Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

"Ebenbild Gottes halten. -- Das Feuer,
"sagen sie, ist das Licht, das Licht ist Gott.
"Dieß sagen sie ganz genau; aber sie loben
"hernach das Feuer, das Licht und Gott, und
"halten darüber einen so confusen Discours,
"daß man nicht das geringste verstehet, und
"sich nach und nach wegschleichet. Dem ohn-
"geachtet behaupten sie immer, daß sie das
"Feuer an geheiligten Oertern, seit den Zeiten
"des Keyomerse, ersten Königs in Persien,
"bewahren. Aber man kann weder diesen ge-
"heiligten Ort, noch ihren Altar, noch ihren
"Dienst sehen. Daher wäre nun wohl die
"Folgerung nicht unrecht, wenn man behau-
"ptete: daß alles, was man von diesem alten
"Feuer sagt, nichts, als Täuschung sey."

"Die Guebers in Indien sagen, daß die-
"ses ewige Feuer nicht unter ihnen, sondern
"in Persien sey. Und die persischen Guebers
"sind wegen des Orts, wo es brennen soll,
"nicht einig, indem sie bald sagen, daß es zu
"Kirma, bald zu Yezd, und bald auf einem
"gewissen Berge in diesem Lande sey. -- Ue-
"berhaupt ist alles, was man davon weiß, so
"zweifelhaft, daß man von allem, was darü-
"ber geschrieben ist, nichts gewisses glauben
"kann.

"Sie beten gemeiniglich bey dem Feuer,
"und erweisen demselben andere äußerliche Ver-
"ehrungen. Ihr vornehmster Tempel befin-
"det sich neben Yezd. Dieß ist ihr großes

"Atech-

Ebenbild Gottes halten. — Das Feuer,
„ſagen ſie, iſt das Licht, das Licht iſt Gott.
„Dieß ſagen ſie ganz genau; aber ſie loben
„hernach das Feuer, das Licht und Gott, und
„halten daruͤber einen ſo confuſen Diſcours,
„daß man nicht das geringſte verſtehet, und
„ſich nach und nach wegſchleichet. Dem ohn-
„geachtet behaupten ſie immer, daß ſie das
„Feuer an geheiligten Oertern, ſeit den Zeiten
„des Keyomerſe, erſten Koͤnigs in Perſien,
„bewahren. Aber man kann weder dieſen ge-
„heiligten Ort, noch ihren Altar, noch ihren
„Dienſt ſehen. Daher waͤre nun wohl die
„Folgerung nicht unrecht, wenn man behau-
„ptete: daß alles, was man von dieſem alten
„Feuer ſagt, nichts, als Taͤuſchung ſey.„

„Die Guebers in Indien ſagen, daß die-
„ſes ewige Feuer nicht unter ihnen, ſondern
„in Perſien ſey. Und die perſiſchen Guebers
„ſind wegen des Orts, wo es brennen ſoll,
„nicht einig, indem ſie bald ſagen, daß es zu
Kirma, bald zu Yezd, und bald auf einem
„gewiſſen Berge in dieſem Lande ſey. — Ue-
„berhaupt iſt alles, was man davon weiß, ſo
„zweifelhaft, daß man von allem, was daruͤ-
„ber geſchrieben iſt, nichts gewiſſes glauben
„kann.

„Sie beten gemeiniglich bey dem Feuer,
„und erweiſen demſelben andere aͤußerliche Ver-
„ehrungen. Ihr vornehmſter Tempel befin-
„det ſich neben Yezd. Dieß iſt ihr großes

Atech-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0179" n="159"/>
&#x201E;<hi rendition="#fr">Ebenbild Gottes</hi> halten. &#x2014; Das Feuer,<lb/>
&#x201E;&#x017F;agen &#x017F;ie, i&#x017F;t das <hi rendition="#fr">Licht,</hi> das Licht i&#x017F;t Gott.<lb/>
&#x201E;Dieß &#x017F;agen &#x017F;ie ganz genau; aber &#x017F;ie loben<lb/>
&#x201E;hernach das Feuer, das Licht und Gott, und<lb/>
&#x201E;halten daru&#x0364;ber einen &#x017F;o confu&#x017F;en Di&#x017F;cours,<lb/>
&#x201E;daß man nicht das gering&#x017F;te ver&#x017F;tehet, und<lb/>
&#x201E;&#x017F;ich nach und nach weg&#x017F;chleichet. Dem ohn-<lb/>
&#x201E;geachtet behaupten &#x017F;ie immer, daß &#x017F;ie das<lb/>
&#x201E;Feuer an geheiligten Oertern, &#x017F;eit den Zeiten<lb/>
&#x201E;des Keyomer&#x017F;e, er&#x017F;ten Ko&#x0364;nigs in Per&#x017F;ien,<lb/>
&#x201E;bewahren. Aber man kann weder die&#x017F;en ge-<lb/>
&#x201E;heiligten Ort, noch ihren Altar, noch ihren<lb/>
&#x201E;Dien&#x017F;t &#x017F;ehen. Daher wa&#x0364;re nun wohl die<lb/>
&#x201E;Folgerung nicht unrecht, wenn man behau-<lb/>
&#x201E;ptete: daß alles, was man von die&#x017F;em alten<lb/>
&#x201E;Feuer &#x017F;agt, nichts, als Ta&#x0364;u&#x017F;chung &#x017F;ey.&#x201E;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Die Guebers in Indien &#x017F;agen, daß die-<lb/>
&#x201E;&#x017F;es <hi rendition="#fr">ewige Feuer</hi> nicht unter ihnen, &#x017F;ondern<lb/>
&#x201E;in Per&#x017F;ien &#x017F;ey. Und die per&#x017F;i&#x017F;chen Guebers<lb/>
&#x201E;&#x017F;ind wegen des Orts, wo es brennen &#x017F;oll,<lb/>
&#x201E;nicht einig, indem &#x017F;ie bald &#x017F;agen, daß es zu<lb/>
&#x201E;<hi rendition="#fr">Kirma,</hi> bald zu <hi rendition="#fr">Yezd,</hi> und bald auf einem<lb/>
&#x201E;gewi&#x017F;&#x017F;en Berge in die&#x017F;em Lande &#x017F;ey. &#x2014; Ue-<lb/>
&#x201E;berhaupt i&#x017F;t alles, was man davon weiß, &#x017F;o<lb/>
&#x201E;zweifelhaft, daß man von allem, was daru&#x0364;-<lb/>
&#x201E;ber ge&#x017F;chrieben i&#x017F;t, nichts gewi&#x017F;&#x017F;es glauben<lb/>
&#x201E;kann.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Sie beten gemeiniglich bey dem Feuer,<lb/>
&#x201E;und erwei&#x017F;en dem&#x017F;elben andere a&#x0364;ußerliche Ver-<lb/>
&#x201E;ehrungen. Ihr vornehm&#x017F;ter Tempel befin-<lb/>
&#x201E;det &#x017F;ich neben <hi rendition="#fr">Yezd.</hi> Dieß i&#x017F;t ihr großes<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x201E;<hi rendition="#fr">Atech-</hi></fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[159/0179] „Ebenbild Gottes halten. — Das Feuer, „ſagen ſie, iſt das Licht, das Licht iſt Gott. „Dieß ſagen ſie ganz genau; aber ſie loben „hernach das Feuer, das Licht und Gott, und „halten daruͤber einen ſo confuſen Diſcours, „daß man nicht das geringſte verſtehet, und „ſich nach und nach wegſchleichet. Dem ohn- „geachtet behaupten ſie immer, daß ſie das „Feuer an geheiligten Oertern, ſeit den Zeiten „des Keyomerſe, erſten Koͤnigs in Perſien, „bewahren. Aber man kann weder dieſen ge- „heiligten Ort, noch ihren Altar, noch ihren „Dienſt ſehen. Daher waͤre nun wohl die „Folgerung nicht unrecht, wenn man behau- „ptete: daß alles, was man von dieſem alten „Feuer ſagt, nichts, als Taͤuſchung ſey.„ „Die Guebers in Indien ſagen, daß die- „ſes ewige Feuer nicht unter ihnen, ſondern „in Perſien ſey. Und die perſiſchen Guebers „ſind wegen des Orts, wo es brennen ſoll, „nicht einig, indem ſie bald ſagen, daß es zu „Kirma, bald zu Yezd, und bald auf einem „gewiſſen Berge in dieſem Lande ſey. — Ue- „berhaupt iſt alles, was man davon weiß, ſo „zweifelhaft, daß man von allem, was daruͤ- „ber geſchrieben iſt, nichts gewiſſes glauben „kann. „Sie beten gemeiniglich bey dem Feuer, „und erweiſen demſelben andere aͤußerliche Ver- „ehrungen. Ihr vornehmſter Tempel befin- „det ſich neben Yezd. Dieß iſt ihr großes „Atech-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/179
Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/179>, abgerufen am 22.11.2024.