Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.Hauptbeschreibung zweyter Theil. [Spaltenumbruch]
wohl aber weiß ich, daß solches darumgeschehe, damit sie ihre Häuser verän- dern mögen, denn ihnen die Natur, die sie um das Hintertheil gantz nackend geschaffen hat, stracks bey ihrer Ge- burt einen innerlichen Trieb einge- pflantzet, daß sie sich nach einer Woh- nung umthun. Daher, so bald sie nur auf die Welt gekommen, suchet ihm ein ieder alsofort ein Schneckenhäuslein, das sich zu seiner Grösse schicke: darein stöst er den Hintern, und packt es auf, und kehret also mit eines andern Haut und Schale bekleidet und verwahrt, samt den andern, wie die Soldaten, nach den Gebirgen wiederum zurücke, nisten in den Klippen und holen Bäu- men, als wie die Krabben, und leben, eben wie diese, von Blättern, faulen Holtze und verfaulten Früchten, zuwei- len auch von den Manzenillenäpfeln. Und daher kommts, daß sie so höchst ge- fährlich sind, ob sie schon die Einwohner zu essen pflegen, und hoch halten. Jch selbst vermeinte einsmahls, ich würde die Seele drüber ausblasen müssen, als ich ihrer ein Paar auf dem Lande, un- ter den Manzenillenbäumen/ geges- sen hatte. Jnzwischen nehmen unsere Solda- Aristoteles hat gemeldet, die Thiere Jn ihrer Schale haben sie einen hal- Wenn man einen anfasset, läßt er Sobald die Einwohner diesen Fisch Artzney, Q q
Hauptbeſchreibung zweyter Theil. [Spaltenumbruch]
wohl aber weiß ich, daß ſolches darumgeſchehe, damit ſie ihre Haͤuſer veraͤn- dern moͤgen, denn ihnen die Natur, die ſie um das Hintertheil gantz nackend geſchaffen hat, ſtracks bey ihrer Ge- burt einen innerlichen Trieb einge- pflantzet, daß ſie ſich nach einer Woh- nung umthun. Daher, ſo bald ſie nur auf die Welt gekommen, ſuchet ihm ein ieder alſofort ein Schneckenhaͤuslein, das ſich zu ſeiner Groͤſſe ſchicke: darein ſtoͤſt er den Hintern, und packt es auf, und kehret alſo mit eines andern Haut und Schale bekleidet und verwahrt, ſamt den andern, wie die Soldaten, nach den Gebirgen wiederum zuruͤcke, niſten in den Klippen und holen Baͤu- men, als wie die Krabben, und leben, eben wie dieſe, von Blaͤttern, faulen Holtze und verfaulten Fruͤchten, zuwei- len auch von den Manzenillenaͤpfeln. Und daher kommts, daß ſie ſo hoͤchſt ge- faͤhrlich ſind, ob ſie ſchon die Einwohner zu eſſen pflegen, und hoch halten. Jch ſelbſt vermeinte einsmahls, ich wuͤrde die Seele druͤber ausblaſen muͤſſen, als ich ihrer ein Paar auf dem Lande, un- ter den Manzenillenbaͤumen/ gegeſ- ſen hatte. Jnzwiſchen nehmen unſere Solda- Ariſtoteles hat gemeldet, die Thiere Jn ihrer Schale haben ſie einen hal- Wenn man einen anfaſſet, laͤßt er Sobald die Einwohner dieſen Fiſch Artzney, Q q
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Diejenigen, welche in acht ge-<lb/> nommen, was bey dieſer Veraͤnderung<lb/> pflegt fuͤrzugehen, werden nebſt mir<lb/> aufrichtig bekennen muͤſſen, daß es ei-<lb/> ne recht groſſe Luſt ſey, wenn man ih-<lb/> nen zuſiehet: denn ſie halten bey allen<lb/> Schneckenhaͤuslein, die ſie antreffen,<lb/> ſtille, verlaſſen ſo fort das alte, wenn ſie<lb/> eines gefunden, das ihnen anſtaͤndig zu<lb/> ſeyn beduncket, und ſtoſſen das Hinter-<lb/> theil ihres Leibes darein, ſo daß es ſchei-<lb/> net, die Luft muͤſſe ihnen ſonderlich zu<lb/> wider ſeyn, oder ſie ſchaͤmen ſich ihrer<lb/> Bloͤſe.</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Ariſtoteles</hi> hat gemeldet, die Thiere<lb/> kaͤmpfeten nur um die Nahrung mit<lb/> einander, und wegen des Begattens,<lb/> haͤtte er aber wiſſen ſollen, was dieſe<lb/><cb n="610"/> Thiere zu thun pflegen, wuͤrde er ge-<lb/> wißlich noch dazu geſetzet haben, und<lb/> auch um das Quartir oder die Woh-<lb/> nung. Denn ſo ofte als ihrer zwey zu ei-<lb/> ner Zeit ſich entbloͤſet, und in ein Schne-<lb/> ckenhaͤuslein kriechen wollen, beiſſen<lb/> und ſchlagen ſie ſich ſo lange, bis der<lb/> ſchwaͤchere dem ſtaͤrckern weichen und<lb/> das Haͤuslein uͤberlaſſen muß; der<lb/> dann, ſobald er ſich nur damit beklei-<lb/> det, drey oder viermahl am Strande<lb/> herum laͤuft: dafern ihm aber daſſelbe<lb/> nicht anſtaͤndig iſt, verlaͤßt ers, und ſu-<lb/> chet ein anders. 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Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
wohl aber weiß ich, daß ſolches darum
geſchehe, damit ſie ihre Haͤuſer veraͤn-
dern moͤgen, denn ihnen die Natur, die
ſie um das Hintertheil gantz nackend
geſchaffen hat, ſtracks bey ihrer Ge-
burt einen innerlichen Trieb einge-
pflantzet, daß ſie ſich nach einer Woh-
nung umthun. Daher, ſo bald ſie nur
auf die Welt gekommen, ſuchet ihm ein
ieder alſofort ein Schneckenhaͤuslein,
das ſich zu ſeiner Groͤſſe ſchicke: darein
ſtoͤſt er den Hintern, und packt es auf,
und kehret alſo mit eines andern Haut
und Schale bekleidet und verwahrt,
ſamt den andern, wie die Soldaten,
nach den Gebirgen wiederum zuruͤcke,
niſten in den Klippen und holen Baͤu-
men, als wie die Krabben, und leben,
eben wie dieſe, von Blaͤttern, faulen
Holtze und verfaulten Fruͤchten, zuwei-
len auch von den Manzenillenaͤpfeln.
Und daher kommts, daß ſie ſo hoͤchſt ge-
faͤhrlich ſind, ob ſie ſchon die Einwohner
zu eſſen pflegen, und hoch halten. Jch
ſelbſt vermeinte einsmahls, ich wuͤrde
die Seele druͤber ausblaſen muͤſſen, als
ich ihrer ein Paar auf dem Lande, un-
ter den Manzenillenbaͤumen/ gegeſ-
ſen hatte.
Jnzwiſchen nehmen unſere Solda-
ten in dem Gebirge zu, und die Scha-
len, die ohne dem eigentlich vor ſie nicht
gemachet waren beginnen ſie zu druͤ-
cken, und den Hinterleib dermaſſen
einzuklemmen, daß ſie abermahls ge-
noͤthiget werden, an den Strand herab
zu kommen und ihre Behauſung zu ver-
aͤndern. Diejenigen, welche in acht ge-
nommen, was bey dieſer Veraͤnderung
pflegt fuͤrzugehen, werden nebſt mir
aufrichtig bekennen muͤſſen, daß es ei-
ne recht groſſe Luſt ſey, wenn man ih-
nen zuſiehet: denn ſie halten bey allen
Schneckenhaͤuslein, die ſie antreffen,
ſtille, verlaſſen ſo fort das alte, wenn ſie
eines gefunden, das ihnen anſtaͤndig zu
ſeyn beduncket, und ſtoſſen das Hinter-
theil ihres Leibes darein, ſo daß es ſchei-
net, die Luft muͤſſe ihnen ſonderlich zu
wider ſeyn, oder ſie ſchaͤmen ſich ihrer
Bloͤſe.
Ariſtoteles hat gemeldet, die Thiere
kaͤmpfeten nur um die Nahrung mit
einander, und wegen des Begattens,
haͤtte er aber wiſſen ſollen, was dieſe
Thiere zu thun pflegen, wuͤrde er ge-
wißlich noch dazu geſetzet haben, und
auch um das Quartir oder die Woh-
nung. Denn ſo ofte als ihrer zwey zu ei-
ner Zeit ſich entbloͤſet, und in ein Schne-
ckenhaͤuslein kriechen wollen, beiſſen
und ſchlagen ſie ſich ſo lange, bis der
ſchwaͤchere dem ſtaͤrckern weichen und
das Haͤuslein uͤberlaſſen muß; der
dann, ſobald er ſich nur damit beklei-
det, drey oder viermahl am Strande
herum laͤuft: dafern ihm aber daſſelbe
nicht anſtaͤndig iſt, verlaͤßt ers, und ſu-
chet ein anders. Sie aͤndern oftmahls
wohl fuͤnff und ſechsmahl, ehe ſie eines
antreffen, daß ihnen recht anſtehet.
Jn ihrer Schale haben ſie einen hal-
ben Loͤffel voll klares Waſſer, welches
ein allgemeines Mittel iſt wider die
Blaſen und Beulen, welche von dem
Waſſer oder der Milch, die von den
Manzenillenbaͤumen einem auf die
Haut getroͤpfelt, auflauffen.
Wenn man einen anfaſſet, laͤßt er
ſeinen Unwillen ſpuͤren, und ſchreyet
gleichſam gre, gre, gre, verſucht auch
den, der ihn haͤlt, mit ſeiner groſſen
Scheere zu ertappen, und laͤßt ſich ehe
erſchlagen, ehe er gehen lieſſe, was er
einmahl angepackt. Mich erwiſchte
einſten ein ſolcher Soldat vornen beym
Finger, und machte mir bey zwey
Stunden lang unertraͤgliche Schmer-
tzen. Nach der Zeit hat man mich ge-
gelernet, daß man nur die Schale heiß
machen duͤrffte, ſo lieſſen ſie nicht allein
gehen, ſondern verlieſſen auch ihre Be-
hauſung, und trachteten zu entflie-
hen.
Sobald die Einwohner dieſen Fiſch
gefangen, ziehen ſie ihm einen Faden
durch den Kopf und hencken ihn an die
Sonne, und fangen das Oel auf, das
herauslaͤufft, welches ſo dicke iſt als
Butter, und uͤberaus heftig ſtinckt.
Mit dieſem Oele lauft zugleich ein roͤth-
lichtes Waſſer herab, welches verhin-
dert, daß das Oel nicht rantzicht werde.
Es iſt trefflich gut fuͤr die Fluͤſſe, und ver-
treibet ſie dermaſſen geſchwinde, daß die-
jenigen, die deſſen Kraft empfunden, ſol-
ches viel ehe einem Wunderwerck als
menſchlicher Huͤlffe zugeſchrieben. Die
Wilden, welche mit dieſer Kranckheit
ſehr geplaget ſind, brauchen keine andere
Artzney,
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