sammlungen, welche in dem Pallaste gehalten werden. Der Sedre Kasseh sitzt zur Lin- ken des Königes. Der Athemat-Douli ist zur Rechten, und unmittelbar unter ihm ist der Sedre Aam. -- Bey den öffentlichen Si- tzungen sind sie allezeit gegenwärtig, allein ihr Aufenthalt bey denselben ist von nicht langer Dauer. Denn da die Mohammedanische Re- ligion den Gebrauch des Weins ernstlich ver- bietet; so schleichen sie sich bald weg, so bald sie vernehmen, daß der König befiehlt, Wein herbey zu schaffen, und musikalische Instru- mente holen zu lassen. Zuweilen aber enthält sich der König dieses Vergnügens aus Achtung gegen sie, oder er schiebt es vielmehr auf, um diese Herren länger bey sich zu haben, und sie dadurch zu ehren.
Die dritte geistliche Würde nennen die Per- ser Cheik-kel-Islam, d. h. Haupt des Gese- tzes. Diese Magistratsperson ist in allen bür- gerlichen Angelegenheiten und in den Dingen Richter, welche mit dem Civilwesen in Verbin- dung stehen. Die Charge dieses Chei-kel-Islam war anfänglich der des Cazy subordinirt; al- lein das Ansehen, das diese am Hofe bekam, hat sie über alle andre Tribunale so sehr erho- ben, daß man es als das erste und ansehnlichste juristische Tribunal ansehen kann.
Ein anderer geistlicher Richter ist der Ca- zy (oder wie wir es auszusprechen gewohnt sind, der Cady.) Dieses Wort bedeutet einen
Schieds-
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ſammlungen, welche in dem Pallaſte gehalten werden. Der Sedre Kaſſeh ſitzt zur Lin- ken des Koͤniges. Der Athemat-Douli iſt zur Rechten, und unmittelbar unter ihm iſt der Sedre Aam. — Bey den oͤffentlichen Si- tzungen ſind ſie allezeit gegenwaͤrtig, allein ihr Aufenthalt bey denſelben iſt von nicht langer Dauer. Denn da die Mohammedaniſche Re- ligion den Gebrauch des Weins ernſtlich ver- bietet; ſo ſchleichen ſie ſich bald weg, ſo bald ſie vernehmen, daß der Koͤnig befiehlt, Wein herbey zu ſchaffen, und muſikaliſche Inſtru- mente holen zu laſſen. Zuweilen aber enthaͤlt ſich der Koͤnig dieſes Vergnuͤgens aus Achtung gegen ſie, oder er ſchiebt es vielmehr auf, um dieſe Herren laͤnger bey ſich zu haben, und ſie dadurch zu ehren.
Die dritte geiſtliche Wuͤrde nennen die Per- ſer Cheik-kel-Iſlam, d. h. Haupt des Geſe- tzes. Dieſe Magiſtratsperſon iſt in allen buͤr- gerlichen Angelegenheiten und in den Dingen Richter, welche mit dem Civilweſen in Verbin- dung ſtehen. Die Charge dieſes Chei-kel-Iſlam war anfaͤnglich der des Cazy ſubordinirt; al- lein das Anſehen, das dieſe am Hofe bekam, hat ſie uͤber alle andre Tribunale ſo ſehr erho- ben, daß man es als das erſte und anſehnlichſte juriſtiſche Tribunal anſehen kann.
Ein anderer geiſtlicher Richter iſt der Ca- zy (oder wie wir es auszuſprechen gewohnt ſind, der Cady.) Dieſes Wort bedeutet einen
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ſammlungen, welche in dem Pallaſte gehalten
werden. Der Sedre Kaſſeh ſitzt zur Lin-
ken des Koͤniges. Der Athemat-Douli
iſt zur Rechten, und unmittelbar unter ihm iſt
der Sedre Aam. — Bey den oͤffentlichen Si-
tzungen ſind ſie allezeit gegenwaͤrtig, allein ihr
Aufenthalt bey denſelben iſt von nicht langer
Dauer. Denn da die Mohammedaniſche Re-
ligion den Gebrauch des Weins ernſtlich ver-
bietet; ſo ſchleichen ſie ſich bald weg, ſo bald
ſie vernehmen, daß der Koͤnig befiehlt, Wein
herbey zu ſchaffen, und muſikaliſche Inſtru-
mente holen zu laſſen. Zuweilen aber enthaͤlt
ſich der Koͤnig dieſes Vergnuͤgens aus Achtung
gegen ſie, oder er ſchiebt es vielmehr auf, um
dieſe Herren laͤnger bey ſich zu haben, und ſie
dadurch zu ehren.
Die dritte geiſtliche Wuͤrde nennen die Per-
ſer Cheik-kel-Iſlam, d. h. Haupt des Geſe-
tzes. Dieſe Magiſtratsperſon iſt in allen buͤr-
gerlichen Angelegenheiten und in den Dingen
Richter, welche mit dem Civilweſen in Verbin-
dung ſtehen. Die Charge dieſes Chei-kel-Iſlam
war anfaͤnglich der des Cazy ſubordinirt; al-
lein das Anſehen, das dieſe am Hofe bekam,
hat ſie uͤber alle andre Tribunale ſo ſehr erho-
ben, daß man es als das erſte und anſehnlichſte
juriſtiſche Tribunal anſehen kann.
Ein anderer geiſtlicher Richter iſt der Ca-
zy (oder wie wir es auszuſprechen gewohnt ſind,
der Cady.) Dieſes Wort bedeutet einen
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/167>, abgerufen am 16.02.2025.
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