in großem Werthe. So würde es uns z. E. sehr sonderbar vorkommen, wenn uns unser Besuch, beym Weggehen, wenigstens eine hal- be Stunde mit leeren Komplimenten auf halten wollte. Aber bey den Chinesern sind das noth- wendige Erfordernisse! Der Hausherr pflegt, bey ihnen, seinen Gast vor die Thüre zu begleiten, und wünscht ihn zu Pferde sitzen zu sehen. Der Gast hingegen wünscht lieber, daß Him- mel und Erde eher vergehen möchten, als sich vor ihm aufsetzen zu müssen Wenn nun der Hausherr nichts ausrichten kann; so begiebt er sich auf einen Augenblick weg, kehrt aber so gleich zurück so bald er glaubt, daß sich sein Gast aufs Pferd gesetzt habe. Dieß giebt denn wieder zu neuen Umständen die beste Gelegen- heit. Endlich, wenn der Fremde einige Zeit fort ist; so wird ihm auch manchmal ein Be- dienter nachgeschickt, der ihn nochmal von Sei- ten seines Herrn bekomplimentiren muß. Die- se Höfl[i]chkeitsbezeugung geht wie Du Halde versichert, bey den Kaufleuten sonderlich im Schwange, zumal, wenn sie ihren Gast mit gu- ter Manier haben betrügen oder vervortheilen können.
In Ansehung der Gestalt, Farbe und Ge- sichtsbildung sind die Chineser von einander sehr verschieden. Und dieß ist auch in einem Lan- de sehr natürlich, wo das Klima von so man- cherley Temperatur ist. So sind z. E. die mit- ternächtlichen Einwohner des Landes so schön,
wie
in großem Werthe. So wuͤrde es uns z. E. ſehr ſonderbar vorkommen, wenn uns unſer Beſuch, beym Weggehen, wenigſtens eine hal- be Stunde mit leeren Komplimenten auf halten wollte. Aber bey den Chineſern ſind das noth- wendige Erforderniſſe! Der Hausherr pflegt, bey ihnen, ſeinen Gaſt vor die Thuͤre zu begleiten, und wuͤnſcht ihn zu Pferde ſitzen zu ſehen. Der Gaſt hingegen wuͤnſcht lieber, daß Him- mel und Erde eher vergehen moͤchten, als ſich vor ihm aufſetzen zu muͤſſen Wenn nun der Hausherr nichts ausrichten kann; ſo begiebt er ſich auf einen Augenblick weg, kehrt aber ſo gleich zuruͤck ſo bald er glaubt, daß ſich ſein Gaſt aufs Pferd geſetzt habe. Dieß giebt denn wieder zu neuen Umſtaͤnden die beſte Gelegen- heit. Endlich, wenn der Fremde einige Zeit fort iſt; ſo wird ihm auch manchmal ein Be- dienter nachgeſchickt, der ihn nochmal von Sei- ten ſeines Herrn bekomplimentiren muß. Die- ſe Hoͤfl[i]chkeitsbezeugung geht wie Du Halde verſichert, bey den Kaufleuten ſonderlich im Schwange, zumal, wenn ſie ihren Gaſt mit gu- ter Manier haben betruͤgen oder vervortheilen koͤnnen.
In Anſehung der Geſtalt, Farbe und Ge- ſichtsbildung ſind die Chineſer von einander ſehr verſchieden. Und dieß iſt auch in einem Lan- de ſehr natuͤrlich, wo das Klima von ſo man- cherley Temperatur iſt. So ſind z. E. die mit- ternaͤchtlichen Einwohner des Landes ſo ſchoͤn,
wie
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0220"n="200"/>
in großem Werthe. So wuͤrde es uns z. E.<lb/>ſehr ſonderbar vorkommen, wenn uns unſer<lb/>
Beſuch, beym Weggehen, wenigſtens eine hal-<lb/>
be Stunde mit leeren Komplimenten auf halten<lb/>
wollte. Aber bey den Chineſern ſind das noth-<lb/>
wendige Erforderniſſe! Der Hausherr pflegt, bey<lb/>
ihnen, ſeinen Gaſt vor die Thuͤre zu begleiten,<lb/>
und wuͤnſcht ihn zu Pferde ſitzen zu ſehen.<lb/>
Der Gaſt hingegen wuͤnſcht lieber, daß Him-<lb/>
mel und Erde eher vergehen moͤchten, als ſich<lb/>
vor ihm aufſetzen zu muͤſſen Wenn nun der<lb/>
Hausherr nichts ausrichten kann; ſo begiebt<lb/>
er ſich auf einen Augenblick weg, kehrt aber ſo<lb/>
gleich zuruͤck ſo bald er glaubt, daß ſich ſein<lb/>
Gaſt aufs Pferd geſetzt habe. Dieß giebt denn<lb/>
wieder zu neuen Umſtaͤnden die beſte Gelegen-<lb/>
heit. Endlich, wenn der Fremde einige Zeit<lb/>
fort iſt; ſo wird ihm auch manchmal ein Be-<lb/>
dienter nachgeſchickt, der ihn nochmal von Sei-<lb/>
ten ſeines Herrn bekomplimentiren muß. Die-<lb/>ſe Hoͤfl<supplied>i</supplied>chkeitsbezeugung geht wie <hirendition="#fr">Du Halde</hi><lb/>
verſichert, bey den Kaufleuten ſonderlich im<lb/>
Schwange, zumal, wenn ſie ihren Gaſt mit gu-<lb/>
ter Manier haben betruͤgen oder vervortheilen<lb/>
koͤnnen.</p><lb/><p>In Anſehung der Geſtalt, Farbe und Ge-<lb/>ſichtsbildung ſind die Chineſer von einander<lb/>ſehr verſchieden. Und dieß iſt auch in einem Lan-<lb/>
de ſehr natuͤrlich, wo das Klima von ſo man-<lb/>
cherley Temperatur iſt. So ſind z. E. die mit-<lb/>
ternaͤchtlichen Einwohner des Landes ſo ſchoͤn,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">wie</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[200/0220]
in großem Werthe. So wuͤrde es uns z. E.
ſehr ſonderbar vorkommen, wenn uns unſer
Beſuch, beym Weggehen, wenigſtens eine hal-
be Stunde mit leeren Komplimenten auf halten
wollte. Aber bey den Chineſern ſind das noth-
wendige Erforderniſſe! Der Hausherr pflegt, bey
ihnen, ſeinen Gaſt vor die Thuͤre zu begleiten,
und wuͤnſcht ihn zu Pferde ſitzen zu ſehen.
Der Gaſt hingegen wuͤnſcht lieber, daß Him-
mel und Erde eher vergehen moͤchten, als ſich
vor ihm aufſetzen zu muͤſſen Wenn nun der
Hausherr nichts ausrichten kann; ſo begiebt
er ſich auf einen Augenblick weg, kehrt aber ſo
gleich zuruͤck ſo bald er glaubt, daß ſich ſein
Gaſt aufs Pferd geſetzt habe. Dieß giebt denn
wieder zu neuen Umſtaͤnden die beſte Gelegen-
heit. Endlich, wenn der Fremde einige Zeit
fort iſt; ſo wird ihm auch manchmal ein Be-
dienter nachgeſchickt, der ihn nochmal von Sei-
ten ſeines Herrn bekomplimentiren muß. Die-
ſe Hoͤflichkeitsbezeugung geht wie Du Halde
verſichert, bey den Kaufleuten ſonderlich im
Schwange, zumal, wenn ſie ihren Gaſt mit gu-
ter Manier haben betruͤgen oder vervortheilen
koͤnnen.
In Anſehung der Geſtalt, Farbe und Ge-
ſichtsbildung ſind die Chineſer von einander
ſehr verſchieden. Und dieß iſt auch in einem Lan-
de ſehr natuͤrlich, wo das Klima von ſo man-
cherley Temperatur iſt. So ſind z. E. die mit-
ternaͤchtlichen Einwohner des Landes ſo ſchoͤn,
wie
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/220>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.