Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.Hauptbeschreibung zweyter Theil. [Spaltenumbruch]
allein, ich würde solches wohl nicht ge-than haben, wann mich nicht ein gu- ter Freund versichert hätte, daß er ein Stücke gesehen, welches zur Helfte Ambra, zur Helfte aber Wachs gewe- sen. So bekräftiget auch dieses mein Vorgeben der Herr Monconnys, Lieutenant General zu Lyon, welcher in seiner Reisbeschreibung gedencket, wie daß er in England vernommen, der Ambra sey Honig und Wachs, welches die Bienen in Jndien, am Ge- stade des Meeres, an die Steinklippen legten. Wann nun diese Honiggewer- cke von der Sonne zerschmeltzeten, löse- ten sie sich ab, und fielen in die See, wel- che sie alsdann durch ihr stetes bewegen vollend vollkommen machte. Auch habe man ein grosses Stücke Amber entzwey gebrochen, welches seine gäntz- liche Vollkommenheit noch nicht muste bekommen haben, und mitten in dem- selben das Gewircke zusammt dem Ho- nig annoch beysammen angetroffen. Zu mehrerer Beglaubigung darff man nur den Ambra mit dem spiritu vini tar- tarisato auflösen, so bleibt endlich eine dem Honig gleichende Materie übrig. Damit ich aber noch ferner erwei- Man weiß noch nicht recht, wie oder nau M m 3
Hauptbeſchreibung zweyter Theil. [Spaltenumbruch]
allein, ich wuͤrde ſolches wohl nicht ge-than haben, wann mich nicht ein gu- ter Freund verſichert haͤtte, daß er ein Stuͤcke geſehen, welches zur Helfte Ambra, zur Helfte aber Wachs gewe- ſen. So bekraͤftiget auch dieſes mein Vorgeben der Herr Monconnys, Lieutenant General zu Lyon, welcher in ſeiner Reisbeſchreibung gedencket, wie daß er in England vernommen, der Ambra ſey Honig und Wachs, welches die Bienen in Jndien, am Ge- ſtade des Meeres, an die Steinklippen legten. Wann nun dieſe Honiggewer- cke von der Sonne zerſchmeltzeten, loͤſe- ten ſie ſich ab, und fielen in die See, wel- che ſie alsdann durch ihr ſtetes bewegen vollend vollkommen machte. Auch habe man ein groſſes Stuͤcke Amber entzwey gebrochen, welches ſeine gaͤntz- liche Vollkommenheit noch nicht muſte bekommen haben, und mitten in dem- ſelben das Gewircke zuſammt dem Ho- nig annoch beyſammen angetroffen. Zu mehrerer Beglaubigung darff man nur den Ambra mit dem ſpiritu vini tar- tariſato aufloͤſen, ſo bleibt endlich eine dem Honig gleichende Materie uͤbrig. Damit ich aber noch ferner erwei- Man weiß noch nicht recht, wie oder nau M m 3
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Pfunden<lb/> ſchwer, doch aber zu dreyßig und vier-<lb/> tzig Pfunden, ſo will ich auch anfuͤhren,<lb/> was der Herr <hi rendition="#fr">Tavernier</hi> im <hi rendition="#aq">II.</hi> Buch<lb/> ſeiner Reisbeſchreibung am 145. Blat,<lb/> nachfolgender maſſen davon vermel-<lb/> det.</p><lb/> <p>Man weiß noch nicht recht, wie oder<lb/> wo er formiret und bereitet werde:<lb/> doch ſcheinets, daß es nirgend anders,<lb/> denn in der Oſtſee geſchehe, ob er gleich<lb/> iezuweilen bey England und andern<lb/> Kuͤſten in unſern Europa auch gefun-<lb/> den worden. Die groͤſte Menge findet<lb/> ſich auf der Kuͤſte von <hi rendition="#fr">Melinda/</hi> ſon-<lb/> derlich am Munde der Fluͤſſe, und unter<lb/> dieſen vornehmlich am Munde des<lb/> Fluſſes <hi rendition="#fr">di Sena.</hi> Wann der Gou-<lb/> verneur von <hi rendition="#fr">Moſambiqve</hi> zu Ende<lb/> der drey Jahre, da ſich ſeine Verwal-<lb/> tung geendiget, nach Goa zuruͤcke<lb/> kommt, bringt er gemeiniglich fuͤr<lb/><cb n="554"/> 300000. <hi rendition="#fr">Pardos</hi> grauen Amber mit.<note place="right">Pardos iſt<lb/> eine Muͤntze,<lb/> welche 20.<lb/> Sols oder 8.<lb/> Groſchen<lb/> gilt.</note><lb/> Jm Jahr 1627. fuhr ein Portugeſiſch<lb/> Schiff von <hi rendition="#fr">Goa</hi> nach den <hi rendition="#fr">Manillen-<lb/> Jnſeln:</hi> als es aber durch die Enge bey<lb/><hi rendition="#fr">Malacca</hi> kommen, wurde es von ei-<lb/> nem Sturme uͤberfallen, welcher etliche<lb/> Tag und Naͤchte anhielt: der Himmel<lb/> war ſtets bedecket, und dem Steuer-<lb/> mann unmoͤglich die Hoͤhe zu nehmen.<lb/> Jndeſſen begunte der Reiß und andere<lb/> Eßwaaren zu fehlen, da berathſchlag-<lb/> ten ſie, ob ſie die in dem Schiffe befind-<lb/> lichen Schwartzen wolten in die See<lb/> ſchmeiſſen, und alſo das Proviant fuͤr<lb/> die weiſſen Leute aufbehalten, welches<lb/> ſie auch bey nahe vollſtrecket haͤtten, als<lb/> eines Morgens ſich ihnen die Sonne<lb/> zeigete, und eine Jnſel entdeckete, der<lb/> ſie nahe genug waren, und dennoch erſt<lb/> des andern Tages dabey vor Ancker<lb/> kommen kunten, dieweil die See hoch<lb/> gieng, und der Wind ihnen zu wider<lb/> war. Auf dieſem Schiffe war ein<lb/> Frantzos, Namens <hi rendition="#fr">Morin Renau,</hi><lb/> ſamt ſeinem Bruder, welche, da ſie zu<lb/> Lande waren, einen Fluß fanden, bey<lb/> deſſen Munde ſie nebſt zweyen Portu-<lb/> gifiſchen Corporalen und einem Ser-<lb/> geanten baden wolten. Von dieſen<lb/> beyden Corporalen erſahe der eine im<lb/> baden, einen groſſen Klumpen, nahe<lb/> am Strande ſchwimmen, welchen er<lb/> fuͤr ein Stuͤck von einem ſchwammich-<lb/> ten Steine hielte, nachdem er ſich dazu<lb/> gemacht, ließ ihn alſo ohn bedencken<lb/> fahren, wie ingleichen ſeine vier Came-<lb/> raden, welche ihn ebenfalls beſehen und<lb/> betaſtet, und doch nicht gewuſt, was es<lb/> ſeyn moͤchte. 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Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
allein, ich wuͤrde ſolches wohl nicht ge-
than haben, wann mich nicht ein gu-
ter Freund verſichert haͤtte, daß er ein
Stuͤcke geſehen, welches zur Helfte
Ambra, zur Helfte aber Wachs gewe-
ſen. So bekraͤftiget auch dieſes mein
Vorgeben der Herr Monconnys,
Lieutenant General zu Lyon, welcher
in ſeiner Reisbeſchreibung gedencket,
wie daß er in England vernommen,
der Ambra ſey Honig und Wachs,
welches die Bienen in Jndien, am Ge-
ſtade des Meeres, an die Steinklippen
legten. Wann nun dieſe Honiggewer-
cke von der Sonne zerſchmeltzeten, loͤſe-
ten ſie ſich ab, und fielen in die See, wel-
che ſie alsdann durch ihr ſtetes bewegen
vollend vollkommen machte. Auch
habe man ein groſſes Stuͤcke Amber
entzwey gebrochen, welches ſeine gaͤntz-
liche Vollkommenheit noch nicht muſte
bekommen haben, und mitten in dem-
ſelben das Gewircke zuſammt dem Ho-
nig annoch beyſammen angetroffen.
Zu mehrerer Beglaubigung darff man
nur den Ambra mit dem ſpiritu vini tar-
tariſato aufloͤſen, ſo bleibt endlich eine
dem Honig gleichende Materie uͤbrig.
Damit ich aber noch ferner erwei-
ſen moͤge, daß der Ambra nichts an-
ders ſeyn koͤnne, als Wachs, weil er zu-
weilen in ſo groſſer Quantitaͤt und
Schwere gefunden wird, nicht zwar
als wie Stuͤcken zu 300. Pfunden
ſchwer, doch aber zu dreyßig und vier-
tzig Pfunden, ſo will ich auch anfuͤhren,
was der Herr Tavernier im II. Buch
ſeiner Reisbeſchreibung am 145. Blat,
nachfolgender maſſen davon vermel-
det.
Man weiß noch nicht recht, wie oder
wo er formiret und bereitet werde:
doch ſcheinets, daß es nirgend anders,
denn in der Oſtſee geſchehe, ob er gleich
iezuweilen bey England und andern
Kuͤſten in unſern Europa auch gefun-
den worden. Die groͤſte Menge findet
ſich auf der Kuͤſte von Melinda/ ſon-
derlich am Munde der Fluͤſſe, und unter
dieſen vornehmlich am Munde des
Fluſſes di Sena. Wann der Gou-
verneur von Moſambiqve zu Ende
der drey Jahre, da ſich ſeine Verwal-
tung geendiget, nach Goa zuruͤcke
kommt, bringt er gemeiniglich fuͤr
300000. Pardos grauen Amber mit.
Jm Jahr 1627. fuhr ein Portugeſiſch
Schiff von Goa nach den Manillen-
Jnſeln: als es aber durch die Enge bey
Malacca kommen, wurde es von ei-
nem Sturme uͤberfallen, welcher etliche
Tag und Naͤchte anhielt: der Himmel
war ſtets bedecket, und dem Steuer-
mann unmoͤglich die Hoͤhe zu nehmen.
Jndeſſen begunte der Reiß und andere
Eßwaaren zu fehlen, da berathſchlag-
ten ſie, ob ſie die in dem Schiffe befind-
lichen Schwartzen wolten in die See
ſchmeiſſen, und alſo das Proviant fuͤr
die weiſſen Leute aufbehalten, welches
ſie auch bey nahe vollſtrecket haͤtten, als
eines Morgens ſich ihnen die Sonne
zeigete, und eine Jnſel entdeckete, der
ſie nahe genug waren, und dennoch erſt
des andern Tages dabey vor Ancker
kommen kunten, dieweil die See hoch
gieng, und der Wind ihnen zu wider
war. Auf dieſem Schiffe war ein
Frantzos, Namens Morin Renau,
ſamt ſeinem Bruder, welche, da ſie zu
Lande waren, einen Fluß fanden, bey
deſſen Munde ſie nebſt zweyen Portu-
gifiſchen Corporalen und einem Ser-
geanten baden wolten. Von dieſen
beyden Corporalen erſahe der eine im
baden, einen groſſen Klumpen, nahe
am Strande ſchwimmen, welchen er
fuͤr ein Stuͤck von einem ſchwammich-
ten Steine hielte, nachdem er ſich dazu
gemacht, ließ ihn alſo ohn bedencken
fahren, wie ingleichen ſeine vier Came-
raden, welche ihn ebenfalls beſehen und
betaſtet, und doch nicht gewuſt, was es
ſeyn moͤchte. Als aber dieſer Corpo-
ral wiederum aufs Schiff gekommen,
dachte er die gantze Nacht an den Klum-
pen, deſſen Beſchaffenheit er nicht er-
gruͤnden koͤnnen, und, da er vom Am-
bra ſchwatzen hoͤren, kam ihm ein, es
koͤnte wohl ein Stuͤck deſſelben ſeyn,
fand ſich auch darinne nicht betrogen.
Denn des Tages drauf nahm er einen
Sack, ließ ſich ohnbewuſt ſeiner Came-
raden ans Land ſetzen, und gieng nach
dem Fluß, als ob er ſich noch einmahl
baden wolte, fand das Stuͤcke Ambra
und brachte es gantz heimlich ins Schiff,
allwo er es in eine Kiſte legte. Doch
konte er ſich nicht enthalten, die Sache
noch denſelben Abend dem Morin Re-
nau
Pardos iſt
eine Muͤntze,
welche 20.
Sols oder 8.
Groſchen
gilt.
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