Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.Der Spezereyen und Materialien [Spaltenumbruch]
weilen von dem Ende des einen bis zudem Ende des andern, sechs bis sieben Fuß sind: und dieses hat seine Ursach; denn diese Flügel sind ihm höchst nöthig, weil er sich unter weilen mehr denn 300. Meilen vom Lande entfernet. Er hat grosse Mühe, bis er sich von den Aesten erheben kan, wenn er aber ein- mahl im Flug ist, so sieht man, wie er die Luft mit gantz sanftem Flug zerschneidet, denn er hält die Flügel aus- gebreitet, und bewegt sie fast gar nicht, oder beweget sich etwa. Wenn ihm der Regen oder der ungestümme Wind ungelegen fällt, so bravirt er den Wol- cken, schwingt sich in die mittlere Ge- gend der Luft, und entzeucht sich dem Gesichte der Menschen. Allein, ob er gleich noch so hoch gestiegen, dennoch merckt er genau auf denjenigen Ort, wo die Dorades die fliegenden Fische jagen, und stürtzt sich als ein Blitz aus der Luft herab, nicht zwar bis auf das Wasser, sonst er Mühe haben würde sich wiederum zu erheben; sondern, wenn er etwa noch zehen bis zwölff Ellen davon ist, nimmt er einen grossen Umschweiff, und kommt gleichsam un- vermerckt, immer tieffer herunter, bis er der See gantz gleich flieget, da er dann die kleinen Fische im Wasser mit dem Schnabel oder Klauen, zuweilen auch mit beyden zugleich, erwischet. Das Männlein hat nicht allein ei- Gleichwie aber in Europa die Rei- Der P. Tertre ein Predigermönch, Das Oel oder das Schmaltz von die-Fregatten- Das ein und zwantzigste Capitel. [Beginn Spaltensatz]
Von Vogelnestern. DJe Vogelnester, welche die Siam- tel:
Der Spezereyen und Materialien [Spaltenumbruch]
weilen von dem Ende des einen bis zudem Ende des andern, ſechs bis ſieben Fuß ſind: und dieſes hat ſeine Urſach; denn dieſe Fluͤgel ſind ihm hoͤchſt noͤthig, weil er ſich unter weilen mehr denn 300. Meilen vom Lande entfernet. Er hat groſſe Muͤhe, bis er ſich von den Aeſten erheben kan, wenn er aber ein- mahl im Flug iſt, ſo ſieht man, wie er die Luft mit gantz ſanftem Flug zerſchneidet, denn er haͤlt die Fluͤgel aus- gebreitet, und bewegt ſie faſt gar nicht, oder beweget ſich etwa. Wenn ihm der Regen oder der ungeſtuͤmme Wind ungelegen faͤllt, ſo braviꝛt er den Wol- cken, ſchwingt ſich in die mittlere Ge- gend der Luft, und entzeucht ſich dem Geſichte der Menſchen. Allein, ob er gleich noch ſo hoch geſtiegen, dennoch merckt er genau auf denjenigen Ort, wo die Dorades die fliegenden Fiſche jagen, und ſtuͤrtzt ſich als ein Blitz aus der Luft herab, nicht zwar bis auf das Waſſer, ſonſt er Muͤhe haben wuͤrde ſich wiederum zu erheben; ſondern, wenn er etwa noch zehen bis zwoͤlff Ellen davon iſt, nimmt er einen groſſen Umſchweiff, und kommt gleichſam un- vermerckt, immer tieffer herunter, bis er der See gantz gleich flieget, da er dann die kleinen Fiſche im Waſſer mit dem Schnabel oder Klauen, zuweilen auch mit beyden zugleich, erwiſchet. Das Maͤnnlein hat nicht allein ei- Gleichwie aber in Europa die Rei- Der P. Tertre ein Predigermoͤnch, Das Oel oder das Schmaltz von die-Fregatten- Das ein und zwantzigſte Capitel. [Beginn Spaltensatz]
Von Vogelneſtern. DJe Vogelneſter, welche die Siam- tel:
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Der Spezereyen und Materialien
weilen von dem Ende des einen bis zu
dem Ende des andern, ſechs bis ſieben
Fuß ſind: und dieſes hat ſeine Urſach;
denn dieſe Fluͤgel ſind ihm hoͤchſt noͤthig,
weil er ſich unter weilen mehr denn
300. Meilen vom Lande entfernet. Er
hat groſſe Muͤhe, bis er ſich von den
Aeſten erheben kan, wenn er aber ein-
mahl im Flug iſt, ſo ſieht man, wie
er die Luft mit gantz ſanftem Flug
zerſchneidet, denn er haͤlt die Fluͤgel aus-
gebreitet, und bewegt ſie faſt gar nicht,
oder beweget ſich etwa. Wenn ihm
der Regen oder der ungeſtuͤmme Wind
ungelegen faͤllt, ſo braviꝛt er den Wol-
cken, ſchwingt ſich in die mittlere Ge-
gend der Luft, und entzeucht ſich dem
Geſichte der Menſchen. Allein, ob er
gleich noch ſo hoch geſtiegen, dennoch
merckt er genau auf denjenigen Ort,
wo die Dorades die fliegenden Fiſche
jagen, und ſtuͤrtzt ſich als ein Blitz aus
der Luft herab, nicht zwar bis auf das
Waſſer, ſonſt er Muͤhe haben wuͤrde
ſich wiederum zu erheben; ſondern,
wenn er etwa noch zehen bis zwoͤlff
Ellen davon iſt, nimmt er einen groſſen
Umſchweiff, und kommt gleichſam un-
vermerckt, immer tieffer herunter, bis
er der See gantz gleich flieget, da er
dann die kleinen Fiſche im Waſſer mit
dem Schnabel oder Klauen, zuweilen
auch mit beyden zugleich, erwiſchet.
Das Maͤnnlein hat nicht allein ei-
nen groſſen rothen Kamm auf dem
Kopfe, als wie ein Hahn, ſondern auch
unter der Gurgel: wiewohl ſolcher nur
an den Alten zu ſehen iſt. Die Weib-
lein haben keine, hingegen ſind ihre Fe-
dern viel weiſſer, ſonderlich am Bau-
che.
Gleichwie aber in Europa die Rei-
ger ihre gewiſſen Oerter und Winckel in
den Hoͤltzern haben, die ihnen zur Zu-
flucht dienen, woſelbſt ſie ſich verſamm-
len, zur Ruhe begeben, ſich aufhalten
und ihr Geſchlechte vermehren; eben
alſo haben auch dieſe Voͤgel eine kleine
Jnſel bey Guadalupa, eine geraume
Zeit zur Wohnung eingehabt, dahin
alle Fregatten daherum zuſammen ge-
kommen, die Nacht uͤber allda zu ru-
hen, oder bey bequemen Wetter zu ni-
ſten. Dieſe kleine Jnſel wurde das
Fregatten Jnſelgen genennet, fuͤhret
auch dieſen Namen annoch, obgleich die
Voͤgel den Ort geaͤndert: denn im Jahr
1643. und 1644. wurden ſie dermaſſen
heftig gejaget, daß ſie aus Noth dieſe
Jnſel verlaſſen muſten.
Der P. Tertre ein Predigermoͤnch,
von der Bruͤderſchafft des Heiligen
Ludwigs, und Apoſtoliſcher Mißiona-
rius nach den Antillen Jnſeln, ließ
ſich durch die vortheilhaften Reden, die
man ihm von dem Oele, das aus den
Fregatten koͤnte gezogen werden, bewe-
gen, und ſie das letzte mahl jagen, be-
kam ihrer auch durch Huͤlffe drey oder
vier Perſonen, in weniger als zwey
Stunden Zeit, uͤber hundert Stuͤck.
Die groſſen ertappten ſie auf den Ae-
ſten, oder auf dem Neſte, denn weil ſie
groſſe Muͤhe haben, bis ſie recht in Flug
kommen, hatten dieſe Leute Zeit ſie mit
ihren Pikenlangen Stangen zwiſchen
die Fittige zu ſchmeiſſen, da ſie dann
ſtracks, wie halb tod blieben. Es ent-
flohe kein eintziger, der ſich nicht zuvor
gebrochen, und zwey oder drey halb
verdauete Fiſche, als wie Haͤringe, von
ſich gegeben haͤtte: und dieſes zwar, wie
er vermuthete, darum, damit ſie deſto
behender davon fliehen moͤchten.
Das Oel oder das Schmaltz von die-
ſen Voͤgeln iſt ein vollkommen gutes
Mittel wieder das Huͤftweh, und alle
andere Zufaͤlle, die von Erkaͤltung ent-
ſtehen. Es wird in gantz Jndien da-
von, als von einer unſchaͤtzbaren Sa-
che, groß Weſen gemacht.
Fregatten-
ſchmaltz.
Das ein und zwantzigſte Capitel.
Von Vogelneſtern.
DJe Vogelneſter, welche die Siam-
mer vor etlichen Jahren mit nach
Franckreich brachten, ſind der Spei-
chel oder Auswurff gewiſſer Voͤgel,
Eisvoͤgel genannt, welche in Franck-
reich/ ſonderlich in der Normandie,
gantz gemeine. Die Frantzoͤſiſchen
Eisvoͤgel halten ſich fleißig an der
See und um die Moraſte auf, haben
die Groͤſſe einer Schwalbe oder Wach-
tel:
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