſich allen Uebeln ausſetzen. Sie ſind
uͤberhaupt ſo eitel, daß ſie, ſo wie das euro-
paͤiſche Frauenzimmer, den Morgen einige
Stunden lang mit ihrem Putze vertaͤndeln. —
Wenn man fragt, woher die Gewohnheit der
Chineſer in Anſehung der kleinen Fuͤße? ſo
kann man darauf nicht mit Gewißheit ant-
worten. Einige ſind der Meynung, der Ur-
ſprung dieſer ſonderbaren Gewohnheit ſey da-
her gekommen, um das Frauenzimmer mehr
im Zaum, in guter Ordnung erhalten zu koͤn-
nen. Vielleicht aber koͤnnte man mit mehre-
rer Wahrſcheinlichkeit ſagen, daß die Chineſer
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/222>, abgerufen am 22.11.2024.
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