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Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.

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Der Spezereyen und Materialien
[Spaltenumbruch] er mit dem Planeten dieses Namens
führet. Man könte ihn auch deswegen
also nennen, dieweil er in Veränderung
der Gestalt, welche die Heyden dem
Mercur, einem ihrer Götzen, zuge-
schrieben, gar ähnlich ist. Wie er denn
noch überdiß ietzt angeführter Ursache
halber, wie auch wegen der unterschie-
denen Farben, die man ihm geben kan,
Aqua Prothei, und um seiner Flüchtigkeit
und Flüßigkeit willen, den Titel Sal fu-
gitivum,
flüchtiges Saltz, bekommen
hat.

Das Quecksilber wird auf unter-
schiedene Art in den Schachten gefun-
den, bald in seinem eignen Ertz ver-
schlossen, bald aber also flüßig und rin-
nend, wie wir es zu sehen bekommen,
und weil es auch natürliches Quecksil-
ber giebet, so haben etliche demselben
Jungfer-
Mercurius.
den Namen Jungfrauen-Quecksil-
ber
gegeben. Bisweilen findet man
es auch zwischen der Erde, und dem Ge-
stein, auch oftmahls, daß es allbereit zu
Zinober worden, gleichwie im nachfol-
genden kan ersehen werden. Diejeni-
gen, die das Quecksilber aus den
Schachten, oder besser zu reden, aus
den Orten, woselbst es befindlich ist,
hervorziehen, gebrauchen grosse eiserne
Retorten, um selbiges von seinem Ertz,
und andern harten Cörpern, daran es
hanget, abzusondern und zu scheiden,
und machen es durch Hülffe des Feuers
und kalten Wassers also flüßig, wie es
Quecksilber-
ertz.
ordentlicher Weise ist. Das Queck-
silberertz
sieht dem Spiesglas aus
Poictou dermassen ähnlich, daß sie kein
Mensch solte von einander unterschei-
den können, wenn nicht die Spitzlein
thäten, welche etwas weisser sind. Wird
es rinnend oder lauffend in der Erde
angetroffen, so thun die Sclaven, die es
heraus bringen, mehr nichts, als daß
sie es durch eine Gemsenhaut oder Le-
der drücken, damit die Unreinigkeiten
davon abkommen.

Es werden bey nahe mehr nicht denn
nur zwey Oerter in Europa seyn, wo-
selbst das Quecksilber gefunden wird,
nämlich, Hungarn und Spanien,
davon das Hungrische nach Wien und
von dar nach Holland geführet wird,
daher wir es hernachmahls kommen
lassen. Das Spanische aber wird nach
[Spaltenumbruch] Peru gebracht, um allda, wie schon er-
wähnet, zur Scheidung des Goldes
vom Silber zu dienen. Jedoch kommt
alle das Queckfilber oder Mercurius,
das wir von Marseille ziehen, aus
den Quecksilberbergwercken in Friaul/
den Venetianern zuständig.

Ein guter Freund, der die Oerter,
daraus der Mercurius gehohlet wird,
besichtiget, hat mich versichert, daß sie
dermassen tieff wären, daß man fünff
Stunden Zeit zum Einfahren haben
müste.

Vor diesem war der Spanische
Mercurius
in Franckreich gemeine
genug, weil er auf Silber, welches nur
ein klein wenig erwarmet, gebracht,
die Kraft hatte, dasselbige anzuröthen,
und ihm eine wunderschöne Farbe zu
geben. Diese, nach einiger Alchymi-
sten Gutdüncken, so hohe Eigenschaft,
die doch im Grunde gar nichts ist, und
die Beschwerlichkeit dasselbe zu ietziger
Zeit zu bekommen, indem der König in
Spanien ausdrücklich verboten dassel-
bige in andere Länder zu verführen,
sind Ursache, daß es anietzo so sehr ge-
suchet wird, als wie der natürliche Zi-
nober. Es haben zwar etliche unter
den neuern Scribenten geschrieben,
daß der Mercurius auch in Jndien/
Polen, Teutschland/
und selbst in
Franckreich gefunden würde, welches
auch vielleicht wahr seyn mag; ieden-
noch aber habe ich die rechte Wahrheit
der Sache nicht entdecken können, ob
ich schon allen möglichsten Fleiß ange-
wendet habe. Das ist wohl gewiß, daß
man vor weniger Zeit in der Norman-
die,
zwischen S. Lo und Charenton/
in der Parochie la Chapelle en juge, in
der Herrschaft Menildo/ einen Zino-
bergang gefunden, allein man hat ihn
wegen der grossen Unkosten, die man
drauf wenden müssen/ wiederum ge-
stopft. Der Herr Lemery meldet, daß
der Mercurius gemeiniglich in solchen
Bergen sich finden lasse, welche mit weis-
sen und als wie Kalch so zarten Steinen
bedecket sind. Die Kräuter, die auf
dergleichen Bergen wachsen, sind viel
grüner und weit grösser denn andere,
die Bäume hingegen, welche nahe an
der Quecksilberader stehen, bringen sel-
ten Blüten und Früchte, es brechen

auch

Der Spezereyen und Materialien
[Spaltenumbruch] er mit dem Planeten dieſes Namens
fuͤhret. Man koͤnte ihn auch deswegen
alſo nennen, dieweil er in Veraͤnderung
der Geſtalt, welche die Heyden dem
Mercur, einem ihrer Goͤtzen, zuge-
ſchrieben, gar aͤhnlich iſt. Wie er denn
noch uͤberdiß ietzt angefuͤhrter Urſache
halber, wie auch wegen der unterſchie-
denen Farben, die man ihm geben kan,
Aqua Prothei, und um ſeiner Fluͤchtigkeit
und Fluͤßigkeit willen, den Titel Sal fu-
gitivum,
fluͤchtiges Saltz, bekommen
hat.

Das Queckſilber wird auf unter-
ſchiedene Art in den Schachten gefun-
den, bald in ſeinem eignen Ertz ver-
ſchloſſen, bald aber alſo fluͤßig und rin-
nend, wie wir es zu ſehen bekommen,
und weil es auch natuͤrliches Queckſil-
ber giebet, ſo haben etliche demſelben
Jungfer-
Mercurius.
den Namen Jungfrauen-Queckſil-
ber
gegeben. Bisweilen findet man
es auch zwiſchen der Erde, und dem Ge-
ſtein, auch oftmahls, daß es allbereit zu
Zinober worden, gleichwie im nachfol-
genden kan erſehen werden. Diejeni-
gen, die das Queckſilber aus den
Schachten, oder beſſer zu reden, aus
den Orten, woſelbſt es befindlich iſt,
hervorziehen, gebrauchen groſſe eiſerne
Retorten, um ſelbiges von ſeinem Ertz,
und andern harten Coͤrpern, daran es
hanget, abzuſondern und zu ſcheiden,
und machen es durch Huͤlffe des Feuers
und kalten Waſſers alſo fluͤßig, wie es
Queckſilber-
ertz.
ordentlicher Weiſe iſt. Das Queck-
ſilberertz
ſieht dem Spiesglas aus
Poictou dermaſſen aͤhnlich, daß ſie kein
Menſch ſolte von einander unterſchei-
den koͤnnen, wenn nicht die Spitzlein
thaͤten, welche etwas weiſſer ſind. Wird
es rinnend oder lauffend in der Erde
angetroffen, ſo thun die Sclaven, die es
heraus bringen, mehr nichts, als daß
ſie es durch eine Gemſenhaut oder Le-
der druͤcken, damit die Unreinigkeiten
davon abkommen.

Es werden bey nahe mehr nicht denn
nur zwey Oerter in Europa ſeyn, wo-
ſelbſt das Queckſilber gefunden wird,
naͤmlich, Hungarn und Spanien,
davon das Hungriſche nach Wien und
von dar nach Holland gefuͤhret wird,
daher wir es hernachmahls kommen
laſſen. Das Spaniſche aber wird nach
[Spaltenumbruch] Peru gebracht, um allda, wie ſchon er-
waͤhnet, zur Scheidung des Goldes
vom Silber zu dienen. Jedoch kommt
alle das Queckfilber oder Mercurius,
das wir von Marſeille ziehen, aus
den Queckſilberbergwercken in Friaul/
den Venetianern zuſtaͤndig.

Ein guter Freund, der die Oerter,
daraus der Mercurius gehohlet wird,
beſichtiget, hat mich verſichert, daß ſie
dermaſſen tieff waͤren, daß man fuͤnff
Stunden Zeit zum Einfahren haben
muͤſte.

Vor dieſem war der Spaniſche
Mercurius
in Franckreich gemeine
genug, weil er auf Silber, welches nur
ein klein wenig erwarmet, gebracht,
die Kraft hatte, daſſelbige anzuroͤthen,
und ihm eine wunderſchoͤne Farbe zu
geben. Dieſe, nach einiger Alchymi-
ſten Gutduͤncken, ſo hohe Eigenſchaft,
die doch im Grunde gar nichts iſt, und
die Beſchwerlichkeit daſſelbe zu ietziger
Zeit zu bekommen, indem der Koͤnig in
Spanien ausdruͤcklich verboten daſſel-
bige in andere Laͤnder zu verfuͤhren,
ſind Urſache, daß es anietzo ſo ſehr ge-
ſuchet wird, als wie der natuͤrliche Zi-
nober. Es haben zwar etliche unter
den neuern Scribenten geſchrieben,
daß der Mercurius auch in Jndien/
Polen, Teutſchland/
und ſelbſt in
Franckreich gefunden wuͤrde, welches
auch vielleicht wahr ſeyn mag; ieden-
noch aber habe ich die rechte Wahrheit
der Sache nicht entdecken koͤnnen, ob
ich ſchon allen moͤglichſten Fleiß ange-
wendet habe. Das iſt wohl gewiß, daß
man vor weniger Zeit in der Norman-
die,
zwiſchen S. Lo und Charenton/
in der Parochie la Chapelle en juge, in
der Herrſchaft Menildo/ einen Zino-
bergang gefunden, allein man hat ihn
wegen der groſſen Unkoſten, die man
drauf wenden muͤſſen/ wiederum ge-
ſtopft. Der Herr Lemery meldet, daß
der Mercurius gemeiniglich in ſolchen
Bergen ſich finden laſſe, welche mit weiſ-
ſen und als wie Kalch ſo zarten Steinen
bedecket ſind. Die Kraͤuter, die auf
dergleichen Bergen wachſen, ſind viel
gruͤner und weit groͤſſer denn andere,
die Baͤume hingegen, welche nahe an
der Queckſilberader ſtehen, bringen ſel-
ten Bluͤten und Fruͤchte, es brechen

auch
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[0480] Der Spezereyen und Materialien er mit dem Planeten dieſes Namens fuͤhret. Man koͤnte ihn auch deswegen alſo nennen, dieweil er in Veraͤnderung der Geſtalt, welche die Heyden dem Mercur, einem ihrer Goͤtzen, zuge- ſchrieben, gar aͤhnlich iſt. Wie er denn noch uͤberdiß ietzt angefuͤhrter Urſache halber, wie auch wegen der unterſchie- denen Farben, die man ihm geben kan, Aqua Prothei, und um ſeiner Fluͤchtigkeit und Fluͤßigkeit willen, den Titel Sal fu- gitivum, fluͤchtiges Saltz, bekommen hat. Das Queckſilber wird auf unter- ſchiedene Art in den Schachten gefun- den, bald in ſeinem eignen Ertz ver- ſchloſſen, bald aber alſo fluͤßig und rin- nend, wie wir es zu ſehen bekommen, und weil es auch natuͤrliches Queckſil- ber giebet, ſo haben etliche demſelben den Namen Jungfrauen-Queckſil- ber gegeben. Bisweilen findet man es auch zwiſchen der Erde, und dem Ge- ſtein, auch oftmahls, daß es allbereit zu Zinober worden, gleichwie im nachfol- genden kan erſehen werden. Diejeni- gen, die das Queckſilber aus den Schachten, oder beſſer zu reden, aus den Orten, woſelbſt es befindlich iſt, hervorziehen, gebrauchen groſſe eiſerne Retorten, um ſelbiges von ſeinem Ertz, und andern harten Coͤrpern, daran es hanget, abzuſondern und zu ſcheiden, und machen es durch Huͤlffe des Feuers und kalten Waſſers alſo fluͤßig, wie es ordentlicher Weiſe iſt. Das Queck- ſilberertz ſieht dem Spiesglas aus Poictou dermaſſen aͤhnlich, daß ſie kein Menſch ſolte von einander unterſchei- den koͤnnen, wenn nicht die Spitzlein thaͤten, welche etwas weiſſer ſind. Wird es rinnend oder lauffend in der Erde angetroffen, ſo thun die Sclaven, die es heraus bringen, mehr nichts, als daß ſie es durch eine Gemſenhaut oder Le- der druͤcken, damit die Unreinigkeiten davon abkommen. Jungfer- Mercurius. Queckſilber- ertz. Es werden bey nahe mehr nicht denn nur zwey Oerter in Europa ſeyn, wo- ſelbſt das Queckſilber gefunden wird, naͤmlich, Hungarn und Spanien, davon das Hungriſche nach Wien und von dar nach Holland gefuͤhret wird, daher wir es hernachmahls kommen laſſen. Das Spaniſche aber wird nach Peru gebracht, um allda, wie ſchon er- waͤhnet, zur Scheidung des Goldes vom Silber zu dienen. Jedoch kommt alle das Queckfilber oder Mercurius, das wir von Marſeille ziehen, aus den Queckſilberbergwercken in Friaul/ den Venetianern zuſtaͤndig. Ein guter Freund, der die Oerter, daraus der Mercurius gehohlet wird, beſichtiget, hat mich verſichert, daß ſie dermaſſen tieff waͤren, daß man fuͤnff Stunden Zeit zum Einfahren haben muͤſte. Vor dieſem war der Spaniſche Mercurius in Franckreich gemeine genug, weil er auf Silber, welches nur ein klein wenig erwarmet, gebracht, die Kraft hatte, daſſelbige anzuroͤthen, und ihm eine wunderſchoͤne Farbe zu geben. Dieſe, nach einiger Alchymi- ſten Gutduͤncken, ſo hohe Eigenſchaft, die doch im Grunde gar nichts iſt, und die Beſchwerlichkeit daſſelbe zu ietziger Zeit zu bekommen, indem der Koͤnig in Spanien ausdruͤcklich verboten daſſel- bige in andere Laͤnder zu verfuͤhren, ſind Urſache, daß es anietzo ſo ſehr ge- ſuchet wird, als wie der natuͤrliche Zi- nober. Es haben zwar etliche unter den neuern Scribenten geſchrieben, daß der Mercurius auch in Jndien/ Polen, Teutſchland/ und ſelbſt in Franckreich gefunden wuͤrde, welches auch vielleicht wahr ſeyn mag; ieden- noch aber habe ich die rechte Wahrheit der Sache nicht entdecken koͤnnen, ob ich ſchon allen moͤglichſten Fleiß ange- wendet habe. Das iſt wohl gewiß, daß man vor weniger Zeit in der Norman- die, zwiſchen S. Lo und Charenton/ in der Parochie la Chapelle en juge, in der Herrſchaft Menildo/ einen Zino- bergang gefunden, allein man hat ihn wegen der groſſen Unkoſten, die man drauf wenden muͤſſen/ wiederum ge- ſtopft. Der Herr Lemery meldet, daß der Mercurius gemeiniglich in ſolchen Bergen ſich finden laſſe, welche mit weiſ- ſen und als wie Kalch ſo zarten Steinen bedecket ſind. Die Kraͤuter, die auf dergleichen Bergen wachſen, ſind viel gruͤner und weit groͤſſer denn andere, die Baͤume hingegen, welche nahe an der Queckſilberader ſtehen, bringen ſel- ten Bluͤten und Fruͤchte, es brechen auch

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Zitationshilfe: Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/480>, abgerufen am 25.11.2024.