Man findet in Persien keine öffentlichen Gerichtsplätze. Ein jeder Magistrat hält in seinem Hause, in einem großen offenen Saale, Gericht, entweder im Hofe oder auch im Gar- ten, welche zwey oder drey Fuß von der Erde erhöht ist. Ein Theil des Saals ist von dem andern fast wie ein Alkofen abgesondert. Bey- de sind mit Chassans und dergleichen versehen. An diesem Orte stellet sich das Frauenzimmer. Der Richter sitzt am andern Ende, nach Art der Morgenländer mit einer ernsthaften und gravitätischen Miene, und hat einen Schreiber neben sich, aber auch weiter Niemanden. Er spricht die Sentenz in der ersten oder zweyten Sitzung. Wenn man den Richter gerne auf seine Seite haben möchte -- eine Sache die in Persien sonderlich Mode ist -- oder bald ex- pedirt seyn will; so geht man zu dem vor- nehmsten Bedienten des Richters, beschenkt ihn, oder verspricht ihm ein Geschenk. Gewöhnlicher Weise trägt man auch eins selbst zum Richter, wenn man sich bey ihm über Jemanden be- klagt; und ein jeder richtet sein Geschenk nach seinem Stande und Profession ein. Die ge- meinsten Leute geben ihm ein Lamm oder einen Hammel, Früchte oder junge Hüner. Andere geben Confitüren oder Caffee, Stoffe; noch andere geben Geld. Aber die großen Geschen- ke macht man immer besonders. Man legt vor den Tribunalen des bürgerlichen Rechts keine andere körperliche Strafen auf, als Stock-
prügel,
Man findet in Perſien keine oͤffentlichen Gerichtsplaͤtze. Ein jeder Magiſtrat haͤlt in ſeinem Hauſe, in einem großen offenen Saale, Gericht, entweder im Hofe oder auch im Gar- ten, welche zwey oder drey Fuß von der Erde erhoͤht iſt. Ein Theil des Saals iſt von dem andern faſt wie ein Alkofen abgeſondert. Bey- de ſind mit Chaſſans und dergleichen verſehen. An dieſem Orte ſtellet ſich das Frauenzimmer. Der Richter ſitzt am andern Ende, nach Art der Morgenlaͤnder mit einer ernſthaften und gravitaͤtiſchen Miene, und hat einen Schreiber neben ſich, aber auch weiter Niemanden. Er ſpricht die Sentenz in der erſten oder zweyten Sitzung. Wenn man den Richter gerne auf ſeine Seite haben moͤchte — eine Sache die in Perſien ſonderlich Mode iſt — oder bald ex- pedirt ſeyn will; ſo geht man zu dem vor- nehmſten Bedienten des Richters, beſchenkt ihn, oder verſpricht ihm ein Geſchenk. Gewoͤhnlicher Weiſe traͤgt man auch eins ſelbſt zum Richter, wenn man ſich bey ihm uͤber Jemanden be- klagt; und ein jeder richtet ſein Geſchenk nach ſeinem Stande und Profeſſion ein. Die ge- meinſten Leute geben ihm ein Lamm oder einen Hammel, Fruͤchte oder junge Huͤner. Andere geben Confituͤren oder Caffee, Stoffe; noch andere geben Geld. Aber die großen Geſchen- ke macht man immer beſonders. Man legt vor den Tribunalen des buͤrgerlichen Rechts keine andere koͤrperliche Strafen auf, als Stock-
pruͤgel,
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Man findet in Perſien keine oͤffentlichen
Gerichtsplaͤtze. Ein jeder Magiſtrat haͤlt in
ſeinem Hauſe, in einem großen offenen Saale,
Gericht, entweder im Hofe oder auch im Gar-
ten, welche zwey oder drey Fuß von der Erde
erhoͤht iſt. Ein Theil des Saals iſt von dem
andern faſt wie ein Alkofen abgeſondert. Bey-
de ſind mit Chaſſans und dergleichen verſehen.
An dieſem Orte ſtellet ſich das Frauenzimmer.
Der Richter ſitzt am andern Ende, nach Art
der Morgenlaͤnder mit einer ernſthaften und
gravitaͤtiſchen Miene, und hat einen Schreiber
neben ſich, aber auch weiter Niemanden. Er
ſpricht die Sentenz in der erſten oder zweyten
Sitzung. Wenn man den Richter gerne auf
ſeine Seite haben moͤchte — eine Sache die in
Perſien ſonderlich Mode iſt — oder bald ex-
pedirt ſeyn will; ſo geht man zu dem vor-
nehmſten Bedienten des Richters, beſchenkt ihn,
oder verſpricht ihm ein Geſchenk. Gewoͤhnlicher
Weiſe traͤgt man auch eins ſelbſt zum Richter,
wenn man ſich bey ihm uͤber Jemanden be-
klagt; und ein jeder richtet ſein Geſchenk nach
ſeinem Stande und Profeſſion ein. Die ge-
meinſten Leute geben ihm ein Lamm oder einen
Hammel, Fruͤchte oder junge Huͤner. Andere
geben Confituͤren oder Caffee, Stoffe; noch
andere geben Geld. Aber die großen Geſchen-
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vor den Tribunalen des buͤrgerlichen Rechts
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/163>, abgerufen am 28.11.2024.
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