Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.Hauptbeschreibung zweyter Theil. [Spaltenumbruch]
ren lassen. Man fischet von vier biszu zwölff Klafftern tieff, auf solchen Bäncken, darauf sich zuweilen gegen dritthalb hundert Barquen befinden. Auf den meisten ist nur ein Taucher, auf den grösten aber sind ihrer zwey. Diese Barqven fahren alle Tage vor Sie binden den Tauchern einen Nachdem sie den Taucher wieder ins Zum Beschluß dieser Erzehlung die- Goa war ehemahls der Platz, wo- daß R r
Hauptbeſchreibung zweyter Theil. [Spaltenumbruch]
ren laſſen. Man fiſchet von vier biszu zwoͤlff Klafftern tieff, auf ſolchen Baͤncken, darauf ſich zuweilen gegen dritthalb hundert Barquen befinden. Auf den meiſten iſt nur ein Taucher, auf den groͤſten aber ſind ihrer zwey. Dieſe Barqven fahren alle Tage vor Sie binden den Tauchern einen Nachdem ſie den Taucher wieder ins Zum Beſchluß dieſer Erzehlung die- Goa war ehemahls der Platz, wo- daß R r
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Die Baͤncke, darauf ſie<lb/> fiſchen, liegen fuͤnff oder ſechs Meilen<lb/> in der See, und wenn ſie drauf ſind, ſo<lb/> verfahren ſie auf folgende Weiſe mit<lb/> dem fiſchen.</p><lb/> <p>Sie binden den Tauchern einen<lb/> Strick unter die Arme, welchen dieje-<lb/> nigen, die im Schiffe verbleiben, bey<lb/> dem einen Ende veſt halten. Jene ha-<lb/> ben einen groſſen Stein von achtzehn<lb/> bis zu zwantzig Pfund an der groſſen<lb/> Zaͤhe hencken, welchen die im Schiffe<lb/> gleichergeſtalt halten. So hat der Tau-<lb/> cher auch ein Netz, als wie einen Sack,<lb/> ſo obenher an einen Reiffen veſte gema-<lb/> chet iſt, damit es ſtets offen verbleibe,<lb/> und dieſes iſt gleichergeſtalt angebun-<lb/> den. Alsdann ſenckt er ſich in die See,<lb/> machet den Stein, durch deſſen Schwe-<lb/> re er gar bald auf den Grund gelanget,<lb/> geſchwinde los, und die in der Barque<lb/> ziehen ihn wiederum hinauf. So lan-<lb/> ge der Taucher den Athem halten kan,<lb/> thut er Auſtern in das Netze: wenn er<lb/> aber vermercket, daß es nicht laͤnger gut<lb/> thun will, ſo ziehet er an dem Stricke,<lb/> der ihm unter die Arme gebunden iſt,<lb/> zum Zeichen, daß ſie ihn wiederum her-<lb/> auf ziehen ſollen, welches dañ von denen<lb/> in der Barque aufs behendeſte verrich-<lb/> tet wird. Die von Manaar ſind ge-<lb/> ſchickter zu dieſer Fiſcherey, als die Fi-<lb/> ſcher von Bahren und Catifa, denn ſie<lb/> klemmen die Naſe nicht ein, ſtecken auch<lb/> keine Baumwolle in die Ohren, damit<lb/> das Waſſer nicht hinein tringen koͤnne,<lb/> als wie die im Perſiſchen Seebuſem<lb/> thun.</p><lb/> <p>Nachdem ſie den Taucher wieder ins<lb/> Schiff genommen, ziehen ſie auch das<lb/><cb n="626"/> Netz mit den Muſcheln herauf: indeſ-<lb/> ſen verlaufft ohngefehr eine Viertheil-<lb/> ſtunde, bis ſie die Auſtern heraus ge-<lb/> nommen haben, und der Taucher wie-<lb/> der zu Athem gekommen, alsdann keh-<lb/> ret er abermahls nach dem Grunde der<lb/> See, wie zuvor, und treibet dieſes in<lb/> zehen oder zwoͤlff Stunden etliche mahl,<lb/> darnach kehrt er wieder zu Lande. Die-<lb/> jenigen nun, welche Geld benoͤthigt<lb/> ſind, verkauffen alſofort, was ſie ge-<lb/> fiſchet: die aber noch zu leben haben, be-<lb/> halten ihre Auſtern, bis die Fiſcherey<lb/> ein Ende hat, und laſſen ſie uneroͤffnet<lb/> liegen, denn wenn ſie anheben zu ver-<lb/> derben, thun ſie ſich ſelbſt auf. Es giebt<lb/> Schalen drunter, die wohl viermahl<lb/> ſo groß ſind als unſre Auſterſchalen zu<lb/> Rouan: das Fleiſch aber, welches, wie<lb/> gedacht, garſtig und ungeſchmack, wird<lb/> weggeworffen und nicht gegeſſen.</p><lb/> <p>Zum Beſchluß dieſer Erzehlung die-<lb/> net zu mercken, daß die Perlen in gantz<lb/><hi rendition="#fr">Europa</hi> nach dem <hi rendition="#fr">Karat</hi> verkauffet<lb/> werden. Diß iſt ein Gewichte von vier<lb/> Gran, als wie das Diamantgewichte.<lb/> Jn <hi rendition="#fr">Perſien</hi> aber wiegt man ſie mit<lb/><hi rendition="#fr">Abas,</hi> welches ein Achttheil weniger<lb/> iſt als ein Karat. 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Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
ren laſſen. Man fiſchet von vier bis
zu zwoͤlff Klafftern tieff, auf ſolchen
Baͤncken, darauf ſich zuweilen gegen
dritthalb hundert Barquen befinden.
Auf den meiſten iſt nur ein Taucher,
auf den groͤſten aber ſind ihrer zwey.
Dieſe Barqven fahren alle Tage vor
der Sonnen Aufgang vom Strande
ab, mit einem Landwinde, der niemahls
mangelt, und bis um zehen Uhr vormit-
tage anhaͤlt. Nachmittage kehren ſie
wieder mit einer Seeluft zuruͤcke, wel-
che auf den Landwind folget, und un-
fehlbar allezeit gegen eilff oder zwoͤlff
Uhr entſtehet, ſobald nur der andere
aufhoͤret. Die Baͤncke, darauf ſie
fiſchen, liegen fuͤnff oder ſechs Meilen
in der See, und wenn ſie drauf ſind, ſo
verfahren ſie auf folgende Weiſe mit
dem fiſchen.
Sie binden den Tauchern einen
Strick unter die Arme, welchen dieje-
nigen, die im Schiffe verbleiben, bey
dem einen Ende veſt halten. Jene ha-
ben einen groſſen Stein von achtzehn
bis zu zwantzig Pfund an der groſſen
Zaͤhe hencken, welchen die im Schiffe
gleichergeſtalt halten. So hat der Tau-
cher auch ein Netz, als wie einen Sack,
ſo obenher an einen Reiffen veſte gema-
chet iſt, damit es ſtets offen verbleibe,
und dieſes iſt gleichergeſtalt angebun-
den. Alsdann ſenckt er ſich in die See,
machet den Stein, durch deſſen Schwe-
re er gar bald auf den Grund gelanget,
geſchwinde los, und die in der Barque
ziehen ihn wiederum hinauf. So lan-
ge der Taucher den Athem halten kan,
thut er Auſtern in das Netze: wenn er
aber vermercket, daß es nicht laͤnger gut
thun will, ſo ziehet er an dem Stricke,
der ihm unter die Arme gebunden iſt,
zum Zeichen, daß ſie ihn wiederum her-
auf ziehen ſollen, welches dañ von denen
in der Barque aufs behendeſte verrich-
tet wird. Die von Manaar ſind ge-
ſchickter zu dieſer Fiſcherey, als die Fi-
ſcher von Bahren und Catifa, denn ſie
klemmen die Naſe nicht ein, ſtecken auch
keine Baumwolle in die Ohren, damit
das Waſſer nicht hinein tringen koͤnne,
als wie die im Perſiſchen Seebuſem
thun.
Nachdem ſie den Taucher wieder ins
Schiff genommen, ziehen ſie auch das
Netz mit den Muſcheln herauf: indeſ-
ſen verlaufft ohngefehr eine Viertheil-
ſtunde, bis ſie die Auſtern heraus ge-
nommen haben, und der Taucher wie-
der zu Athem gekommen, alsdann keh-
ret er abermahls nach dem Grunde der
See, wie zuvor, und treibet dieſes in
zehen oder zwoͤlff Stunden etliche mahl,
darnach kehrt er wieder zu Lande. Die-
jenigen nun, welche Geld benoͤthigt
ſind, verkauffen alſofort, was ſie ge-
fiſchet: die aber noch zu leben haben, be-
halten ihre Auſtern, bis die Fiſcherey
ein Ende hat, und laſſen ſie uneroͤffnet
liegen, denn wenn ſie anheben zu ver-
derben, thun ſie ſich ſelbſt auf. Es giebt
Schalen drunter, die wohl viermahl
ſo groß ſind als unſre Auſterſchalen zu
Rouan: das Fleiſch aber, welches, wie
gedacht, garſtig und ungeſchmack, wird
weggeworffen und nicht gegeſſen.
Zum Beſchluß dieſer Erzehlung die-
net zu mercken, daß die Perlen in gantz
Europa nach dem Karat verkauffet
werden. Diß iſt ein Gewichte von vier
Gran, als wie das Diamantgewichte.
Jn Perſien aber wiegt man ſie mit
Abas, welches ein Achttheil weniger
iſt als ein Karat. Jn Jndien, bevor-
aus in den Laͤndern des Groſſen Mo-
gols/ und der Koͤnige von Golconda
und Viſapour werden ſie mit Ratis
ausgewogen, ſo gleicher geſtalt ein Acht-
theil weniger iſt denn ein Karat.
Goa war ehemahls der Platz, wo-
ſelbſt die groͤſte Handlung im gantzen
Aſien getrieben wurde, was anlanget
die Diamanten, Rubinen, Sapphiren,
Topaſen und andere Edelgeſteine. Alle
Graͤber und Kauffleute kamen dahin,
daß ſie daſelbſt verkauffen moͤchten,
was ſie ſchoͤnes aus den Gruben mitge-
bracht, dieweil ſie an ſelbigem Orte alle
Freyheit zu handeln hatten; dahinge-
gen muſten ſie in ihrem Lande den Koͤni-
gen und Fuͤrſten alles, was ſie ihnen ge-
zeiget, um einen ſelbſt beliebigen Preiß
uͤberlaſſen. So war auch der groͤſte
Perlenhandel zu Goa, ſo wohl mit de-
nen, die aus der Jnſel Bahren und
dem Perſiſchen Seebuſen gekommen,
als auch, welche in der Enge bey Ma-
naar/ auf der Kuͤſte von Ceylon ge-
fiſchet, oder auch aus America gebꝛacht
worden. Man muß demnach wiſſen,
daß
R r
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