Man sieht itzt weder Bildhauer, noch Gießer, noch Statüen.
Nun folgt das Nöthigste von den Hand- werken und Manufacturen der Perser.
Wir haben schon in dem Vorhergehenden angemerkt, daß die asiatische Völker überhaupt nicht so fleißig sind, als sie seyn könnten -- daß sie hierinn den Europäern weit nachstehen müssen. Künste, Handwerke und Manufa- cturen bearbeiten sie nur in so weit, als sie die- selben nöthig haben. An Erfindung fehlt es ihnen auch, und neue Entdeckungen zu machen, ist ihre Sache gar nicht. Diese falsche Mey- nung der Perser kommt vorzüglich daher, weil sie nämlich glauben, daß sie alles haben, was zu ihren Lebensbedürfnissen und Bequemlichkeiten gehört. Daher sind auch alle schöne Werke der Malerey, Bildhauerkunst, Drechselbarbeit u. s. w. deren Schönheit in der genauen Nach- ahmung der Natur besteht, bey ihnen von gar keinem Werthe. Solche Dinge, meynen sie, die zu den körperlichen Bedürfnissen gar nicht helfen, müssen gar nicht untersucht, nicht bear- beitet werden. -- Aus diesen Ursachen sind ihre Künste wenig cultivirt, ob es gleich Leute unter ihnen giebt, denen es nicht an Forschungs- geiste fehlt, und die folglich viel leisten könnten, wenn ihre Arbeit so belohnt würde, daß sie mehr Lust zu derselben bekämen. Indessen werden doch, wie aus dem folgenden wird zu ersehen seyn, einige Künste mit gutem Fortgang ge- trieben.
In
Man ſieht itzt weder Bildhauer, noch Gießer, noch Statuͤen.
Nun folgt das Noͤthigſte von den Hand- werken und Manufacturen der Perſer.
Wir haben ſchon in dem Vorhergehenden angemerkt, daß die aſiatiſche Voͤlker uͤberhaupt nicht ſo fleißig ſind, als ſie ſeyn koͤnnten — daß ſie hierinn den Europaͤern weit nachſtehen muͤſſen. Kuͤnſte, Handwerke und Manufa- cturen bearbeiten ſie nur in ſo weit, als ſie die- ſelben noͤthig haben. An Erfindung fehlt es ihnen auch, und neue Entdeckungen zu machen, iſt ihre Sache gar nicht. Dieſe falſche Mey- nung der Perſer kommt vorzuͤglich daher, weil ſie naͤmlich glauben, daß ſie alles haben, was zu ihren Lebensbeduͤrfniſſen und Bequemlichkeiten gehoͤrt. Daher ſind auch alle ſchoͤne Werke der Malerey, Bildhauerkunſt, Drechſelbarbeit u. ſ. w. deren Schoͤnheit in der genauen Nach- ahmung der Natur beſteht, bey ihnen von gar keinem Werthe. Solche Dinge, meynen ſie, die zu den koͤrperlichen Beduͤrfniſſen gar nicht helfen, muͤſſen gar nicht unterſucht, nicht bear- beitet werden. — Aus dieſen Urſachen ſind ihre Kuͤnſte wenig cultivirt, ob es gleich Leute unter ihnen giebt, denen es nicht an Forſchungs- geiſte fehlt, und die folglich viel leiſten koͤnnten, wenn ihre Arbeit ſo belohnt wuͤrde, daß ſie mehr Luſt zu derſelben bekaͤmen. Indeſſen werden doch, wie aus dem folgenden wird zu erſehen ſeyn, einige Kuͤnſte mit gutem Fortgang ge- trieben.
In
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Man ſieht itzt weder Bildhauer, noch Gießer,
noch Statuͤen.
Nun folgt das Noͤthigſte von den Hand-
werken und Manufacturen der Perſer.
Wir haben ſchon in dem Vorhergehenden
angemerkt, daß die aſiatiſche Voͤlker uͤberhaupt
nicht ſo fleißig ſind, als ſie ſeyn koͤnnten —
daß ſie hierinn den Europaͤern weit nachſtehen
muͤſſen. Kuͤnſte, Handwerke und Manufa-
cturen bearbeiten ſie nur in ſo weit, als ſie die-
ſelben noͤthig haben. An Erfindung fehlt es
ihnen auch, und neue Entdeckungen zu machen,
iſt ihre Sache gar nicht. Dieſe falſche Mey-
nung der Perſer kommt vorzuͤglich daher, weil
ſie naͤmlich glauben, daß ſie alles haben, was zu
ihren Lebensbeduͤrfniſſen und Bequemlichkeiten
gehoͤrt. Daher ſind auch alle ſchoͤne Werke
der Malerey, Bildhauerkunſt, Drechſelbarbeit
u. ſ. w. deren Schoͤnheit in der genauen Nach-
ahmung der Natur beſteht, bey ihnen von gar
keinem Werthe. Solche Dinge, meynen ſie,
die zu den koͤrperlichen Beduͤrfniſſen gar nicht
helfen, muͤſſen gar nicht unterſucht, nicht bear-
beitet werden. — Aus dieſen Urſachen ſind
ihre Kuͤnſte wenig cultivirt, ob es gleich Leute
unter ihnen giebt, denen es nicht an Forſchungs-
geiſte fehlt, und die folglich viel leiſten koͤnnten,
wenn ihre Arbeit ſo belohnt wuͤrde, daß ſie mehr
Luſt zu derſelben bekaͤmen. Indeſſen werden
doch, wie aus dem folgenden wird zu erſehen
ſeyn, einige Kuͤnſte mit gutem Fortgang ge-
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/143>, abgerufen am 16.02.2025.
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