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Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.

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Der Spezereien und Materialien
[Spaltenumbruch] calli genennet, und sey der beste; die an-
dere hiesse Eambucal, die dritte Cana-
car,
und die vierte Pacharil. Diese
alle aber wären am Preisse und an der
Güte von einander unterschieden.

Aus dem Reiß wird Wein gemacht,
der so klar ist als wie Wasser, hat einen
sehr guten Geschmack, und macht rau-
schig. Er wird Arac genannt. Piga-
fetta
Reisebeschreibung.

Es soll aber der Reiß frisch und nicht
alt, dicke, das heißt, fein vollkommen
seyn, weiß, und nicht staubicht oder mo-
dricht: und daran kan man den Piemon-
tesischen
erkennen, deswegen er auch
iederzeit höher gehalten wird, als der
Spanische, welcher insgemein röth-
licht siehet, und saltzicht schmeckt.

Der gantze Reiß wird, vornehmlich zu
Paris, in der Fastenzeit gebrauchet, und
erstlich in Wasser, hernachmahls in
Milch gekocht: man braucht auch zur
selbigen Zeit das Reißmehl an statt des
Roggenmehls, Brey oder Mus daraus
zu machen.

Wenn der Reiß soll gestossen oder zu
Mehle gemachet werden, dann muß er
erstlich in siedendheisses Wasser geschüt-
tet, und darauf so lange mit kaltem ge-
waschen werden, biß das Wasser nicht
mehr drübe davon wird: nach diesem
stößt man ihn in einem Mörsel, läßt ihn,
wenn er zarte genug, recht trucken wer-
den, und hebt ihn zum Gebrauche auf.
Doch soll er noch vorhero durch ein zar-
tes Sieb gestäubet werden, denn ob er
gleich noch so klar zu seyn scheinet, nichts
desto weniger ist er grob genug, nach-
dem er trucken worden, und mag nicht
wohl verkauffet werden.

Wir verkauffen auch noch mehr an-
dere Körner, z. e. Gersten-Graupen,
unter denen die zu Vitry le Francois ge-
macht werden, die besten sind. Sie
müssen aber frisch seyn und trucken, dick
und völlig, wie auch weiß, nicht ge-
bleichet, oder schimmlicht und modricht.
Sie werden gleichfalls zu Charenton
bey Paris
gemacht, doch, wie gedacht,
die von Vitry kommen, sind die besten.

Wir verkauffen ingleichen Roggen,
der zu Beausse und andern Orten
wächst, sonderlich, seit dem der Caffee
aufgekommen, und man in Acht ge-
nommen hat, daß er geröstet, eben als
wie Caffee schmecke.

[Spaltenumbruch]

Wir mögen auch Habergrütze ver-Habergrütze.
kauffen, den man wie die Graupen oder
wie den Reiß gebrauchen kan. Wir
lassen ihn aus Touraine und Breta-
gne
kommen, allwo er auf sonderlich da-
zu gemachten Mühlen zugerichtet wird,
da dem Haber die Spitzen abgestossen
und die Hülsen abgezogen werden.

Noch weiter bekommen wir von laHirse, in und
ohne Hülsen,
auch andere
Hülsenfrüch-
te mehr.

Forest d' Orleans Hirse, mit und ohne Hül-
sen; ingleichen mehr andre dergleichen
Früchte, z. E. grüne und gelbe Erbsen,
welche aus Normandie und von Ga-
lardon
zu uns gebracht werden, wie
auch Schminck-Bohnen aus Picar-
die
und von andern Orten. Dieser
Hülsenfrüchte hätte ich gar nicht gedacht,
wofern es denen Spezereyhändlern nicht
vergönnet wäre, dieselben von obgemeld-
ten Orten bringen zu lassen; denn sie son-
sten mit nichten unter die Materialien
gehören.

Ausser diesen verkauffen wir noch an-
dere Sachen mehr, welche von Weitzen
gemacht werden: nämlich, weiß und gel-
be Nudeln und Kraftmehl.

Die Nudeln haben die Jtaliener
erdacht, und sie Tagliani, mille fanti, oder
vermicelli genennet. Sie bereiten von
dem schönsten Weitzenmehl, welches sie
Semoule nennen, mit Wasser einen Teig,
und machen daraus, vermittelst gewis-
ser Spritzen, die voller Löcher sind, lau-
ter Fäden, so lang und so dicke, als ihnen
beliebet: und deswegen werden sie Ver-
micelli,
Würmlein geheissen. Sie ma-
chen derer auch wie Band, zwey Finger
breit, welche sie Kagne heissen, und Ma-
carron,
wenn sie als ein Federkiel lang
und dicke sind, endlich Semoule, nach dem
Mehle, daraus sie bereitet worden, wenn
sie wie Senffkörnlein sind: die letzte
Gattung heißt Patrez, weil sie wie Pa-
ternosterkörner sehen. Den Teig, darein
sie bisweilen Eyerdotter, Zucker und
Käse thun, färben sie nach Gefallen mit
Saffran und andern Sachen.

Seit etlichen Jahren her werden auch
zu Paris von dem schönsten Mehle
Nudeln gemacht, derer sich viel Leute,
eben als wie in Jtalien, Provence und
Languedoc zu den Potagien oder Brü-
hen und Suppen bedienen: weil es aber
so wunderlich siehet, nicht anders, als
wenn die Brühe voll Würmer wäre,

des-

Der Spezereien und Materialien
[Spaltenumbruch] calli genennet, und ſey der beſte; die an-
dere hieſſe Eambucal, die dritte Cana-
car,
und die vierte Pacharil. Dieſe
alle aber waͤren am Preiſſe und an der
Guͤte von einander unterſchieden.

Aus dem Reiß wird Wein gemacht,
der ſo klar iſt als wie Waſſer, hat einen
ſehr guten Geſchmack, und macht rau-
ſchig. Er wird Arac genannt. Piga-
fetta
Reiſebeſchreibung.

Es ſoll aber der Reiß friſch und nicht
alt, dicke, das heißt, fein vollkommen
ſeyn, weiß, und nicht ſtaubicht oder mo-
dricht: und daran kan man den Piemon-
teſiſchen
erkennen, deswegen er auch
iederzeit hoͤher gehalten wird, als der
Spaniſche, welcher insgemein roͤth-
licht ſiehet, und ſaltzicht ſchmeckt.

Der gantze Reiß wird, vornehmlich zu
Paris, in der Faſtenzeit gebrauchet, und
erſtlich in Waſſer, hernachmahls in
Milch gekocht: man braucht auch zur
ſelbigen Zeit das Reißmehl an ſtatt des
Roggenmehls, Brey oder Mus daraus
zu machen.

Wenn der Reiß ſoll geſtoſſen oder zu
Mehle gemachet werden, dann muß er
erſtlich in ſiedendheiſſes Waſſer geſchuͤt-
tet, und darauf ſo lange mit kaltem ge-
waſchen werden, biß das Waſſer nicht
mehr druͤbe davon wird: nach dieſem
ſtoͤßt man ihn in einem Moͤrſel, laͤßt ihn,
wenn er zarte genug, recht trucken wer-
den, und hebt ihn zum Gebrauche auf.
Doch ſoll er noch vorhero durch ein zar-
tes Sieb geſtaͤubet werden, denn ob er
gleich noch ſo klar zu ſeyn ſcheinet, nichts
deſto weniger iſt er grob genug, nach-
dem er trucken worden, und mag nicht
wohl verkauffet werden.

Wir verkauffen auch noch mehr an-
dere Koͤrner, z. e. Gerſten-Graupen,
unter denen die zu Vitry le François ge-
macht werden, die beſten ſind. Sie
muͤſſen aber friſch ſeyn und trucken, dick
und voͤllig, wie auch weiß, nicht ge-
bleichet, oder ſchimmlicht und modricht.
Sie werden gleichfalls zu Charenton
bey Paris
gemacht, doch, wie gedacht,
die von Vitry kommen, ſind die beſten.

Wir verkauffen ingleichen Roggen,
der zu Beauſſe und andern Orten
waͤchſt, ſonderlich, ſeit dem der Caffee
aufgekommen, und man in Acht ge-
nommen hat, daß er geroͤſtet, eben als
wie Caffee ſchmecke.

[Spaltenumbruch]

Wir moͤgen auch Habergruͤtze ver-Habergruͤtze.
kauffen, den man wie die Graupen oder
wie den Reiß gebrauchen kan. Wir
laſſen ihn aus Touraine und Breta-
gne
kommen, allwo er auf ſonderlich da-
zu gemachten Muͤhlen zugerichtet wird,
da dem Haber die Spitzen abgeſtoſſen
und die Huͤlſen abgezogen werden.

Noch weiter bekommen wir von laHirſe, in und
ohne Huͤlſen,
auch andere
Huͤlſenfruͤch-
te mehr.

Foreſt d’ Orleans Hirſe, mit und ohne Huͤl-
ſen; ingleichen mehr andre dergleichen
Fruͤchte, z. E. gruͤne und gelbe Erbſen,
welche aus Normandie und von Ga-
lardon
zu uns gebracht werden, wie
auch Schminck-Bohnen aus Picar-
die
und von andern Orten. Dieſer
Huͤlſenfruͤchte haͤtte ich gar nicht gedacht,
wofern es denen Spezereyhaͤndlern nicht
vergoͤnnet waͤre, dieſelben von obgemeld-
ten Orten bringen zu laſſen; denn ſie ſon-
ſten mit nichten unter die Materialien
gehoͤren.

Auſſer dieſen verkauffen wir noch an-
dere Sachen mehr, welche von Weitzen
gemacht werden: naͤmlich, weiß und gel-
be Nudeln und Kraftmehl.

Die Nudeln haben die Jtaliener
erdacht, und ſie Tagliani, mille fanti, oder
vermicelli genennet. Sie bereiten von
dem ſchoͤnſten Weitzenmehl, welches ſie
Semoule nennen, mit Waſſer einen Teig,
und machen daraus, vermittelſt gewiſ-
ſer Spritzen, die voller Loͤcher ſind, lau-
ter Faͤden, ſo lang und ſo dicke, als ihnen
beliebet: und deswegen werden ſie Ver-
micelli,
Wuͤrmlein geheiſſen. Sie ma-
chen derer auch wie Band, zwey Finger
breit, welche ſie Kagne heiſſen, und Ma-
carron,
wenn ſie als ein Federkiel lang
und dicke ſind, endlich Semoule, nach dem
Mehle, daraus ſie bereitet worden, wenn
ſie wie Senffkoͤrnlein ſind: die letzte
Gattung heißt Patrez, weil ſie wie Pa-
ternoſterkoͤrner ſehen. Den Teig, darein
ſie bisweilen Eyerdotter, Zucker und
Kaͤſe thun, faͤrben ſie nach Gefallen mit
Saffran und andern Sachen.

Seit etlichen Jahren her werden auch
zu Paris von dem ſchoͤnſten Mehle
Nudeln gemacht, derer ſich viel Leute,
eben als wie in Jtalien, Provence und
Languedoc zu den Potagien oder Bruͤ-
hen und Suppen bedienen: weil es aber
ſo wunderlich ſiehet, nicht anders, als
wenn die Bruͤhe voll Wuͤrmer waͤre,

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[0038] Der Spezereien und Materialien calli genennet, und ſey der beſte; die an- dere hieſſe Eambucal, die dritte Cana- car, und die vierte Pacharil. Dieſe alle aber waͤren am Preiſſe und an der Guͤte von einander unterſchieden. Aus dem Reiß wird Wein gemacht, der ſo klar iſt als wie Waſſer, hat einen ſehr guten Geſchmack, und macht rau- ſchig. Er wird Arac genannt. Piga- fetta Reiſebeſchreibung. Es ſoll aber der Reiß friſch und nicht alt, dicke, das heißt, fein vollkommen ſeyn, weiß, und nicht ſtaubicht oder mo- dricht: und daran kan man den Piemon- teſiſchen erkennen, deswegen er auch iederzeit hoͤher gehalten wird, als der Spaniſche, welcher insgemein roͤth- licht ſiehet, und ſaltzicht ſchmeckt. Der gantze Reiß wird, vornehmlich zu Paris, in der Faſtenzeit gebrauchet, und erſtlich in Waſſer, hernachmahls in Milch gekocht: man braucht auch zur ſelbigen Zeit das Reißmehl an ſtatt des Roggenmehls, Brey oder Mus daraus zu machen. Wenn der Reiß ſoll geſtoſſen oder zu Mehle gemachet werden, dann muß er erſtlich in ſiedendheiſſes Waſſer geſchuͤt- tet, und darauf ſo lange mit kaltem ge- waſchen werden, biß das Waſſer nicht mehr druͤbe davon wird: nach dieſem ſtoͤßt man ihn in einem Moͤrſel, laͤßt ihn, wenn er zarte genug, recht trucken wer- den, und hebt ihn zum Gebrauche auf. Doch ſoll er noch vorhero durch ein zar- tes Sieb geſtaͤubet werden, denn ob er gleich noch ſo klar zu ſeyn ſcheinet, nichts deſto weniger iſt er grob genug, nach- dem er trucken worden, und mag nicht wohl verkauffet werden. Wir verkauffen auch noch mehr an- dere Koͤrner, z. e. Gerſten-Graupen, unter denen die zu Vitry le François ge- macht werden, die beſten ſind. Sie muͤſſen aber friſch ſeyn und trucken, dick und voͤllig, wie auch weiß, nicht ge- bleichet, oder ſchimmlicht und modricht. Sie werden gleichfalls zu Charenton bey Paris gemacht, doch, wie gedacht, die von Vitry kommen, ſind die beſten. Wir verkauffen ingleichen Roggen, der zu Beauſſe und andern Orten waͤchſt, ſonderlich, ſeit dem der Caffee aufgekommen, und man in Acht ge- nommen hat, daß er geroͤſtet, eben als wie Caffee ſchmecke. Wir moͤgen auch Habergruͤtze ver- kauffen, den man wie die Graupen oder wie den Reiß gebrauchen kan. Wir laſſen ihn aus Touraine und Breta- gne kommen, allwo er auf ſonderlich da- zu gemachten Muͤhlen zugerichtet wird, da dem Haber die Spitzen abgeſtoſſen und die Huͤlſen abgezogen werden. Habergruͤtze. Noch weiter bekommen wir von la Foreſt d’ Orleans Hirſe, mit und ohne Huͤl- ſen; ingleichen mehr andre dergleichen Fruͤchte, z. E. gruͤne und gelbe Erbſen, welche aus Normandie und von Ga- lardon zu uns gebracht werden, wie auch Schminck-Bohnen aus Picar- die und von andern Orten. Dieſer Huͤlſenfruͤchte haͤtte ich gar nicht gedacht, wofern es denen Spezereyhaͤndlern nicht vergoͤnnet waͤre, dieſelben von obgemeld- ten Orten bringen zu laſſen; denn ſie ſon- ſten mit nichten unter die Materialien gehoͤren. Hirſe, in und ohne Huͤlſen, auch andere Huͤlſenfruͤch- te mehr. Auſſer dieſen verkauffen wir noch an- dere Sachen mehr, welche von Weitzen gemacht werden: naͤmlich, weiß und gel- be Nudeln und Kraftmehl. Die Nudeln haben die Jtaliener erdacht, und ſie Tagliani, mille fanti, oder vermicelli genennet. Sie bereiten von dem ſchoͤnſten Weitzenmehl, welches ſie Semoule nennen, mit Waſſer einen Teig, und machen daraus, vermittelſt gewiſ- ſer Spritzen, die voller Loͤcher ſind, lau- ter Faͤden, ſo lang und ſo dicke, als ihnen beliebet: und deswegen werden ſie Ver- micelli, Wuͤrmlein geheiſſen. Sie ma- chen derer auch wie Band, zwey Finger breit, welche ſie Kagne heiſſen, und Ma- carron, wenn ſie als ein Federkiel lang und dicke ſind, endlich Semoule, nach dem Mehle, daraus ſie bereitet worden, wenn ſie wie Senffkoͤrnlein ſind: die letzte Gattung heißt Patrez, weil ſie wie Pa- ternoſterkoͤrner ſehen. Den Teig, darein ſie bisweilen Eyerdotter, Zucker und Kaͤſe thun, faͤrben ſie nach Gefallen mit Saffran und andern Sachen. Seit etlichen Jahren her werden auch zu Paris von dem ſchoͤnſten Mehle Nudeln gemacht, derer ſich viel Leute, eben als wie in Jtalien, Provence und Languedoc zu den Potagien oder Bruͤ- hen und Suppen bedienen: weil es aber ſo wunderlich ſiehet, nicht anders, als wenn die Bruͤhe voll Wuͤrmer waͤre, des-

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Zitationshilfe: Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/38>, abgerufen am 24.11.2024.